Schweiz

Von Alpkäse bis Raclette: Ein kulinarisches Lexikon der Schweizer Alpenküche

Vom geheimnisvollen Glarner Schabziger bis zum dampfenden Walliser Raclette – die Schweizer Alpen sind ein Mekka für Genießer. Hier treffen jahrhundertealte Traditionen auf eine Landwirtschaft, die sich den rauen Bedingungen trotzig angepasst hat.

Schweiz  |  Kulinarik & Genuss
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Zwischenablage

Die Küche der Schweizer Alpen ist keine Erfindung findiger Marketingstrategen. Sie entstand aus purer Notwendigkeit, in einer Region zu überleben, wo lange Winter, steile Hänge und kurze Vegetationsperioden die Landwirtschaft prägen. Die Alpenbewohner entwickelten über Jahrhunderte ausgeklügelte Methoden zur Konservierung und Veredelung ihrer begrenzten Ressourcen. Käse etwa war nicht nur Delikatesse, sondern transportabler Energiespeicher – die Milch des Sommers, haltbar gemacht für den Winter.

Wenn heute von "regionalen Spezialitäten" die Rede ist, steckt dahinter oft eine Geschichte von Mangel, Anpassungsvermögen und erstaunlicher kulinarischer Kreativität. Der Alpenkäse, heute in seinen unzähligen Variationen ein Exportschlager, war ursprünglich schiere Überlebensstrategie. Aus der Not geboren, haben sich viele dieser Gerichte und Produkte zu identitätsstiftenden Kulturträgern entwickelt, die heute unter strengem Schutz stehen. Nicht wenige tragen das AOP-Siegel (Appellation d'Origine Protégée), das ihre regionale Herkunft und traditionelle Herstellung garantiert.

Das kulinarische Lexikon

Alpkäse – Die Königsdisziplin der Schweizer Milchwirtschaft. Als Alpkäse darf nur bezeichnet werden, was während der Sömmerung auf den Alpen hergestellt wurde. Die Kühe grasen hier auf über 1.500 Metern Höhe und fressen eine Vielfalt von bis zu 100 verschiedenen Kräutern und Gräsern. Dieser Artenreichtum verleiht dem Alpkäse sein unverwechselbares, oft leicht nussiges Aroma. Besonders bekannt sind die Varianten aus dem Berner Oberland, dem Wallis und Graubünden. Traditionell werden die großen Laibe im Herbst per Hornschlitten ins Tal befördert – ein Spektakel, das in einigen Dörfern noch immer zelebriert wird. Die Herstellung auf der Alp ist Knochenarbeit: Jeden Morgen und Abend wird die Milch in großen Kupferkesseln über dem Feuer erhitzt, bevor der stundenlange Prozess des Käsens beginnt.

Berner Platte – Ein deftiger Klassiker aus dem Kanton Bern, der seine Wurzeln in der Schlacht von Neuenegg im Jahr 1798 hat. Nach dem Sieg über die Franzosen sollen die Berner ein Festmahl aus allem, was die Vorratskammern hergaben, zubereitet haben. Rindszunge, geräuchertes Schweinefleisch, verschiedene Würste wie Zungenwurst und Blutwurst, dazu Sauerkraut, Bohnen und Kartoffeln – die Berner Platte ist nichts für schwache Mägen oder kleine Portionen. In traditionellen Gasthäusern wird sie oft auf großen Platten für mehrere Personen serviert. Ein anständiger Schuss Kirsch danach hilft bei der Verdauung.

Bündner Birnbrot – Eine süße Spezialität aus Graubünden, die besonders zur Winterzeit auf den Tisch kommt. Getrocknete Birnen, Nüsse und oft auch Feigen oder Rosinen werden mit Gewürzen wie Anis, Zimt und manchmal auch einem Schuss Schnaps vermengt und in einen hauchdünnen Teigmantel gewickelt. Früher wurde das Birnbrot nur zu besonderen Anlässen gebacken. Seine lange Haltbarkeit machte es zum idealen Wintervorrat. Die besten Exemplare findest du in kleinen Bäckereien im Engadin oder im Prättigau, wo oft noch nach Familienrezepten gebacken wird, die seit Generationen weitergegeben werden.

Capuns – Eine kulinarische Besonderheit aus dem romanischsprachigen Teil Graubündens. Mangold- oder Kohlblätter werden mit einer Füllung aus Spätzleteig, getrocknetem Fleisch und Kräutern zu kleinen Päckchen geformt und dann in Milch oder Bouillon gekocht. Der Fantasie sind bei den Zutaten keine Grenzen gesetzt – von Haus zu Haus, von Tal zu Tal variiert das Rezept. Im Surselva-Tal gelten die Capuns als Nationalgericht, und wer sie dort probiert, versteht auch, warum die Bündner so stolz auf diese unscheinbaren Teigwickel sind. Hausgemachte Capuns schmecken übrigens nochmal deutlich anders als die Restaurantvariante – wer das Glück hat, bei einer Bündner Familie zum Essen eingeladen zu werden, sollte die Chance nicht verstreichen lassen.

Cholera – Mit diesem wenig appetitlichen Namen bezeichnet man im Wallis einen herzhaften Gemüsekuchen. Der Legende nach entstand er während einer Choleraepidemie im 19. Jahrhundert, als die Menschen ihre Häuser nicht verlassen wollten und aus den vorhandenen Vorräten – Kartoffeln, Käse, Lauch und Äpfel – diese nahrhafte Pastete zubereiteten. In jedem Walliser Dorf wird die Cholera ein bisschen anders zubereitet. Manche schwören auf die Variante mit Birnen statt Äpfeln, andere geben großzügig Speck hinzu. In Goms, dem oberen Teil des deutschsprachigen Wallis, findet man besonders authentische Versionen dieses rustikalen Gerichts.

Engadiner Nusstorte – Ein süßer Exportschlager aus dem Engadin. Die Kombination aus knusprigem Mürbeteig, karamellisierten Walnüssen und einem Hauch Honig macht sie unwiderstehlich. Jede Bäckerei im Tal hat ihr eigenes, streng gehütetes Rezept. Die Torte ist erstaunlich lange haltbar und wurde früher von den Engadiner Zuckerbäckern, die in ganz Europa arbeiteten, als kulinarischer Botschafter ihrer Heimat verbreitet. Die originale Variante enthält übrigens nur Walnüsse – Versionen mit anderen Nüssen sind moderne Interpretationen. Bei einem Besuch im Engadin lohnt sich eine kleine Tour von Bäckerei zu Bäckerei, um die verschiedenen Interpretationen zu vergleichen.

Fondue – Obwohl heute international bekannt, bleibt das Käsefondue ein Schweizer Nationalstolz. In seiner einfachsten Form besteht es aus geschmolzenem Käse (meist Gruyère und Vacherin), Weißwein, Knoblauch und Kirsch. Regional gibt es zahlreiche Variationen: Im französischsprachigen Teil der Schweiz kommt oft Vacherin Mont d'Or zum Einsatz, im Osten darf's auch mal Appenzeller sein. Die Freiburger schwören auf ihre Moitié-Moitié (halb Gruyère, halb Vacherin), während das Fondue im Wallis durch den würzigen Raclettekäse seine besondere Note erhält. Fondue ist mehr als nur ein Essen – es ist ein soziales Ereignis. Wer sein Brotstück im Käsemeer verliert, muss eine Runde Wein ausgeben oder – je nach lokaler Tradition – ins eiskalte Wasser springen.

Glarner Schabziger – Einer der ältesten Markenkäse der Welt, bereits 1463 urkundlich erwähnt. Dieser grünliche, kegelförmige Hartkäse wird aus entrahmter Milch unter Zugabe von Zigerklee (Blauer Steinklee) hergestellt, was ihm seine charakteristische Farbe und den intensiven Geschmack verleiht. Früher als "Arme-Leute-Essen" betrachtet, da er aus der fettarmen Restmolke hergestellt wurde, gilt er heute als Delikatesse. Der Schabziger wird traditionell nicht in Scheiben geschnitten, sondern mit einer speziellen Reibe, dem "Zigerhobel", fein gerieben und über Nudeln, Kartoffeln oder aufs Butterbrot gestreut. Im Glarnerland selbst ist "Zigerbrüt" – ein Butterbrot mit geriebenem Schabziger – ein beliebter Snack für Wanderer.

Gschwellti – Ein Paradebeispiel für die Schweizer Bergküche in ihrer einfachsten und gleichzeitig genialsten Form. "Gschwellti" sind nichts anderes als in der Schale gekochte Kartoffeln – vorzugsweise kleine, festkochende Bergsorten. Serviert werden sie mit einer Auswahl an lokalen Käsesorten, eingelegten Gurken und Silberzwiebeln. In manchen Gegenden kommen auch getrocknete Fleischwaren oder ein frischer Salat dazu. Die Kunst liegt in der Qualität der Zutaten: Die besten Kartoffeln für Gschwellti wachsen auf den kargen Bergäckern des Wallis oder in Graubünden, wo sie trotz – oder gerade wegen – der harten Bedingungen ein intensives Aroma entwickeln.

Älplermagronen – Das ultimative Comfort Food der Bergler. Diese nahrhafte Kombination aus Makkaroni, Kartoffeln, Käse, Rahm und gerösteten Zwiebeln wurde ursprünglich von den Sennen auf den Alpen zubereitet. Serviert wird das Ganze mit Apfelmus, dessen Säure die Schwere des Gerichts perfekt ausgleicht – eine Kombination, die erstmal gewöhnungsbedürftig klingt, aber süchtig macht. Jede Region hat ihre eigene Variation: Im Berner Oberland kommt häufig Hobelkäse hinzu, in der Zentralschweiz wird das Gericht oft mit geräuchertem Speck angereichert. Die authentischsten Älplermagronen bekommst du übrigens in einfachen Berghütten, wo sie noch im gusseisernen Topf auf dem Holzherd zubereitet werden. Der Geruch von gebratenen Zwiebeln und geschmolzenem Käse vermischt sich dort mit dem Duft des Fichtenholzfeuers – ein Sinneserlebnis, das man nicht so schnell vergisst.

Maluns – Ein weiteres Kartoffelgericht aus Graubünden, das früher als Frühstück der Bauern diente. Gekochte, geriebene Kartoffeln werden mit Mehl vermischt und in Butter zu krümeligen Bröckchen geröstet. Serviert werden die Maluns traditionell mit Apfelmus und heißer Milch oder Kaffee. In manchen Teilen Graubündens, besonders im Prättigau, gehört dieses einfache Gericht noch immer zum Standardrepertoire der Hausmannskost. In modernen Interpretationen wird es gerne als Beilage zu Wild oder als eigenständiger Gang mit Alpkäse und gedörrtem Fleisch serviert. Die knusprigen Kartoffelbrösel sind übrigens auch eine hervorragende Grundlage für einen langen Wandertag.

Raclette – Ursprünglich aus dem Wallis stammend, hat dieses Gericht eine simple Perfektion: Ein halber Laib Käse wird erhitzt, bis die Oberfläche zu schmelzen beginnt, dann wird der cremige Teil mit einem speziellen Messer auf den Teller gestrichen. Dazu gibt's Gschwellti (Pellkartoffeln), Essiggurken und Silberzwiebeln. Der Name leitet sich vom französischen "racler" (schaben) ab. Traditionell wurde der Käse am offenen Feuer erhitzt – ein Brauch, der in einigen Walliser Bergdörfern noch lebendig ist. An kalten Winterabenden gibt es kaum etwas Gemütlicheres als ein Raclette mit Freunden, begleitet von einem Glas Fendant, dem lokalen Weißwein. Das moderne Raclette mit kleinen Pfännchen ist übrigens eine Schweizer Erfindung der 1970er Jahre – Puristen im Wallis rümpfen darüber meist die Nase.

Rösti – Inzwischen ein Nationalgericht, das seinen Ursprung als Frühstück der Bauern im Kanton Bern hat. Grob geriebene, vorgekochte Kartoffeln werden in der Pfanne zu einem knusprigen Fladen gebraten. Der "Röstigraben" – die kulturelle Grenze zwischen deutsch- und französischsprachiger Schweiz – ist nach diesem Gericht benannt, da es lange Zeit vorwiegend im deutschsprachigen Teil populär war. Jede Region hat ihre eigenen Vorlieben: In Zürich kommt ein Spiegelei obendrauf, im Berner Oberland Speck und Käse, und im Wallis wird die Rösti gerne mit Raclettekäse überbacken. Die besten Rösti findest du übrigens nicht in Touristenrestaurants, sondern in kleinen Dorfgasthäusern, wo oft noch in gusseisernen Pfannen auf dem Holzherd gebraten wird.

Trockenfleisch – Ein Sammelbegriff für verschiedene luftgetrocknete Fleischspezialitäten, die besonders im Wallis und in Graubünden hergestellt werden. Das Bündnerfleisch und das Walliser Trockenfleisch tragen den AOP-Status, der ihre regionale Herkunft und traditionelle Herstellung garantiert. Das Fleisch wird mit Salz und Gewürzen eingerieben und dann mehrere Wochen in der klaren Bergluft getrocknet. Im Gegensatz zum italienischen Prosciutto wird hier Rind- statt Schweinefleisch verwendet. Die Herstellung ist ein Kunsthandwerk: Die ideale Balance zwischen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Trockenzeit entscheidet über die Qualität. In abgelegenen Bergtälern hängen mancherorts noch Fleischstücke zum Trocknen unter den Dachvorsprüngen der Häuser – ein Relikt aus Zeiten ohne Kühlschränke.

Regionale Besonderheiten

Die Schweizer Alpen sind kein einheitlicher Kulturraum. Die verschiedenen Kantone und Talschaften haben ihre ganz eigenen kulinarischen Traditionen entwickelt, geprägt von Sprache, Geschichte und geografischen Gegebenheiten.

Das Wallis – ein Kanton im Südwesten der Schweiz – ist bekannt für seine intensive Sonneneinstrahlung, die nicht nur exzellenten Wein gedeihen lässt, sondern auch Safran, eines der teuersten Gewürze der Welt. In Mund, einem kleinen Bergdorf, wird seit dem 14. Jahrhundert Safran angebaut – der nördlichste kommerzielle Anbau weltweit. Die Walliser Safranfäden sind besonders aromatisch und finden Verwendung in der traditionellen Walliser Safransuppe oder im Safran-Risotto. Weit weniger exklusiv, aber mindestens genauso charakteristisch für das Wallis sind die "Cholera", der Walliser Roggenbrot mit seiner dunklen Kruste und natürlich das Raclette.

Graubünden, der größte Kanton der Schweiz, ist ein kulturelles und kulinarisches Mosaik. Die romanischsprachigen Täler haben ihre ganz eigenen Spezialitäten bewahrt, die anderswo völlig unbekannt sind. Neben den bereits erwähnten Capuns und Maluns gibt es hier "Pizokel" – handgeschabte Buchweizennudeln, die mit Käse und Gemüse serviert werden. In der Surselva isst man "Bizochel", kleine Mehlknödel, die in würziger Fleischbrühe schwimmen. Das Bündnerfleisch, eine weltweit geschätzte Delikatesse, hat hier seinen Ursprung – genau wie die Bündner Nusstorte. Die Vielfalt der Bündner Küche erklärt sich auch durch die geografische Lage: Als Durchgangsregion zwischen Italien, Österreich und der restlichen Schweiz hat sie Einflüsse aus allen Richtungen aufgenommen und zu etwas ganz Eigenem verarbeitet.

Die Zentralschweiz rund um den Vierwaldstättersee ist die Wiege der Eidgenossenschaft und kulinarisch für deftige Spezialitäten bekannt. Das "Luzerner Chügelipastete" – eine mit Fleischbällchen, Rosinen und einer cremigen Sauce gefüllte Pastetenhülle – ist ein festliches Gericht mit langer Tradition. In den ländlichen Gebieten von Nidwalden und Obwalden sind "Härdöpfelstock mit Chäswurst" (Kartoffelpüree mit Käsewurst) und "Älplermagronen" beliebt. Ein kurioses Überbleibsel aus der Zeit der Not ist das "Arme Ritter" – in Ei getränktes und gebratenes Brot, das heute als Dessert mit Zimt und Zucker serviert wird.

Das Tessin, der italienischsprachige Kanton südlich der Alpen, bildet eine kulinarische Brücke zwischen der Schweiz und Italien. Hier dominieren Kastanien, Polenta und mediterrane Einflüsse die Küche. Die "Polenta taragna", eine dunkle Polenta mit Buchweizen und Käse, ist ein typisches Wintergericht. "Luganighetta" – dünne Würste aus Schweinefleisch – werden traditionell auf dem offenen Feuer gegrillt. Die "Büscion", ein frischer Ziegenkäse, wird mit Olivenöl und Kräutern serviert. In den Tälern des Nordtessins, wo der Winter härter ist, findet man auch deftigere Gerichte wie "Spezzatino con polenta" – ein Fleischeintopf, der stundenlang auf dem Holzofen köchelt.

Probieren und Genießen

Um die Vielfalt der alpinen Spezialitäten wirklich zu erleben, gibt es verschiedene Wege. Wochenmärkte in den größeren Ortschaften bieten die Möglichkeit, direkt mit den Produzenten in Kontakt zu kommen. Besonders empfehlenswert sind der Wochenmarkt in Sion (Wallis), der jeden Freitagvormittag stattfindet, und der Markt auf dem Bundesplatz in Bern (jeden Dienstag und Samstag). Hier bekommst du nicht nur erstklassige Produkte, sondern erfährst oft auch die Geschichten dahinter.

Für tiefere Einblicke in die Produktionsweise lohnen sich Besuche bei Käsereien, die Führungen anbieten. Die Schaukäserei in Gruyères ist ein Klassiker, aber für ein authentischeres Erlebnis empfehlen sich kleinere Betriebe wie die Alp-Schaukäserei Morteratsch im Engadin oder die Sennerei Obermutten in Graubünden. Während der Sommermonate kannst du auf vielen Alpen den Sennen bei der täglichen Käseproduktion über die Schulter schauen – ein früher Aufbruch lohnt sich, denn die Arbeit beginnt meist schon um fünf Uhr morgens.

Kulinarische Wanderungen vereinen das Angenehme mit dem Nützlichen: In mehreren Regionen gibt es ausgeschilderte Routen, die von Hof zu Hof oder von Alp zu Alp führen, mit Verkostungsmöglichkeiten unterwegs. Der "Älpler Blick" im Toggenburg oder der "Kulinarische Weg" in Gstaad sind gute Beispiele. Weniger bekannt, aber umso authentischer ist der "Specktrekking" im Val Bedretto im Tessin, wo du von einem Bauernhof zum nächsten wanderst und dabei lokale Spezialitäten probierst.

Saisonale Feste bieten die Gelegenheit, gleich mehrere Spezialitäten auf einmal zu kosten und in die lokale Kultur einzutauchen. Die "Chästeilet" im Berner Oberland – wenn im Herbst der Alpkäse unter den Bauern aufgeteilt wird – ist ein solches Ereignis, ebenso wie die "Désalpe" in der Westschweiz oder "Alpabzug" in der Ostschweiz, wo die geschmückten Kühe von der Alp ins Tal zurückkehren.

Die traditionelle Küche der Schweizer Alpen erfährt derzeit eine Renaissance. Junge Köche entdecken alte Rezepte wieder, interpretieren sie neu und bringen frischen Wind in die alpine Gastronomie. In Sternerestaurants wie dem "Schauenstein" in Fürstenau (Graubünden) oder dem "Stucki" in Basel werden traditionelle Zutaten in moderne Konzepte eingebunden. Gleichzeitig halten kleine Berggasthäuser die authentischen Zubereitungsweisen am Leben.

Die größte Herausforderung für die alpine Kulinarik liegt in der Balance zwischen Tradition und Modernisierung. Die traditionelle Berglandwirtschaft, die viele der Spezialitäten erst möglich macht, steht unter wirtschaftlichem Druck. Labels wie "Alpinavera" oder "Schweizerische Berghilfe" unterstützen Bergbauern bei der Vermarktung ihrer Produkte und tragen dazu bei, dass das kulinarische Erbe lebendig bleibt.

Neue Initiativen wie "Slow Food" oder "Pro Specie Rara" setzen sich für den Erhalt alter Sorten und Rassen ein. So werden beispielsweise im Wallis wieder verstärkt alte Getreidesorten wie der Walliser Roggen angebaut, und in Graubünden gedeihen traditionelle Kartoffelsorten wie die blaue St. Galler oder die Parli-Kartoffel aus dem Albulatal.

Die Klimaveränderung bringt neue Herausforderungen, aber auch Chancen. In höheren Lagen können heute Produkte angebaut werden, die früher dem rauen Klima nicht standgehalten hätten. So experimentieren einige Bauern im Wallis bereits mit dem Anbau von Safran in höheren Lagen, während im Tessin Olivenhaine immer weiter nördlich gedeihen.

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