Schweiz

Matterhorn, Dufourspitze & Co.: Das bedeuten die Namen der Schweizer Berge

Hinter jedem Schweizer Bergnamen steckt eine Geschichte – mal poetisch, mal praktisch, oft überraschend. Von antiken Legenden bis zu kartografischen Ehrungen: Die Alpen erzählen mehr, als man auf den ersten Blick vermutet.

Schweiz  |  Kultur & Geschichte
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Zwischenablage

Über 3000 Gipfel ragen in der Schweiz gen Himmel, und jeder einzelne trägt einen Namen – manche weltberühmt, andere nur Eingeweihten bekannt. Doch woher stammen diese Bezeichnungen eigentlich? Die Antwort führt uns durch Jahrhunderte voller Geschichten, Legenden und ganz praktischer Überlegungen unserer Vorfahren.

Das Matterhorn – Ein Horn wird zum Wahrzeichen

Beginnen wir mit dem vielleicht bekanntesten aller Schweizer Gipfel: dem Matterhorn. Seine markante Pyramidenform prangt auf jeder Toblerone-Verpackung und macht ihn zum inoffiziellen Wahrzeichen der Schweiz. Dabei ist der Name denkbar einfach entstanden – die Walliser nannten den Berg schlicht "Hore" oder "Horu", abgeleitet vom deutschen Wort Horn. Das Aussehen gab also tatsächlich den Namen vor, wie so oft in den Alpen.

Die "Matte" im Namen geht auf die Alpwiesen am Fusse des 4478 Meter hohen Bergs zurück. Schon früh nutzten die Bauern diese Weiden für ihre Viehwirtschaft. Aus der Ortsbezeichnung "Zur Matte" entwickelte sich nicht nur der Ortsname Zermatt, sondern eben auch Mattertal und schließlich Matterhorn. Spannend ist dabei, dass der Berg je nach Nationalität verschiedene Namen trägt: Die Italiener nennen ihn Monte Cervino, die Franzosen Mont Cervin – alles Ableitungen des ursprünglichen rätoromanischen "Mons Silvanus".

Dufourspitze – Wenn Kartografen geehrt werden

Der höchste Gipfel der Schweiz hat eine ganz andere Namensgeschichte. Mit stolzen 4634 Metern thront die Dufourspitze in den Walliser Alpen und trägt ihren Namen erst seit 1863. Vorher hieß der Koloss schlicht "Gornerhorn" – die Walser verstanden darunter einen starken oder großen Berg. Die italienischen Nachbarn sprachen von "Cima Alta", der hohen Spitze.

Guillaume Henri Dufour, ein Genfer, hatte sich als vielseitiger Gelehrter einen Namen gemacht: erster Schweizer General, Mitbegründer des Roten Kreuzes, Politiker und vor allem Kartograf. Seine detaillierte topografische Karte der Schweiz, die sogenannte Dufourkarte, war ein Meilenstein der Landvermessung. Zu Ehren dieses außergewöhnlichen Mannes wurde das Gornerhorn offiziell umbenannt – eine seltene Ehrung für einen Zeitgenossen.

Pilatus – Wenn Legenden Berge taufen

Manche Bergnamen entstammen düsteren Legenden, wie beim 2128,5 Meter hohen Pilatus oberhalb von Luzern. Schon in frühchristlicher Zeit erzählte man sich, der römische Statthalter Pontius Pilatus, der Jesus Christus kreuzigen ließ, sei in diesem Bergmassiv begraben worden. Die Leiche des "Messias-Mörders" würde schlimme Stürme heraufbeschwören – deshalb habe man ihn auf einem Berg beigesetzt, wo er weniger Schaden anrichten könne.

Natürlich ist das pure Legende, aber sie hielt sich hartnäckig. Ursprünglich hieß der Berg aufgrund seines zerklüfteten Aussehens "mons fractus", der gebrochene Berg. Erst 1475 wurde er erstmals schriftlich als Pilatus festgehalten. Das Massiv besteht aus mehreren Gipfeln mit Namen wie Risetestock, Stäfeliflue oder dem poetischen Mittaggüpfi. Der zweithöchste Gipfel nach dem Tomlishorn heißt schlicht "Esel" – warum, weiß bis heute niemand so genau, aber die Form lässt das störrische Tier durchaus erahnen.

Das Berner Dreigestirn – Mönch, Jungfrau und ihre Geschichte

Eiger, Mönch und Jungfrau gehören zusammen wie die berühmten drei Tenöre – das Berner Dreigestirn ist weltbekannt. Der Mönch, mit 4107 Metern der leichteste erklimmbare Viertausender der Schweiz, stand lange im Schatten seiner Nachbarn. Bis ins 19. Jahrhundert nannte man ihn "Kleiner Eiger" oder "Eigers Schneeberg" – wenig schmeichelhaft für einen so stattlichen Berg.

Sein heutiger Name dürfte auf Wallachen zurückgehen, sogenannte "Münche", die am Fusse des Bergs auf einer Weide grasten. Nachdem der Mönch mehrmals vermessen werden musste, um seine wahre Größe zu bestimmen, gewann er seit dem 19. Jahrhundert dank des aufkommenden Tourismus an Bedeutung – als züchtiger Nachbar der Jungfrau, wie die damaligen Reiseführer gerne schrieben.

Die Jungfrau selbst, mit stolzen 4158 Metern Höhe, bewacht ihre beiden kleineren Brüder. Ihr ewiger Schnee und das Eis machten sie für viele Einwohner lange unantastbar – bis heute präsentiert sie sich in ihrer vollen, unberührten Pracht. Den Namen verdankt der dritthöchste Berg der Berner Alpen wohl den Nonnen des Klosters Interlaken, die am Fusse des Bergs eine Alp betrieben. Manchmal sind die einfachsten Erklärungen die richtigen.

Säntis – Vom Samstag zum Riesen

Die Ostschweizer sind mächtig stolz auf ihren höchsten Berg. Der Säntis lockt mit seinen 2501,9 Metern Touristen aus aller Welt ins Appenzell, besonders das Wildkirchli mit seinen mystischen Höhlen und das spektakulär gelegene Berggasthaus Aescher in der steilen Felswand ziehen die Massen an.

Der Name Säntis hat eine überraschend profane Herkunft: Er leitet sich von der rätoromanischen Bezeichnung "Sambatinus" ab, was "der am Samstag Geborene" bedeutet. Über "Semptis" und "Sämptis" entwickelte sich daraus der heutige Name. Höchstwahrscheinlich bezog sich die Bezeichnung ursprünglich auf den Besitzer einer Alp und wurde später auf den Berg übertragen – ein typischer Vorgang in der Alpentopografie.

Rund um den Säntis ranken sich allerdings auch Sagen. Die berühmteste erzählt vom Riesen Säntis, der einen Sack voller Bauernhäuser getragen haben soll. Aus einem Loch seien die Häuser herausgepurzelt – so entstanden angeblich die typischen Streusiedlungen des Appenzellerlands. Volksmärchen eben, aber sie zeigen, wie eng Berge und menschliche Fantasie miteinander verwoben sind.

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