Österreich

Zell am See: Die Alpenstadt zwischen Gletscher, See und Berg

Majestätische Dreitausender spiegeln sich im türkisblauen Zeller See, während am Kitzsteinhorn ewiges Eis glitzert. Zell am See-Kaprun vereint alpine Extreme mit mediterranem Flair – ein Stück Alpenmagie, das seine Gäste niemals loslässt.

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Zwischenablage

Inmitten der Salzburger Alpen, umrahmt von schneebedeckten Gipfeln und dem tiefblauen Zeller See, erstreckt sich die Region Zell am See-Kaprun. Ein Ort, an dem Extremgegensätze aufeinandertreffen: Im Sommer baden Urlauber im 23 Grad warmen Zeller See, während oben am Kitzsteinhorn, nur wenige Kilometer entfernt, Skifahrer über Gletscherschnee gleiten. Dieses Zusammenspiel macht die Region zu einem der vielseitigsten Urlaubsziele im Alpenraum – und das zu jeder Jahreszeit.

Der historische Stadtkern von Zell am See mit seinem mittelalterlichen Charme bildet das kulturelle Zentrum, während sich das etwas rustikalere Kaprun als Ausgangspunkt für Bergabenteuer etabliert hat. Die beiden Ortschaften, obwohl unterschiedlich im Charakter, ergänzen sich perfekt und sind durch eine effiziente Infrastruktur verbunden.

Die Landschaft wirkt fast unreal: Die steilen Felswände des Kitzsteinhorns (3.203 m) und der Schmittenhöhe (1.965 m) bilden eine natürliche Arena rund um den 4,2 Quadratkilometer großen Zeller See. Diese geografische Konstellation sorgt für ein besonders mildes Mikroklima, das sommers wie winters Outdoor-Aktivitäten begünstigt. Die Luft ist hier noch klar und herb, mit einem Hauch von Alpenwiesen und Fichtenwald gewürzt.

Geschichte und Tradition am Alpenufer

Blättert man in der Geschichte von Zell am See, stößt man auf Spuren, die bis ins Jahr 740 zurückreichen. Damals war "Cella in Bisontio" – so der ursprüngliche Name – nicht viel mehr als eine bescheidene Mönchszelle. Aus diesen einfachen Anfängen entwickelte sich über Jahrhunderte ein Handelszentrum am wichtigen Alpenübergang. Mitte des 15. Jahrhunderts erhielt Zell am See das Stadtrecht, wovon heute noch die gut erhaltene Stadtmauer und das historische Vogtturm-Museum zeugen.

Der touristische Aufschwung kam in zwei Wellen: Zunächst mit dem Alpinismus im ausgehenden 19. Jahrhundert, als wohlhabende Bergpioniere die Schönheit der Hohen Tauern für sich entdeckten. Der zweite Schub folgte nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Massentourismus. Kaprun hingegen verdankt seine Bekanntheit dem 1955 fertiggestellten Hochgebirgsstausee, einem technischen Meisterwerk seiner Zeit. Die gigantischen Staumauern, umgeben von schroffen Felswänden, sind nach wie vor beeindruckend.

Die Einheimischen haben trotz des Besucheransturms ihre Traditionen bewahrt. Wer zur richtigen Zeit da ist, erlebt den "Perchtenlauf" – ein vorchristliches Ritual zur Wintervertreibung mit gruseligen Masken. Oder den "Almabtrieb" im Herbst, wenn die Kühe mit Blumen geschmückt zu Tal kommen. Handwerklich hat sich besonders die Holzschnitzerei gehalten – manche Werkstätten betreiben ihr Metier bereits in der fünften Generation.

Der Zeller See – Alpines Juwel mit mediterranem Flair

Sein Wasser changiert je nach Lichteinfall zwischen Tiefblau und Türkis – der Zeller See ist das natürliche Herzstück der Region und ihr wichtigstes Wahrzeichen. Im Hochsommer klettert die Wassertemperatur überraschend auf bis zu 24 Grad, was ihn zum wärmsten Badesee des Salzburger Landes macht. Die Uferpromenade, die auf gut sieben Kilometern einmal rund um den See führt, quillt dann fast über vor Leben.

Morgens liegt oft ein geheimnisvoller Dunstschleier über der Wasserfläche. Nur wenige sind zu dieser Zeit bereits unterwegs – meist einheimische Jogger oder frühe Schwimmer. Mittags glitzert der See dann in der Alpensonne, während zahlreiche Segelboote über die Wasseroberfläche gleiten. Der Wind spielt hier eine eigenartige Kapriole: Vormittags weht er grundsätzlich Richtung Norden, nachmittags dreht er wie auf Kommando nach Süden. Segler nutzen diese Besonderheit seit jeher.

Das Ostufer beherbergt die besten Badeplätze. Das Strandbad Zell am See ist zwar kostenpflichtig, bietet aber eine top-gepflegte Infrastruktur mit Liegewiesen und einem 15 Meter hohen Sprungturm. Wer's kostenfrei mag, findet am Nordufer nahe Thumersbach kleinere Badestellen mit uriger Atmosphäre. Ein besonderes Highlight ist eine Bootstour mit den historischen Ausflugsschiffen "MS Schmittenhöhe" oder "MS Kaiserin Elisabeth" – besonders beim Sonnenuntergang, wenn die Berggipfel in alpinem Rot erglühen.

Die umliegenden Berge spiegeln sich im glattgestrichenen Wasser, und manchmal meint man fast, in Italien zu sein, wenn die Sonne auf die Café-Terrassen der Uferpromenade scheint. Bloß die Bergkulisse erinnert daran, dass man sich mitten in den Alpen befindet.

Das Kitzsteinhorn – Gletscherzauber und ewiger Schnee

Was für ein Kontrast! Nur zwanzig Autominuten vom sommerlichen See entfernt beginnt am Kitzsteinhorn die Welt des ewigen Eises. Der markante, 3.203 Meter hohe Gipfel mit seinem Gletschergebiet bietet Schneesicherheit von Oktober bis weit in den Sommer hinein – eine Seltenheit in den Ostalpen. Die moderne Seilbahn "Gletscherjet" bringt Besucher in drei Etappen bis auf 3.029 Meter Höhe zum "Top of Salzburg", der höchstgelegenen Aussichtsplattform des Bundeslandes.

Oben angekommen, weht einem ein ganz anderer Wind um die Nase. Die Luft ist dünn, die Sonnenstrahlen stechen intensiver durch die klare Atmosphäre. An klaren Tagen reicht der Blick über mehr als 30 Dreitausender bis hin zum Großglockner. Ein bisschen japanisch mutet die "Gipfelwelt 3000" an – eine Welt aus Stahl, Glas und Beton, die sich organisch in die Berglandschaft einfügt. Im "Cinema 3000" flimmern Dokumentationen über die alpinen Ökosysteme über die Leinwand, während Besucher ihre Höhenanpassung abwarten.

Der Gletscher selbst ist ein fragiles Ökosystem. In den letzten Jahrzehnten hat er durch den Klimawandel deutlich an Substanz verloren. Trotzdem bleibt das Skigebiet mit seinen 41 Pistenkilometern eines der beliebtesten Gletscherskigebiete Österreichs. Die "Ice Arena" mit ihren Schneehöhlen ist besonders bei Familien populär – hier kann man sogar im Hochsommer Schneebälle werfen.

Bergsteiger nutzen das Kitzsteinhorn als Ausgangspunkt für Touren in die Hohen Tauern. Der markierte "Kitzsteinhorn Explorer Tour" ist auch für geübte Wanderer machbar und führt entlang des Gletscherrandes, wo man das Knirschen des Eises hautnah erlebt. Ranger bieten geführte Touren an und erklären die fragile Hochgebirgsökologie. Mitte August fallen manchmal ein paar Schneeflocken, während unten am See die Badegäste schwitzen – surrealer geht's kaum.

Die Schmittenhöhe – Der Aussichtsberg mit dem weiten Blick

Weniger extrem, aber dafür umso vielseitiger präsentiert sich die Schmittenhöhe, der 1.965 Meter hohe Hausberg von Zell am See. Gemütlich schwebt die Seilbahn vom Stadtrand hinauf zum Gipfelplateau. Oben erwartet Besucher ein Panoramarestaurant mit Sonnenterrasse und einer der weitreichendsten Rundumsichten der Ostalpen. Markierte Fotopunkte helfen, die über 30 sichtbaren Dreitausender zu identifizieren.

Die "Schmittn", wie die Einheimischen ihren Berg liebevoll nennen, hat sich als Familienberg etabliert. Im Winter dominieren mittelsteile, gut präparierte Pisten, die besonders für Einsteiger und Genussfahrer geeignet sind. Das Skigebiet umfasst 77 Pistenkilometer und 25 moderne Liftanlagen. Ein besonderes Schmankerl: Die Flutlichtpiste, die dreimal wöchentlich bis 21 Uhr geöffnet ist und ein magisches Nachtskileben ermöglicht.

Sommers verwandelt sich der Berg in ein Wanderparadies. Das dichte Netz an markierten Wegen reicht von einfachen Spazierwegen bis zu anspruchsvollen Bergpfaden. Besonders die "Elisabeth-Promenade" – benannt nach Kaiserin Sisi, die hier wandelte – besticht durch ihre liebliche Aussicht. Der neu angelegte "Schmitti-Trail" hat sich in der Mountainbike-Szene einen Namen gemacht – eine flüssige, aber nicht zu extreme Abfahrt, die auch Einsteiger meistern können.

Auf halber Höhe finden sich mehrere urige Almen. Die "Sonnalm" serviert köstliche Kasnocken nach Hausrezept und selbstgebrannten Zirbenschnaps. Auf der Terrasse sitzend, kann man Gämsen beobachten, die erstaunlich nah an die bewirtschafteten Bereiche herankommen. Überhaupt ist die Flora und Fauna hier bemerkenswert – über 80 Schmetterlingsarten flattern im Sommer über die Bergwiesen, die mit einem Teppich aus Alpenblumen übersät sind.

Saisonal erleben: Aktivitäten im Jahresverlauf

Zell am See-Kaprun gehört zu den wenigen Alpenregionen, die tatsächlich ganzjährig Hochsaison haben. Die Sommer locken mit Wasseraktivitäten am Zeller See. Neben klassischem Schwimmen hat sich Standup-Paddling etabliert – die ruhige Wasserfläche ist wie geschaffen dafür. Segeln und Windsurfen profitieren vom zuverlässigen Thermalwind, der tagsüber fast immer weht. Für Adrenalin-Junkies bietet die Wasserskischule am Südufer rasante Kurse an.

Das Wanderangebot umfasst über 400 Kilometer markierte Wege in allen Schwierigkeitsgraden. Die "Pinzgauer Spaziergang" führt als Höhenweg auf rund 2.000 Metern einmal rund um das Becken von Zell am See und erlaubt ständig neue Perspektiven auf den See und die Bergwelt. Unbedingt einen Rucksack mitnehmen – die zahlreichen Almen entlang des Weges verführen zum Einkehren.

Mit dem ersten Schnee im Oktober beginnt am Kitzsteinhorn bereits die Wintersaison, während im Tal noch die letzten Herbstblätter fallen. Ab Dezember sind dann auch die Schmittenhöhe und das Maiskogel-Gebiet in Betrieb. Die drei Skigebiete sind mittlerweile durch das "Ski ALPIN Card"-Ticket verbunden und bieten zusammen über 408 Pistenkilometer. Technisch interessant: Die im Dezember 2019 eröffnete 3K-Verbindung zwischen Kaprun und dem Kitzsteinhorn – mit 4,3 Kilometern die längste Dreiseilumlaufbahn der Welt.

Langlaufen boomt in der Region. Der zugefrorene Zeller See wird bei ausreichender Eisdecke zur natürlichen Loipe – ein merkwürdiges Gefühl, über einen gefrorenen See zu gleiten, während links und rechts die Berge aufragen. Wer's lieber klassisch mag, findet im Tal gepflegte Rundloipen mit professioneller Präparierung. Die Skischulen bieten spezielle Langlaufkurse für Anfänger an.

Eine Beobachtung am Rande: Während die Wintersaison bis weit in den April andauert, wird die Zwischensaison immer kürzer. Der Mai ist traditionell etwas ruhiger, wird aber zunehmend von Wanderern entdeckt, die die frisch ergrünten Almenwiesen genießen wollen. Im Juni startet dann bereits wieder der Sommerbetrieb – ein fast nahtloser Übergang.

Kulinarische Entdeckungen zwischen Tradition und Moderne

Die Pinzgauer Küche, wie sie in Zell am See-Kaprun gepflegt wird, ist bodenständig und gleichzeitig raffiniert. Grundlage bilden regionale Produkte: Rind- und Lammfleisch von den Almen, Fisch aus dem Zeller See, Wildkräuter aus den Bergen. In traditionellen Gasthäusern wie dem "Bräu-Stüberl" in der Altstadt werden klassische Gerichte wie "Kasnockn" (Spätzle mit Käse und Röstzwiebeln) oder "Blattln" (deftige Pfannkuchen) nach alten Rezepten zubereitet.

Gleichzeitig hat sich eine innovative Gourmet-Szene entwickelt. Im "See:eck" am Seeufer verbindet der mehrfach ausgezeichnete Küchenchef regionale Zutaten mit internationalen Einflüssen. Die Weinkarte dort umfasst über 300 österreichische Positionen – darunter auch seltene Raritäten aus dem nahen Salzachtal. Der Service ist erfrischend unsnobbig, trotz des gehobenen Ambientes.

Eine Institution ist der Wochenmarkt, der jeden Freitag auf dem Stadtplatz stattfindet. Hier verkaufen Bauern aus der Umgebung Selbstgemachtes: würzigen Bergkäse, geräucherten Speck, hausgemachte Marmeladen aus Waldbeeren und den berühmten Pinzgauer Bierkäse, der mit Biertreber gereift ist. Die Marktfrauen sind für ihre direkte Art bekannt – wer feilschen will, sollte sein Rhetorik-Geschick mitbringen.

In Kaprun hat sich das "Kitzblick" einen Namen für moderne Alpenküche gemacht. Hier kommen Gerichte wie Kalbsbackerl mit Wurzelgemüse oder eine reinterpretierte Pilzsuppe mit Trüffelschaum auf den Tisch. Besonders schmackhaft: Die hausgemachten Desserts mit Beeren aus dem eigenen Garten. Der Wirt kennt noch jeden seiner Stammgäste mit Namen und setzt sich gern für einen Schnack dazu.

Für die süße Seele ist die "Konditorei Müllauer" in der Fußgängerzone erste Adresse. Die Mozarttorte dort wird nach einem Rezept gefertigt, das angeblich direkt aus Salzburg stammt. Dazu ein "Einspänner" – starker Kaffee mit Schlagobers serviert in einem Glas – perfekt nach einem Tag in den Bergen.

Praktische Tipps und Unterkünfte für jeden Geschmack

Die Unterkunftsmöglichkeiten in Zell am See-Kaprun decken alle Kategorien ab. Luxuriös übernachtet man im "Grand Hotel am See", einem traditionsreichen Haus mit direktem Seezugang und hauseigenem Spa. Die Zimmer im ersten Stock haben die besten Seeblick-Balkone, sollten aber früh gebucht werden. Im mittleren Segment empfiehlt sich das "Alpenwelt Resort" in Kaprun, das mit geräumigen Zimmern und einem ausgezeichneten Frühstücksbuffet punktet.

Familien schätzen die zahlreichen Ferienwohnungen, die oft mehr Platz für weniger Geld bieten. Besonders nachgefragt sind die neuen "Alpine Appartements" am Ortsrand von Zell – modern ausgestattet und mit Bergblick. Budget-Reisende finden mit der "Jugendherberge Zell" eine preiswerte Option, die mit ihrer zentralen Lage und dem entspannten Ambiente überzeugt.

Die Anreise klappt am besten mit der Bahn bis Zell am See. Der Bahnhof liegt zentral und ist Ausgangspunkt für das gut ausgebaute Busnetz, das alle wichtigen Punkte der Region verbindet. Mit dem Auto erreicht man Zell am See über die Tauernautobahn (A10), Ausfahrt Bruck. In der Hochsaison kann die Parkplatzsuche in Zentrumsnähe allerdings knifflig werden. Tipp: Das Parkhaus "Schmittenstraße" liegt nur fünf Gehminuten vom Seeufer entfernt und ist vergleichsweise günstig.

Einmal angekommen, lohnt sich die "Zell am See-Kaprun Sommerkarte", die bei den meisten Unterkünften bereits inkludiert ist. Sie ermöglicht freie Fahrt mit Bergbahnen, Zugang zu Strandbädern und Rabatte bei zahlreichen Attraktionen. Im Winter übernimmt diese Funktion die "Ski ALPIN Card", die sämtliche Liftanlagen der Region umfasst.

Eine letzte praktische Bemerkung: Das Wetter kann in den Alpen schnell umschlagen. Selbst im Hochsommer gehören warme Kleidung und Regenschutz ins Gepäck. Die beste Jahreszeit für einen Besuch? Fast jeder Monat hat seine Reize, aber der goldene September bietet eine besondere Mischung: Der See ist noch warm genug zum Baden, die Bergwege sind schneefrei, und die Touristenmassen des Hochsommers sind bereits abgereist.

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