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Wo die Dolomiten auf Osttirol treffen: Lienz lässt Wanderherzen höher schlagen

Lienz liegt dort, wo Osttirol richtig schön wird - eingeklemmt zwischen schroffen Dolomitengipfeln und sanften Gailtaler Alpen. Die Stadt selbst ist schnell durchwandert, aber die Berge rundherum bieten Wanderungen für jeden Geschmack.

Österreich  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Lienz liegt auf 673 Metern Höhe im oberen Drautal und ist mit knapp 12.000 Einwohnern die größte Stadt Osttirols. Schon beim ersten Spaziergang durch die Altstadt fällt auf: Hier geht es entspannter zu als in anderen Tiroler Tourismusorten. Die bunten Fassaden der Hauptplatz-Häuser strahlen mediterrane Gelassenheit aus, während im Hintergrund die markanten Felswände der Lienzer Dolomiten aufragen.

Was Lienz besonders macht, ist seine Lage im Schnittpunkt mehrerer Gebirgszüge. Im Norden erheben sich die Deferegger Alpen, im Süden die Gailtaler Alpen, und im Osten beginnen bereits die Lienzer Dolomiten - ein geologisches Kuriositätenkabinett, das unterschiedlichste Wandererlebnisse verspricht. Die Stadt selbst dient dabei als perfekter Ausgangspunkt, denn von hier aus erreichst du binnen einer halben Stunde Autofahrt Dutzende von Wanderwegen.

Typisch für Osttirol ist das besonders milde Klima. Über 2.000 Sonnenstunden im Jahr sorgen dafür, dass die Wandersaison hier länger dauert als anderswo in den Alpen. Schon im März kannst du in tieferen Lagen unterwegs sein, während im November oft noch T-Shirt-Wetter herrscht.

Stadtbummel zwischen Schloss und Isel

Bevor es in die Berge geht, lohnt sich ein Rundgang durch Lienz selbst. Der historische Hauptplatz bildet das Herzstück der Stadt. Hier steht auch die gotische Stadtpfarrkirche St. Andrä, deren schlanker Turm weithin sichtbar ist. Besonders schön ist der Blick vom Kirchenvorplatz auf die umliegenden Berge - an klaren Tagen siehst du bis zum Großglockner.

Etwas oberhalb der Innenstadt thront Schloss Bruck auf einem Felsvorsprung. Die mittelalterliche Burg beherbergt heute ein Museum, aber interessanter ist der kurze Aufstieg dorthin. Der Weg führt durch verwinkelte Gassen und bietet immer wieder neue Perspektiven auf Stadt und Bergpanorama. Von der Schlossterrasse aus überblickst du das gesamte Drautal - ein Vorgeschmack auf das, was in den Bergen wartet.

Die Isel, ein Seitenfuss der Drau, fließt direkt durch Lienz und ist einer der letzten naturbelassenen Gletscherflüsse der Alpen. Ein Spaziergang entlang des Ufers zeigt dir die wilde Seite der sonst so beschaulichen Stadt. Das türkisgrüne Wasser und die weiten Kiesbänke erinnern eher an kanadische Wildnis als an Tirol.

Die besten Wanderungen rund um Lienz

1. Hochstein (2.543m) - Der Klassiker mit Rundumblick

Der Hochstein ist so etwas wie der Hausberg von Lienz, auch wenn er knapp 20 Kilometer südlich der Stadt liegt. Die Seilbahn bringt dich von Lienz-Zettersfeld auf 1.814 Meter, von dort aus sind es noch etwa zwei Stunden bis zum Gipfel. Der Weg ist technisch nicht schwierig, aber die letzten 300 Höhenmeter haben es in sich - hier wird aus gemütlichem Bergwandern schnell ein ordentlicher Konditionstest.

Oben angekommen, verstehst du, warum der Hochstein bei Einheimischen so beliebt ist. Der 360-Grad-Blick reicht von den Hohen Tauern im Norden bis zu den Karnischen Alpen im Süden. Bei optimaler Sicht erkennst du sogar den Triglav in Slowenien. Besonders beeindruckend ist der Tiefblick ins Drautal - Lienz wirkt von hier oben wie eine Modelleisenbahnlandschaft.

Tipp: Am besten startest du früh am Morgen. Nicht nur wegen der Hitze im Sommer, sondern weil nachmittags oft Quellwolken aufziehen und die Fernsicht trüben. Die Einkehr auf der Steinermandl-Hütte ist übrigens Pflicht - deren Kaiserschmarrn gilt in der Region als Referenz.

2. Karlsbader Hütte (2.260m) - Dolomiten-Feeling pur

Diese Tour führt mitten in die Lienzer Dolomiten und zeigt dir eine völlig andere Seite Osttirols. Ausgangspunkt ist Kals am Großglockner, etwa 45 Minuten Autofahrt von Lienz entfernt. Der Zustieg zur Karlsbader Hütte dauert circa drei Stunden und führt durch das wildromantische Dorfertal.

Was diese Wanderung besonders macht, sind die bizarren Felsformationen der Dolomiten. Schon nach einer Stunde Gehzeit türmen sich die ersten Felstürme zu beiden Seiten des Weges auf. Das Gestein hier ist komplett anders als in den restlichen Osttiroler Bergen - hellgrauer Kalkstein, der bei Sonnenlicht fast weiß leuchtet. Geologen kommen hier ins Schwärmen, aber auch Laien merken schnell: Das hier ist etwas Besonderes.

Die Karlsbader Hütte liegt direkt unter dem imposanten Daberspitz und bietet einen grandiosen Blick auf die umliegenden Dreitausender. Wer mag, kann von hier aus noch zum Glödis (2.677m) aufsteigen - allerdings nur bei sicheren Verhältnissen und mit entsprechender Ausrüstung. Der Normalweg zur Hütte ist dagegen problemlos machbar, auch für Familien mit größeren Kindern.

3. Böses Weibl (2.521m) - Ungewöhnlicher Name, großartige Aussicht

Der eigenartige Name dieser Wanderung stammt angeblich von der markanten Felssilhouette des Gipfels, die an eine gebückte Frauengestalt erinnern soll. Ob man das so sieht, sei dahingestellt - die Aussicht von oben ist jedenfalls alles andere als böse.

Startpunkt ist der Parkplatz Hinterberg bei Prägraten am Großvenediger. Von dort führt ein gut markierter Weg zunächst durch lichten Lärchenwald, später über alpine Matten zum Gipfel. Die Tour ist mit etwa fünf Stunden Gehzeit eine Nummer für geübte Wanderer, technisch aber nicht besonders anspruchsvoll. Nur die letzten Meter zum Gipfel erfordern etwas Trittsicherheit.

Besonders reizvoll ist diese Wanderung im Herbst, wenn sich die Lärchen goldgelb färben. Dann leuchtet der ganze Hang wie ein riesiger Teppich, und die Kontraste zu den dunklen Felsen und dem blauen Himmel sind einfach spektakulär. Die Aussicht reicht weit ins Virgental hinein und zeigt die wilde Seite der Venedigergruppe.

4. Kerschbaumer Törl (2.530m) - Grenzgänger zwischen Ost- und Südtirol

Diese anspruchsvolle Bergwanderung führt dich direkt an die Grenze zwischen Ost- und Südtirol. Ausgangspunkt ist das kleine Bergdorf Innervillgraten, das du über eine schmale Bergstraße von Lienz aus erreichst. Die Fahrt allein ist schon ein kleines Abenteuer - die Straße windet sich durch enge Täler und über steile Pässe.

Der Aufstieg zum Kerschbaumer Törl beginnt beim Gasthof Außerbach und führt zunächst durch dichten Zirbenwald. Diese knorrigen, jahrhundertealten Bäume geben der Landschaft einen fast mystischen Charakter. Nach etwa zwei Stunden lichtet sich der Wald, und du erreichst die Ochsenalm - eine kleine Hütte, die im Sommer bewirtschaftet ist.

Von der Alm aus wird der Weg steiler und steiniger. Die letzten 400 Höhenmeter bis zum Törl sind durchaus schweißtreibend, aber der Blick zurück ins Villgratental und voraus ins Südtiroler Ahrntal entschädigt für alle Mühen. Am Törl selbst steht ein kleines Gipfelkreuz, von dem aus du bei guter Sicht bis zu den Zillertaler Alpen schauen kannst.

Interessant ist auch die Vegetation: Hier oben wachsen alpine Raritäten wie der Gletscher-Hahnenfuß oder das Zwerg-Alpenröschen. Im Juli und August verwandelt sich die Umgebung des Törls in einen bunten Blumenteppich.

5. Petzeck (2.781m) - König der Schobergruppe

Der Petzeck ist der höchste Berg der Schobergruppe und eine echte Herausforderung für ambitionierte Bergwanderer. Von Lienz aus fährst du etwa eine Stunde ins Debanttal, wo am Talschluss der Aufstieg beginnt. Diese Tour ist nichts für Anfänger - sieben bis acht Stunden Gehzeit und über 1.400 Höhenmeter wollen gut geplant sein.

Der Weg führt zunächst zur Lienzer Hütte (1.977m), die nach etwa drei Stunden erreicht ist. Von dort aus wird es spannend: Der Anstieg zum Petzeck führt über Geröllfelder und ausgesetztes Gelände. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind hier absolute Pflicht. Dafür wirst du mit einem der grandiosesten Panoramen Osttirols belohnt.

Vom Petzeck-Gipfel aus siehst du praktisch alle bedeutenden Berggruppen der Ostalpen: die Hohen Tauern mit dem Großglockner, die Dolomiten, die Karnischen Alpen und bei perfekter Sicht sogar Teile der Julischen Alpen in Slowenien. Kein Wunder, dass viele diese Tour als eine der schönsten Osttirols bezeichnen.

Wichtiger Hinweis: Diese Wanderung solltest du nur bei stabiler Wetterlage und mit entsprechender Ausrüstung angehen. Ein Wetterwechsel in dieser Höhe kann schnell gefährlich werden.

6. Deferegger Pfannhorn (2.820m) - Einsam und wild

Das Deferegger Pfannhorn liegt abseits der üblichen Wanderrouten und bietet dir daher ein besonders ursprüngliches Bergerlebnis. Die Anfahrt erfolgt durch das einsame Defereggen-Tal bis zum Parkplatz bei der Speikböden-Hütte. Schon die Fahrt dorthin ist ein Erlebnis - die schmale Straße schlängelt sich durch eine der ursprünglichsten Landschaften Tirols.

Der Aufstieg dauert etwa vier bis fünf Stunden und führt durch verschiedene Vegetationszonen. Anfangs wanderst du durch dichte Zirbenwälder, später über alpine Matten bis hin zu den kargen Schutthalden der Gipfelregion. Das Besondere an dieser Tour ist die Ruhe - oft begegnest du stundenlang keinem Menschen.

Die Aussicht vom Pfannhorn ist weniger spektakulär als von anderen Gipfeln, dafür aber sehr weitläufig. Du blickst weit ins Virgental hinein und siehst die gesamte Venedigergruppe vor dir ausgebreitet. Besonders eindrucksvoll ist der Tiefblick ins wilde Schwarzach-Tal, das sich wie ein grüner Teppich zu deinen Füßen ausbreitet.

7. Golzentipp (2.317m) - Familienfreundlich mit Bergbahnhilfe

Nicht jede schöne Wanderung muss eine Qual sein. Der Golzentipp beweist, dass auch entspannte Bergtouren grandiose Ausblicke bieten können. Die Golzentipp-Bahn bringt dich von Obertilliach aus auf 1.900 Meter, von dort sind es nur noch etwa 45 Minuten gemütlich bergauf zum Gipfel.

Diese Wanderung ist ideal für Familien mit Kindern oder für alle, die nach einer anstrengenden Woche einfach mal entspannt die Bergwelt genießen möchten. Der Weg ist breit und gut gesichert, nur am Gipfel selbst wird es etwas steiler. Die Aussicht reicht von den Lienzer Dolomiten bis zu den Karnischen Alpen.

Besonders schön ist diese Tour im Spätsommer, wenn die Almwiesen noch grün sind, die ersten Lärchen aber schon gelb werden. Die Mischung aus verschiedenen Grün- und Gelbtönen vor dem Hintergrund der grauen Felsen ist einfach perfekt für Fotografen.

Die Bergstation verfügt über ein Restaurant mit Sonnenterrasse - hier lässt es sich nach der kleinen Wanderung hervorragend bei einem Weißbier entspannen. Kinder freuen sich über den Spielplatz und die zahmen Murmeltiere, die sich oft in der Nähe der Bergstation blicken lassen.

Praktische Tipps für Wanderer

Das Wetter in Osttirol kann schnell umschlagen, auch im Sommer. Pack deshalb immer Regenschutz und warme Kleidung ein, selbst wenn der Start bei Sonnenschein erfolgt. Die Berge hier sind hoch genug, dass oben andere Temperaturen herrschen als im Tal.

Viele der beschriebenen Touren führen durch Almgebiete mit Weidevieh. Besonders im Spätsommer sind oft Kühe mit Kälbern unterwegs - halte Abstand und umgehe die Herden weiträumig. Hunde gehören in solchen Bereichen unbedingt an die Leine.

Die Hütten in der Region sind meist von Juni bis September geöffnet, wobei die genauen Zeiten witterungsabhängig sind. Es empfiehlt sich, vor größeren Touren die Öffnungszeiten zu checken - nicht nur wegen der Einkehrmöglichkeit, sondern auch für Notfälle.

Für mehrere der beschriebenen Wanderungen benötigst du eine gute Grundkondition. Unterschätze die Höhenmeter nicht - 1.000 Höhenmeter entsprechen etwa vier bis fünf Stunden reiner Gehzeit, je nach Tempo und Pausen. Plant man noch Fotostopps und längere Gipfelaufenthalte ein, ist man schnell den ganzen Tag unterwegs.

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