Auf 2.000 Meter Höhe erwartet Wanderfreunde ein wahres Juwel der Südtiroler Alpenlandschaft: die Hochalm Prato Piazza (ital.) oder Plätzwiese (dt.). Von hier oben breitet sich ein atemberaubendes 360°-Panorama aus, das selbst alpenerprobte Bergfexe kurz innehalten lässt. Die mächtigen Felstürme der Hohen Gaisl (3.146 m) und des Dürrenstein (2.839 m) ragen wie Wächter über die sanft geschwungene Almlandschaft empor. Mit ihren saftigen Wiesen und vereinzelten Lärchen erscheint die Hochebene im Naturpark Fanes-Sennes-Prags wie eine friedliche Insel inmitten des schroffen Dolomitenmassivs.
Das Besondere am Prato Piazza: Die Hochalm eignet sich für alle Bergwanderer – vom Anfänger bis zum erfahrenen Gipfelstürmer. Ganz ohne technische Herausforderungen erschließt sich hier eine alpine Bilderbuchlandschaft. Familien mit Kindern, gemütliche Genusswanderer und sogar Großeltern mit eingeschränkter Mobilität finden auf dem Hochplateau geeignete Routen. Die zahlreichen Wege sind überwiegend breit und gut gepflegt, die Steigungen moderat. Der Hauptteil der Alm ist sogar mit dem Auto oder Bus erreichbar – ein Luxus, der nur wenigen Hochalmen in dieser Lage zukommt.
Die sonnenexponierten Almflächen bieten dabei von Frühjahr bis Herbst ein völlig unterschiedliches Gesicht. Im Mai und Juni transformieren Alpenrosen, Enzian und hunderte weitere Blumenarten die Alm in ein Blütenmeer. Der Hochsommer bietet ideale Temperaturen, wenn im Tal die Hitze drückt. Der Frühherbst wiederum verzaubert mit goldenem Lärchenkleid und kristallklarer Fernsicht – oft bis weit in die Ostalpen hinein.
Die Anreise – Mit dem Auto oder per Bus zum Almglück
Der Ausgangspunkt für einen Besuch auf der Hochalm Prato Piazza liegt in der Regel bei Toblach (ital. Dobbiaco) oder Prags (ital. Braies) im oberen Teil des Pustertals. Von dort führt eine gut ausgebaute, wenn auch kurvenreiche Mautstraße bis zur Plätzwiese. In der Hochsaison von Juli bis September lohnt sich allerdings die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Regelmäßige Busse verkehren ab Toblach und vom Pragser Wildsee zur Hochalm – das schont nicht nur die Umwelt, sondern erspart auch das mitunter nervige Parkplatzsuchen in der Hauptsaison.
Für die sportlich Ambitionierten gibt es freilich auch die Möglichkeit, die rund 800 Höhenmeter vom Pragser Tal hinauf zur Alm zu Fuß zu bewältigen. Diese Variante nimmt etwa drei Stunden in Anspruch und führt über schöne Waldwege, die von frischem Föhrenduft durchzogen sind. Ein echtes Schmankerl: Der Blick zurück ins Tal wird mit jedem Höhenmeter eindrucksvoller.
Wer oben ankommt – ob per Auto, Bus oder aus eigener Kraft – wird auf dem großzügigen Parkplatz nahe der Gasthäuser empfangen. An Spitzentagen tummeln sich hier durchaus einige Besucher, doch die weitläufige Almlandschaft verteilt die Menschen rasch und bietet Platz genug für alle, die frische Bergluft schnuppern wollen.
Rundwanderung Prato Piazza – Perfekt für Familien und Genießer
Die beliebteste Tour führt als Rundweg über die Hochalm und ist selbst mit kleinen Kindern gut zu schaffen. Vom Parkplatz aus folgt man zunächst dem breiten Weg in Richtung Berghütte Dürrensteinhütte (Rifugio Vallandro), die mit ihrer Sonnenterrasse nach etwa 20 Minuten gemütlichen Gehens erreicht ist. Von hier schweift der Blick frei über den Dürrenstein und die dahinterliegenden Gipfel. Für Geschichtsinteressierte: Die Hütte wurde während des Ersten Weltkriegs als österreichisch-ungarische Kaserne errichtet und dient heute als bewirtschafteter Stützpunkt für Wanderer.
Der Weg führt anschließend weiter über sanfte Almwiesen, passiert einzelne Lärchenhaine und führt schließlich in einem großen Bogen zurück zum Ausgangspunkt. Je nach Lust und Kondition lässt sich die Runde auf verschiedenen Wegen abkürzen oder verlängern. Eine gemütliche Variante, die trotzdem die schönsten Aussichtspunkte erschließt, dauert etwa zwei bis drei Stunden. Pausen für Fotostopps und zum Durchatmen sind dabei schon eingerechnet – die Szenerie wird dich beim Gehen immer wieder zum Staunen bringen.
Besonders an windstillen Tagen hat die Wanderung etwas Meditatives. Die Weite des Hochplateaus kontrastiert mit den dramatischen Felswänden ringsum, während nur gelegentlich das sanfte Läuten von Kuhglocken oder das Zirpen von Grillen die Stille durchbricht. Auf halbem Weg bieten sich zahlreiche flache Felsen als natürliche Sitzgelegenheit für ein Picknick an – mit Aussicht, die manch teures Restaurant neidisch machen würde.
Der Aussichtsberg Strudelkopf – Die lohnende Extrameile
Wer sich etwas mehr zutraut und einen noch umfassenderen Rundblick genießen möchte, sollte den Abstecher zum Strudelkopf (2.307 m) nicht auslassen. Von der Dürrensteinhütte aus führt ein gut markierter, wenn auch etwas steilerer Pfad in etwa einer Stunde zum Gipfel. Die zusätzlichen 300 Höhenmeter haben es zwar in sich, doch oben angekommen, wird die Mühe vielfach belohnt.
Auf dem steinigen Gipfel thronend, bietet sich ein geradezu majestätischer Blick, der von den Sextener Dolomiten im Osten über die Drei Zinnen bis hin zur Marmolata im Süden reicht. Bei guter Sicht sind im Norden sogar die vergletscherten Gipfel der Zillertaler Alpen zu erkennen. Bringt man etwas Zeit mit, lohnt es sich, hier oben eine längere Rast einzulegen und die Namen der umliegenden Berge zu entziffern – eine Orientierungstafel am Gipfel leistet dabei wertvolle Hilfe.
Der Rückweg erfolgt auf demselben Pfad, wobei beim Abstieg besondere Vorsicht geboten ist. Loses Geröll kann gelegentlich den Halt erschweren, festes Schuhwerk ist daher unerlässlich. Insgesamt erfordert die Strudelkopf-Erweiterung etwa drei zusätzliche Stunden, macht die Tagestour aber auch zu einem deutlich einprägsameren Erlebnis.
Einkehrmöglichkeiten – Südtiroler Schmankerl mit Ausblick
Nach ausgiebigem Wandern knurrt der Magen – ein Problem, das auf Prato Piazza schnell gelöst ist. Mehrere urige Berghütten und Gasthäuser versorgen hungrige Wanderer mit deftigen Südtiroler Spezialitäten. Das Rifugio Prato Piazza und das Gasthof Plätzwiese bieten dabei eine bodenständige, regionale Küche zu fairen Preisen. Wer's nicht so deftig mag, findet auch leichtere Kost wie Suppen oder Salate auf der Karte. Kaiserschmarren, ein absoluter Klassiker der Alpenküche, fehlt hier natürlich auch nicht – schmeckt durchweg besser als im Tal, könnte man meinen.
Besonders gelobt werden die hausgemachten Knödelvariationen und die Schlutzkrapfen (mit Spinat und Topfen gefüllte Teigtaschen). Dazu ein Glas Südtiroler Wein oder ein herbes Bergbier – die kulinarische Belohnung nach getaner Wanderarbeit ist perfekt. Vergiss nicht, nach einer Portion selbstgemachtem Apfelstrudel zu fragen – die Rezepte werden hier oft seit Generationen in den Hüttenfamilien weitergegeben.
Wer übrigens eine Übernachtung auf der Alm plant, sollte unbedingt frühzeitig reservieren. Die Betten in den wenigen Gasthäusern und der Dürrensteinhütte sind heiß begehrt, besonders im Hochsommer und an Wochenenden. Als Belohnung winkt dafür ein unvergesslicher Sonnenuntergang, wenn die Dolomitenwände im Abendlicht golden leuchten, und eine Stille, die in unserer hektischen Zeit selten geworden ist.
Beste Reisezeit – Wann die Hochalm am schönsten ist
Die optimale Zeit für einen Besuch auf Prato Piazza hängt stark von den persönlichen Vorlieben ab. Von Ende Mai bis Anfang November ist die Hochalm in der Regel schneefrei und gut zugänglich. Jede Jahreszeit hat dabei ihren eigenen Reiz:
Der Frühsommer (Ende Mai bis Ende Juni) verwandelt die Alm in einen bunten Blütenteppich. Die Temperatur ist angenehm mild, noch nicht zu heiß für ausgedehnte Wanderungen. Ein zusätzlicher Vorteil: Die großen Touristenströme haben noch nicht eingesetzt. Der einzige Wermutstropfen kann instabiles Wetter sein – Regenjacke gehört in dieser Zeit unbedingt ins Gepäck.
Die Hochsaison (Juli und August) lockt mit stabilerem Wetter und längeren Tagen. Die Infrastruktur läuft auf Hochtouren, alle Hütten sind bewirtschaftet. Die Kehrseite: Deutlich mehr Besucher teilen sich das Naturerlebnis, und auch die Preise für Unterkünfte klettern in die Höhe. Frühes Aufbrechen lohnt sich jetzt besonders – die Morgenstunden bieten nicht nur die beste Fernsicht, sondern auch noch etwas Einsamkeit.
Der Herbst schließlich (September bis Mitte Oktober) gilt unter Kennern als Geheimtipp. Die Touristenmassen ebben ab, die Temperaturen bleiben oft bis weit in den September hinein stabil. Die Lärchen färben sich golden, und die Luft wird zunehmend klarer. Oft sind die Fernsichten jetzt am besten. Dabei muss man allerdings bedenken, dass die Tage kürzer werden und die Hütten teilweise ihren Betrieb einschränken.
Praktische Hinweise für den perfekten Almtag
Bei aller Begeisterung für die Schönheit der Landschaft sollte die richtige Vorbereitung nicht zu kurz kommen. Auch wenn die Wege gut ausgebaut sind, handelt es sich um alpines Gelände. Das Wetter kann schnell umschlagen – eine Regenjacke und warme Schicht sollten daher selbst bei strahlendem Sonnenschein im Rucksack nicht fehlen. Kopfbedeckung und Sonnenschutz sind aufgrund der intensiven Höhensonne Pflicht, nicht Kür.
Ordentliches Schuhwerk ist ebenfalls unverzichtbar. Für die einfachen Rundwege reichen stabile Wanderschuhe, für den Aufstieg zum Strudelkopf sollten es echte Bergschuhe mit griffiger Sohle sein. Im Frühjahr und nach Regenfällen können manche Wege matschig werden – Gamaschen sind dann keine schlechte Idee.
Wasser sollte ausreichend mitgeführt werden, auch wenn Nachfüllmöglichkeiten bei den Hütten bestehen. Die trockene Hochgebirgsluft entzieht dem Körper mehr Flüssigkeit, als man oft bemerkt. Ein kleiner Rucksack mit Erste-Hilfe-Set, Energieriegel und eventuell ein Fernglas für Tierbeobachtungen und Gipfelbestimmungen runden die Ausrüstung ab.
Wichtig: Auf der Hochalm weiden im Sommer Kühe. Diese sind normalerweise friedlich, können aber bei Bedrängnis oder bei der Verteidigung ihrer Kälber unberechenbar werden. Ein respektvoller Abstand – besonders zu Mutterkühen – ist daher angebracht. Die Weidegatter unbedingt wieder schließen, damit kein Tier ausbüxt.
Die Hochalm Prato Piazza liegt im Naturpark Fanes-Sennes-Prags und unterliegt besonderen Schutzbestimmungen. Die alpine Flora ist empfindlich und wächst nur langsam nach – ein guter Grund, ausschließlich auf den markierten Wegen zu bleiben. Besonders die Alpenblumen mögen zwar verlockend zum Pflücken aussehen, sind aber geschützt und sollten nur mit der Kamera "gesammelt" werden.
Müll hat in der Natur nichts verloren und wird konsequent wieder mit ins Tal genommen. Das gilt auch für organische Abfälle wie Obstschalen – in der Höhenlage verrotten diese nur sehr langsam. Wer sich an diese einfachen Regeln hält, trägt dazu bei, dass auch künftige Generationen die unvergleichliche Schönheit der Hochalm erleben können.
Für Tierfreunde bietet Prato Piazza gute Chancen auf Wildbeobachtungen. Mit etwas Glück lassen sich Gämsen, Murmeltiere oder sogar Steinadler erspähen. Frühe Morgenstunden oder die Zeit kurz vor der Dämmerung sind dafür am besten geeignet. Ein Fernglas erhöht die Chancen deutlich, ohne die Tiere zu stören.