Die Region Lenzerheide liegt im Herzen Graubündens, eingebettet zwischen dem Parpaner Rothorn (2.899 m) und dem Piz Scalottas (2.323 m). Genauer betrachtet handelt es sich um ein langgezogenes Hochtal, das sich zwischen Chur im Norden und dem Albulapass im Süden erstreckt. Mit einer Höhenlage von etwa 1.500 Metern über dem Meeresspiegel genießt die Region ein alpines Klima mit überraschend vielen Sonnenstunden – ein Phänomen, das durch die Nord-Süd-Ausrichtung des Tals zu erklären ist.
Die Anreise gestaltet sich unproblematisch. Von Chur, der ältesten Stadt der Schweiz, geht's in etwa 30 Minuten per Auto über die gut ausgebaute Julierstraße nach Lenzerheide. Wer ohne eigenes Gefährt unterwegs ist, nimmt den Postbus, der regelmäßig zwischen Chur und dem Engadin verkehrt. Im Winter kann die Strecke bei Schneefall allerdings ihre Tücken haben – Schneeketten gehören dann zwingend ins Gepäck. An besonders schneeintensiven Tagen wird zudem die Lawinengefahr am Julierpass zum bestimmenden Faktor.
Der eigentliche Ort Lenzerheide bildet zusammen mit dem südlich gelegenen Valbella und mehreren kleineren Siedlungen die Gemeinde Vaz/Obervaz. Seit der Verbindung mit dem Skigebiet Arosa im Jahr 2014 gehört das Gebiet übrigens zu den größeren zusammenhängenden Skiregionen der Schweiz. Aber jetzt, im Sommer, zeigt das Gebiet sein anderes Gesicht – weniger weiß, dafür umso grüner.
Für Familien geschaffen – Aktivitäten mit Kindern
Wer mit Kindern in die Berge reist, kennt das Dilemma: Es braucht Programme, die sowohl den Kleinen gefallen als auch den Großen keine Langeweile bescheren. Hier punktet die Lenzerheide mit durchdachten Angeboten. Da wäre zum Beispiel der "Globi Wanderweg" am Piz Scalottas, auf dem die beliebte Schweizer Kinderbuchfigur mit dem blauen Schnabel zu verschiedenen Abenteuern einlädt. Die zwölf Stationen des Themenwegs vermitteln spielerisch Wissen über Flora und Fauna der Alpen. Klappt bestens, vor allem weil die Etappen kurz genug für Kinderbeine sind.
Richtig imposant: der Heidsee. Er liegt eingebettet zwischen sanften Tannenwäldern und ist im Sommer ein Magnet für Familien. Die Wassertemperatur klettert an heißen Tagen auf erträgliche 20 Grad – zum Schwimmen also durchaus geeignet, wenn auch mit einem erfrischenden Kick. Am Ufer gibt's einen gepflegten Spielplatz, und wer mag, leiht sich ein Tretboot oder Stand-up-Paddle. An Regentagen – die in den Bergen nun mal vorkommen können – bietet das Hallenbad "H2Lai" eine willkommene Alternative mit Wasserrutsche und Kinderplanschbecken.
Abseits der Wasserwelt hat sich die Region weitere kindgerechte Erlebnisse ausgedacht. So steht am Rothorn auf 2.865 Metern Höhe ein interaktiver "Globi-Hüttenzauber", der Jung und Alt mit Spiel- und Lernstationen begeistert. Pfiffig gemacht und gut gegen wechselhaftes Bergwetter abgesichert. Als besonderes Erlebnis entpuppt sich auch die Sommerrodelbahn am Scharmoin – mit 31 Kurven auf einer Länge von 3 Kilometern ein Garant für strahlende Kindergesichter. Die Mindestgröße für selbständiges Fahren beträgt allerdings 1,30 Meter, kleinere Passagiere müssen in Begleitung eines Erwachsenen fahren.
Für Tier-Fans ist der Alpengarten "La Motta" unweit des Ortszentrums ein absolutes Muss. Hier weiden im Sommer Alpakas, Zwergziegen und verschiedene Schweizer Nutztierrassen auf den satten Bergwiesen. Die Tiere dürfen unter Aufsicht gestreichelt und teilweise auch gefüttert werden – ein Umstand, der besonders bei Stadtkindern für leuchtende Augen sorgt. Nebenan befindet sich übrigens ein einfacher, aber gut gemachter Naturspielplatz mit Wasserpumpen und Matschbereich. Gummistiefel nicht vergessen!
Trails und Technik – Das Mountainbike-Revier
Während der eine Teil der Familie mit den Kindern Alpakas streichelt, kann der andere den Adrenalinspiegel deutlich nach oben schrauben. Die Lenzerheide hat sich in den letzten Jahren als erstklassige Mountainbike-Destination etabliert – nicht umsonst wurden hier 2018 die UCI Mountainbike-Weltmeisterschaften ausgetragen. Das Trailnetz umfasst mittlerweile über 900 Kilometer markierte Routen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Die Beschilderung verdient besondere Erwähnung: Sie ist tadellos, mit klaren Angaben zu Distanz, Höhenmetern und technischen Anforderungen.
Das Highlight unter den Angeboten ist zweifellos der Bikepark Lenzerheide. Hier warten sechs unterschiedliche Strecken auf wagemutige Zweiradfans. Die Palette reicht von der relativ sanften "Flowline" für Einsteiger bis hin zur anspruchsvollen "Downhill Weltcup-Strecke", auf der sich die Profis bei internationalen Wettkämpfen messen. Zwischendrin gibt's mehrere North-Shore-Elemente, Kicker und Anlieger für jeden Geschmack. Den Uphill übernehmen mehrere Bergbahnen, die allesamt biketauglich sind – eine Selbstverständlichkeit ist das in Alpendestinationen selbst heute noch nicht überall.
Für Genussradler bietet die Region zahlreiche Panoramarouten mit moderatem Höhenprofil. Ein Klassiker ist die Umrundung des Heidsees auf gut ausgebauten Forstwegen. Knapp acht Kilometer lang und mit minimalen Höhenunterschieden ist diese Tour auch für Familien mit größeren Kindern machbar. Für Einheimische jeglichen Alters gilt die morgendliche Runde um den See mittlerweile fast als Pflichtprogramm – ehe die Touristenscharen einfallen.
Wer das nötige Kleingeld hat, gönnt sich einen Guide oder bucht einen der mehrtägigen Fahrtechnikkurse. Diese werden gestaffelt nach Könnensklassen angeboten und vermitteln selbst fortgeschrittenen Bikern noch wertvolle Tipps. Besonderer Clou: Für Familien gibt es spezielle "Eltern-Kind-Kurse", bei denen verschiedene Altersgruppen gemeinsam oder parallel das Radfahren im Gelände erlernen. Eine gscheite Idee, denn so können Familien später tatsächlich gemeinsam auf Tour gehen, ohne dass sich jemand langweilt oder überfordert fühlt.
Unterkünfte für jeden Geldbeutel
Die Beherbergungslandschaft in und um Lenzerheide ist breit gefächert. Es reicht vom einfachen Berggasthof bis zum Fünf-Sterne-Luxushotel. Was die Region von manch anderen Schweizer Destinationen unterscheidet: Auch in der gehobenen Kategorie gibt es ausgesprochen familienfreundliche Optionen. So bietet beispielsweise das "Schweizerhof Lenzerheide" neben einem umfangreichen Spa-Bereich auch einen professionell betreuten Kinderclub mit täglich wechselndem Programm. Auch im "Posthotel Valbella" sind Kinder ausdrücklich willkommen – mit eigenem Pool, Spielzimmer und kinderfreundlicher Menükarte.
Der Mittelklassebereich wird von diversen Drei- und Vier-Sterne-Häusern abgedeckt, die oft mit Halbpension locken. Empfehlenswert für Familien ist das "Hotel Kurhaus", das sich in zentraler Lage befindet und entspannten Zugang zum Ortskern bietet. Die Zimmer sind zweckmäßig eingerichtet, teilweise mit Balkon und Bergblick. Auch das "Hotel Danis" hat sich einen guten Ruf bei Familienreisenden erarbeitet – nicht zuletzt wegen des großzügigen Frühstücksbuffets mit regionalen Produkten.
Wer's günstiger mag, findet Unterkünfte in Ferienwohnungen und -häusern. Besonders im Ortsteil Valbella gibt es zahlreiche Apartments, oft direkt an den Bergbahnen gelegen. Der klare Vorteil: Selbstversorgung senkt die Kosten erheblich, besonders bei längeren Aufenthalten. Für Gruppen und Vereine steht zudem das Sportzentrum Dieschen mit Mehrbettzimmern zur Verfügung – einfach, aber zweckmäßig und ideal für sportorientierte Aufenthalte.
Camper haben's in Lenzerheide nicht ganz leicht. Der einzige offizielle Campingplatz "Pradafenz" liegt etwas außerhalb und ist in der Hochsaison meist gut belegt. Vorausreservierung ist dringend anzuraten. Immerhin, die sanitären Anlagen sind tadellos und der Platz bietet einen spektakulären Blick auf die umliegenden Berge. Wildcampen ist übrigens – wie fast überall in der Schweiz – streng verboten und wird mit saftigen Geldstrafen geahndet.
Kulinarische Höhepunkte – Von deftig bis fein
Die Bündner Küche hat mehr zu bieten als nur Bündnerfleisch und Capuns. In der Lenzerheide spiegelt sich die kulinarische Vielfalt der Region wider – mit allem, was das Gourmetherz begehrt. Im gehobenen Segment brilliert das Restaurant "La Riva" im gleichnamigen Hotel mit einer raffinierten Alpen-Mittelmeer-Fusion und einer beeindruckenden Weinkarte. Reservierung ist hier unbedingt erforderlich, besonders während der Hauptsaison.
Deutlich bodenständiger, aber nicht minder gut: die "Alp Nova", eine modernisierte Almhütte auf 1.770 Metern Höhe. Hier wird traditionelles Hüttenessen serviert, wobei die hausgemachten Käsespezialitäten besondere Erwähnung verdienen. Das Hauptgericht – Älplermagronen mit Apfelmus – ist ein deftiger Gaumenschmaus nach anstrengender Biketour oder Wanderung. Der Weg zur Hütte ist übrigens auch für Familien mit größeren Kindern gut machbar, die Gehzeit vom Parkplatz Sportzentrum beträgt etwa eine Stunde.
Für den schnellen Hunger zwischendurch empfiehlt sich ein Besuch im "Café Maron" im Ortszentrum. Hier gibt's neben ausgezeichnetem Kaffee auch eine Auswahl an Sandwiches und hausgemachten Kuchen. Die Terrasse bietet einen schönen Blick auf das Dorfgeschehen – ideal zum Leute-Beobachten während der Mittagspause. Familien mit unruhigen Kindern finden im "Restaurant Löwen" einen geeigneten Anlaufpunkt. Die Speisekarte ist kindgerecht, und der angrenzende Spielplatz sorgt dafür, dass auch die kleinen Gäste nicht zu kurz kommen.
Ein eher unbekannter Geheimtipp versteckt sich am südlichen Ortsrand: Die "Käserei Parpan" produziert nicht nur erstklassigen Bergkäse, sondern betreibt auch ein kleines, unscheinbares Bistro. Hier kann man die eigenen Produkte in Form von Käseschnitten oder als Teil eines herzhaften Frühstücks genießen. Der Besuch der gläsernen Produktion ist kostenlos und gibt interessante Einblicke in die traditionelle Käseherstellung. Der Geruch mag nicht jedermanns Sache sein, aber echt isch es halt!
Klimatische Besonderheiten und beste Reisezeit
Die Lenzerheide profitiert von einem für die Höhenlage vergleichsweise milden Klima. Durch die Nord-Süd-Ausrichtung des Tals und den Schutz der umliegenden Berge staut sich die Kaltluft nicht so stark wie in anderen Alpentälern. Dennoch sind die Temperaturschwankungen im Tagesverlauf erheblich – selbst im Hochsommer kann es morgens empfindlich kühl sein, während mittags durchaus T-Shirt-Wetter herrscht.
Die klassische Bikesaison beginnt Ende Mai und reicht bis in den Oktober hinein. Höhepunkt sind die Monate Juli und August, wenn die meisten Bergbahnen im Vollbetrieb laufen und alle Trails geöffnet sind. Allerdings ist dies auch die Zeit mit dem höchsten Touristenaufkommen und entsprechend vollen Unterkünften. Wer es ruhiger mag und flexibel ist, wählt besser die Randzeiten im Juni oder September. Das Wetter ist dann meist noch stabil, und die Preise für Unterkünfte liegen merklich unter dem Hochsaisonlevel.
Eine Besonderheit der Region sind die manchmal heftigen Sommergewitter. Sie entwickeln sich typischerweise am Nachmittag und können binnen Minuten für drastische Wetterwechsel sorgen. Bei ausgedehnten Bike- oder Wandertouren sollte man daher unbedingt die Wettervorhersage beachten und entsprechende Regenkleidung im Gepäck haben. Auch ein früher Start in den Tag kann helfen, dem nachmittäglichen Gewitterrisiko zu entgehen.
Im Herbst zeigt sich das Tal von seiner farbenprächtigen Seite, wenn die Lärchenwälder in leuchtendem Gold erstrahlen. Diese Phase – meist Mitte bis Ende Oktober – hat ihren ganz eigenen Charme. Die Temperaturen sind zwar schon recht frisch, dafür sind die Wege deutlich leerer. Ganz späte Gäste können sogar das Phänomen erleben, morgens auf Schnee zu biken und nachmittags wieder auf trockenen Trails zu fahren – eine besondere Form des Mountainbike-Erlebnisses.