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Rogner Bad Blumau: Hundertwassers fantastische Thermenwelt in der Steiermark

Keine geraden Linien, keine rechten Winkel, dafür umso mehr Farben und organische Formen. In Bad Blumau verschmelzen Kunst, Natur und Wellness zu einem sinnlichen Gesamterlebnis.

Österreich  |  Sehenswertes & Attraktionen
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Zwischenablage

Inmitten der sanften Hügel der Oststeiermark, etwa 50 Kilometer östlich von Graz, erhebt sich eine architektonische Märchenwelt, die auf den ersten Blick wie aus einem Fantasyfilm wirkt. Bunte Säulen tragen goldene Kuppeln, unregelmäßige Fenster blicken wie Augen in die Landschaft, und begrünte Dächer verschmelzen mit der umliegenden Natur. Das Rogner Bad Blumau ist kein gewöhnliches Thermenhotel – es ist Friedensreich Hundertwassers größtes bewohnbares Architekturkunstwerk und zugleich eine Hommage an seine Philosophie: "Die gerade Linie ist gottlos."

Der 2000 verstorbene österreichische Künstler und Architekt schuf hier ab 1993 gemeinsam mit dem Architekten Peter Pelikan ein Gesamtkunstwerk, das seinen Vorstellungen einer menschengerechten, naturverbundenen Architektur in beeindruckender Weise entspricht. Entstanden ist ein Ort, an dem sich Besucher nicht nur erholen, sondern auch in eine ganzheitliche Philosophie eintauchen können, die Ökologie, Kreativität und Wohlbefinden vereint.

Die Anlage erstreckt sich über 40 Hektar und umfasst neben dem Thermenbereich mit mehreren Becken auch ein Hotel mit unterschiedlich gestalteten Zimmern und Appartements, Restaurants und Cafés, Seminarräume sowie weitläufige Gartenanlagen. Was das Bad Blumau von anderen Thermen unterscheidet, ist der konsequente Verzicht auf rechte Winkel und gerade Linien. Stattdessen dominieren organische Formen, unregelmäßige Strukturen und ein verspielter Umgang mit Farben und Materialien.

Geschichte eines visionären Projekts

Die Geschichte des Rogner Bad Blumau begann mit einer glücklichen Fügung. Der Hotelier Robert Rogner senior suchte in den 1980er Jahren nach einem geeigneten Standort für ein neues Thermenprojekt und wurde in Bad Blumau fündig, wo bereits 1975 bei einer Bohrung nach Erdöl zufällig eine Thermalquelle entdeckt worden war. Das 110 Grad heiße Wasser aus 3.000 Metern Tiefe bot ideale Voraussetzungen für ein Thermalbad.

Rogner hatte von Anfang an eine besondere Vision: Er wollte nicht nur eine weitere Wellness-Einrichtung schaffen, sondern ein Gesamtkunstwerk, das die Philosophie der Nachhaltigkeit und des ökologischen Bauens widerspiegelt. Nach einer Begegnung mit Friedensreich Hundertwasser fand er in dem eigenwilligen Künstler den perfekten Partner für sein Vorhaben. Hundertwasser, der zuvor bereits mit der Gestaltung der Müllverbrennungsanlage Spittelau in Wien und dem Kunsthaus Wien internationale Beachtung gefunden hatte, übernahm die künstlerische Gestaltung des Projekts.

Ganz reibungslos verlief die Zusammenarbeit allerdings nicht. Hundertwasser, für seinen kompromisslosen Umgang mit seinen künstlerischen Prinzipien bekannt, bestand auf zahlreichen Änderungen der ursprünglichen Pläne. Die Bauarbeiten dauerten länger als geplant und die Kosten überstiegen die veranschlagte Summe erheblich. 1997 konnte das Bad schließlich eröffnet werden – als ein Gebäude, das die traditionellen Vorstellungen von Architektur herausfordert und gleichzeitig zu einem touristischen Magneten für die strukturschwache Region wurde.

Architektur, die das Auge verblüfft und die Seele streichelt

Wer zum ersten Mal durch die Anlage streift, dem fällt sofort die außergewöhnliche Gestaltung der Gebäude auf. Da sind zunächst die farbenfrohen Fassaden, die in leuchtendem Blau, Gelb, Rot und Gold erstrahlen und mit bunten Keramiksäulen verziert sind. Unregelmäßige Fenster – Hundertwasser nannte sie "Augenfenster" – durchbrechen die Wände und vermitteln den Eindruck, als würde das Gebäude selbst die Besucher beobachten.

Besonders markant sind die begrünten Dächer, die sich wie sanfte Hügel über die Gebäude wölben und nahtlos in die umliegende Landschaft übergehen. Diese "Dachbewaldung" war ein zentrales Element in Hundertwassers Architekturkonzept. Für ihn stellte sie die "unverhoffte Geschenkfläche" dar, die der Natur zurückgegeben werden muss, nachdem man ihr durch den Bau eines Gebäudes Fläche genommen hat. Die begrünten Dächer dienen nicht nur ästhetischen Zwecken, sondern erfüllen auch wichtige ökologische Funktionen: Sie isolieren die Gebäude, verbessern das Mikroklima und bieten Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten.

Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Hundertwasser-Architektur sind die unebenen Böden. Der Künstler war überzeugt, dass ein unregelmäßiger Boden die Menschen wacher und lebendiger macht. "Der unebene Boden wird zur Melodie für die Füße", sagte er einmal. Tatsächlich muss man in Bad Blumau beim Gehen etwas achtsamer sein – die Böden weisen leichte Wellen und Unebenheiten auf, die ein automatisiertes Dahinschlendern unmöglich machen.

Wandert man durch die verschiedenen Bereiche der Anlage, entdeckt man immer wieder neue Details: Goldene Zwiebeltürmchen, die an orthodoxe Kirchen erinnern, fantasievolle Mosaike aus bunten Keramikfliesen und überraschende architektonische Elemente wie Brücken, Wasserspiele und versteckte Nischen. Die unterschiedlichen Gebäudeteile tragen poetische Namen wie "Augenschlitzhaus", "Kunsthaus" oder "Hügelwiesenhaus" und spiegeln Hundertwassers Vorliebe für organische Formen wider.

Thermales Vergnügen in kunstvoller Umgebung

Das Herzstück des Rogner Bad Blumau bildet natürlich die Therme selbst. Das vulkanisch erhitzte Mineralwasser stammt aus zwei Quellen: Der "Melchior-Thermalquelle" mit einer Temperatur von etwa 47 Grad Celsius und der "Vulkania®-Heilquelle" mit bis zu 110 Grad Celsius. Letztere zählt zu den heißesten und mineralstoffreichsten Quellen Österreichs. Das Wasser ist besonders reich an Mineralstoffen wie Natrium, Calcium, Magnesium und Hydrogencarbonat und gilt als wirksam bei rheumatischen Erkrankungen, Gelenkbeschwerden und zur allgemeinen Regeneration.

Der Thermenbereich selbst ist ebenso fantasievoll gestaltet wie der Rest der Anlage. Verschiedene Becken laden zum Baden ein: Das knapp 400 Quadratmeter große Innenbecken, das durch großzügige Glasflächen mit der Natur verbunden ist, das Außenbecken "Vulkania®" mit seinem vulkanisch anmutenden Ambiente, und das weitläufige "Augenlandschaftsbecken" mit seinen unterschiedlichen Zonen für Entspannung und Aktivität. In der kalten Jahreszeit schweift der Blick über die dampfende Wasserfläche bis zu den schneebedeckten Hügeln der Umgebung – ein surreales Erlebnis.

Neben den Thermalbecken bietet die Anlage verschiedene Saunen, darunter eine finnische Sauna, eine Bio-Sauna und ein Dampfbad. Der großzügige Saunabereich "Vulkania®" liegt etwas abseits und besticht durch seine ruhige Atmosphäre und die kunstvolle Gestaltung. Hier findet man auch einen Naturbadeteich, der als biologische Kläranlage funktioniert und im Sommer zum Schwimmen einlädt. Hundertwassers Konzept der Nachhaltigkeit zeigt sich auch in diesem Detail: Das Wasser wird nicht mit Chemikalien, sondern durch Pflanzen gereinigt.

Im Spa-Bereich werden verschiedene Anwendungen angeboten, von klassischen Massagen über Ayurveda-Behandlungen bis hin zu regionalen Spezialitäten wie "Kürbiskernölmassagen". Eine Besonderheit stellt die "Vulkania®-Heilerde" dar – ein Naturprodukt, das aus den mineralienreichen Ablagerungen der Thermalquelle gewonnen wird und bei Hautproblemen und rheumatischen Beschwerden helfen soll.

Leben in einem Kunstwerk – Die Unterkünfte

Das Hotel bietet etwa 2.400 Betten in unterschiedlich gestalteten Zimmern und Appartements. Jedes davon ist ein kleines Kunstwerk für sich, mit individueller Farbgebung, unregelmäßigen Fenstern und handgefertigten Details. Die Zimmer verteilen sich auf verschiedene Gebäudekomplexe, die jeweils ihren eigenen Charakter haben.

Im "Augenschlitzhaus" beispielsweise dominieren die namensgebenden schlitzförmigen Fenster, die einen überraschenden Blick in die Landschaft bieten. Das "Hügelwiesenhaus" verschmilzt mit seiner begrünten Dachlandschaft nahezu vollständig mit der Umgebung. Besonders begehrt sind die Appartements im "Kunsthaus", die mit ihrer extravaganten Gestaltung den Geist Hundertwassers am deutlichsten widerspiegeln.

Die Inneneinrichtung folgt konsequent Hundertwassers Prinzipien: Unregelmäßige Formen, leuchtende Farben und natürliche Materialien dominieren. Die Badezimmer sind mit fantasievollen Mosaikfliesen gestaltet, die Möbel wurden teilweise speziell für das Bad Blumau entworfen. Wer hier übernachtet, wohnt buchstäblich in einem begehbaren Kunstwerk.

Der Komfort kommt dabei nicht zu kurz – alle Zimmer verfügen über modernen Standard. Manche Gäste brauchen allerdings eine gewisse Eingewöhnungszeit, um sich mit den unebenen Böden und den ungewöhnlichen räumlichen Proportionen anzufreunden. Doch genau dieser sanfte "Schock" des Ungewohnten war Teil von Hundertwassers Konzept: Die Architektur soll die Menschen aus ihrer Gewohnheit reißen und sie zu einem bewussteren Erleben anregen.

Kulinarik mit regionaler Note

In den Restaurants und Cafés des Rogner Bad Blumau wird großer Wert auf regionale und saisonale Produkte gelegt. Die steirische Küche mit ihren deftigen Spezialitäten und feinen Weinen spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Hauptrestaurant "Im Kessel" bietet ein umfangreiches Buffet mit österreichischen Klassikern und internationalen Gerichten. Besonders stimmungsvoll ist das À-la-carte-Restaurant "Genussatelier", das in einem separaten Bereich des Hotels liegt und mit seiner kreativen Küche auch anspruchsvolle Gaumen überzeugt.

Eine Spezialität des Hauses ist der "Vulkania®-Cocktail" – ein Getränk aus dem mineralreichen Thermalwasser, das mit verschiedenen Fruchtsäften gemischt wird. Schmeckt ganz schön salzig, hat aber angeblich eine entschlackende Wirkung. Ob's stimmt? Die Meinungen gehen auseinander, probieren sollte man ihn aber trotzdem.

In den wärmeren Monaten lockt die Terrasse des Cafés mit Blick auf die begrünte Dachlandschaft. Hier lässt sich bei einem Stück der berühmten steirischen Kürbiskernölschnitte oder einem Glas des lokalen Weins wunderbar entspannen. Das Café selbst ist – wie könnte es anders sein – ebenfalls ein kleines Kunstwerk mit unregelmäßigen Säulen, bunten Mosaiken und einer verspielten Atmosphäre.

Nachhaltigkeitskonzept mit Tiefgang

Lange bevor "Nachhaltigkeit" zum modischen Schlagwort wurde, setzte Hundertwasser bereits auf ökologisches Bauen und ressourcenschonendes Wirtschaften. Das Rogner Bad Blumau ist ein Musterbeispiel für seine Philosophie des "Lebens in Harmonie mit der Natur". Die begrünten Dächer sind dabei nur der sichtbarste Ausdruck eines durchdachten Konzepts.

Die Wärme- und Energieversorgung des Komplexes erfolgt größtenteils über das heiße Thermalwasser, das mittels Wärmetauscher die Gebäude heizt, bevor es in die Badebecken geleitet wird. Ein Teil des Strombedarfs wird durch Photovoltaikanlagen gedeckt, die sich unauffällig in die Architektur einfügen. Das Regenwasser wird gesammelt und für die Bewässerung der Gärten und Dachbegrünungen genutzt.

Besonders beeindruckend ist das biologische Wasseraufbereitungssystem: Das verbrauchte Wasser aus den Thermalbecken wird nicht einfach entsorgt, sondern durchläuft einen mehrstufigen Reinigungsprozess mit Pflanzenfiltern, bevor es in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt wird. In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit oft nur ein Lippenbekenntnis ist, setzt das Bad Blumau echte Maßstäbe.

Umgebung und Ausflugsziele

Das Rogner Bad Blumau liegt in einer reizvollen, aber touristisch eher wenig erschlossenen Region der Oststeiermark. Diese relative Abgeschiedenheit hat ihren eigenen Charme: Statt überlaufener Attraktionen findet man hier sanfte Hügel, Obstgärten und kleine Dörfer, die zum Entdecken einladen.

Die nähere Umgebung eignet sich hervorragend für Wanderungen und Radtouren. Der "Thermenradweg" führt von Bad Blumau aus durch die hügelige Landschaft und verbindet mehrere Thermenorte der Region. Für Kulturinteressierte lohnt sich ein Ausflug nach Graz mit seiner gut erhaltenen Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Ein interessantes Ziel ist auch die Riegersburg, eine imposante mittelalterliche Festung auf einem erloschenen Vulkankegel. Die Burg beherbergt mehrere Museen und bietet einen atemberaubenden Blick über das steirische Hügelland. Weinliebhaber kommen in der "Südoststeirischen Weinstraße" auf ihre Kosten – hier kann man in zahlreichen Buschenschänken die regionalen Weine verkosten.

Wettertechnisch ist die Oststeiermark übrigens ein Glücksfall: Die Region gilt als eines der sonnigsten Gebiete Österreichs mit mildem Klima und vergleichsweise wenig Niederschlag. Kein Wunder, dass hier Obst und Wein so gut gedeihen.

Praktische Informationen

Das Rogner Bad Blumau ist ganzjährig geöffnet und sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Von Graz aus führt die Autobahn A2 in Richtung Wien, bei der Ausfahrt Hartberg verlässt man die Autobahn und folgt der Beschilderung nach Bad Blumau. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man den Ort über den Bahnhof Bad Blumau, von dort pendelt ein Shuttlebus zur Therme.

Die Preise bewegen sich im gehobenen Segment – ein Aufenthalt im Rogner Bad Blumau ist kein Schnäppchen. Tageseintritte in die Therme kosten je nach Saison zwischen 40 und 60 Euro, ein Zimmer im Hotel ist ab etwa 150 Euro pro Person und Nacht zu haben. Dafür bekommt man allerdings ein einzigartiges Erlebnis und kann in einem lebendigen Kunstwerk übernachten.

Empfehlenswert sind die Arrangements, die Übernachtung, Verpflegung und Thermeneintritt kombinieren. In der Nebensaison (November bis März, ausgenommen Weihnachten und Neujahr) gibt es oft günstigere Angebote. Eine frühzeitige Buchung ist besonders in der Hauptsaison und an Wochenenden ratsam, da das Hotel oft ausgebucht ist.

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