Italien

Dolomiten-Highlights: Die besten Wanderungen im Herzen des UNESCO-Welterbes

Ein Überblick über die spektakulärsten Wanderrouten in den Dolomiten – von der Drei-Zinnen-Umrundung bis zur Seiser Alm.

Italien  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Die Dolomiten im Nordosten Italiens zählen zu den spektakulärsten Gebirgslandschaften der Welt – nicht umsonst wurden sie 2009 zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt. Das Besondere: Während die charakteristischen bleichen Felsformationen majestätisch in den Himmel ragen, breiten sich darunter sanfte, grüne Almen aus. Diese Kontraste schaffen eine geradezu unwirkliche Landschaft, die Wanderer aus aller Welt magisch anzieht. Nirgendwo sonst treffen alpine Dramatik und mediterrane Leichtigkeit so unvermittelt aufeinander wie hier, im Reich der "bleichen Berge".

Die Dolomiten erstrecken sich über die italienischen Provinzen Südtirol, Trentino und Belluno. Ihr Name geht auf das Gestein Dolomit zurück – benannt nach dem französischen Geologen Déodat de Dolomieu, der es Ende des 18. Jahrhunderts erstmals beschrieb. Dieses Kalziummagnesiumkarbonat verleiht den Bergen ihre charakteristische helle Färbung und die bizarren Verwitterungsformen, die besonders bei Sonnenauf- und -untergang in einem faszinierenden Farbspiel erstrahlen – ein Phänomen, das die Einheimischen "Enrosadira" (Alpenglühen) nennen und das man mindestens einmal im Leben gesehen haben sollte.

Die Drei Zinnen: Ikonen der Dolomiten

Wer an die Dolomiten denkt, hat meist sofort die charakteristische Silhouette der Drei Zinnen vor Augen. Die drei nebeneinanderstehenden Felstürme – Große Zinne (2.999 m), Westliche Zinne (2.973 m) und Kleine Zinne (2.857 m) – sind das Wahrzeichen schlechthin und Ziel der wohl populärsten Wanderroute des Gebiets. Die klassische Umrundung der Drei Zinnen zählt zur Wanderpremiersklasse, braucht allerdings keine außergewöhnliche Kondition. Der etwa 10 km lange Rundweg beginnt meist an der Auronzohütte (2.320 m), die bequem mit dem Auto erreichbar ist – freilich gegen saftiges Mautgeld.

Von hier aus führt der Weg zunächst leicht ansteigend entlang der Südseite der Zinnen. Allmählich öffnet sich der Blick auf die gewaltigen Felswände. Ab der Lavaredo-Hütte geht's dann um die Ostseite herum und schließlich erreicht man den nördlichsten Punkt der Runde an der Drei-Zinnen-Hütte, wo sich der vielleicht berühmteste Fotoblick der Alpen auftut. Die Nordwände der Zinnen erheben sich hier wie eine gigantische Festungsmauer. Ein Stück des Weges teilt man übrigens mit dem legendären Höhenweg Alta Via 4.

Die Runde verläuft anschließend auf der Westseite wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die Wanderung dauert etwa 3-4 Stunden reine Gehzeit. Empfehlenswert ist ein früher Start, denn der Parkplatz an der Auronzohütte füllt sich rasend schnell – und der Weg noch schneller. Überhaupt gilt: Die Drei-Zinnen-Umrundung ist spektakulär, aber eben auch kein Geheimtipp mehr. Wer die majestätischen Felsen etwas abseits des Trubels erleben möchte, sollte entweder in der Nebensaison kommen oder gleich auf eine der weniger frequentierten Routen ausweichen – an Alternativen mangelt es wahrlich nicht.

Seiser Alm: Europas größte Hochalm

Ein krasser Gegensatz zur felsigen Wildheit der Drei Zinnen bietet die Seiser Alm (Alpe di Siusi). Mit einer Fläche von etwa 56 Quadratkilometern ist sie die größte Hochalm Europas und gleicht einem sanft gewellten, grünen Meer, aus dem die markanten Gipfel der Langkofel-Gruppe wie versteinerte Seeungeheuer aufragen. Die Alm liegt auf einer Höhe zwischen 1.680 und 2.350 Metern und bietet Wandermöglichkeiten für jedes Niveau – vom gemütlichen Spaziergang bis zur anspruchsvollen Bergtour.

Besonders reizvoll: Die Seiser Alm lässt sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestens erreichen. Eine Seilbahn führt von Seis am Schlern hinauf, Autos müssen unten bleiben (was für eine Wohltat!). Oben angekommen, stehen zahlreiche Wanderrouten zur Auswahl. Eine besonders lohnende Tour führt vom Berghotel Panorama über den Puflatsch (2.176 m) zum Schnürlsteig und zurück – etwa 14 km mit moderaten 500 Höhenmetern. Unterwegs passiert der Weg idyllische Almhütten, wo traditionelle Südtiroler Spezialitäten serviert werden. Die Aussicht vom Puflatsch auf die umliegenden Dolomitengipfel ist schlichtweg atemberaubend – hier lohnt ein längerer Halt.

Anders als in den schroffen Felsregionen der Dolomiten steht auf der Seiser Alm die sanfte Schönheit der Almlandschaft im Vordergrund. Im Frühsommer verwandeln unzählige Blumen die Wiesen in einen bunten Teppich, und überall grasen friedlich Kühe. Die charakteristische "Klonggg" ihrer Glocken gehört zum Soundtrack jeder Wanderung hier oben. Tja, und manchmal hat man das Gefühl, als würden die Kräuter unter den Wanderstiefeln ihre ätherischen Öle freisetzen – ein Duft, der süchtig macht.

Rosengarten und Vajolet-Türme: Wandern im Sagenreich

Die Rosengarten-Gruppe zählt zu den märchenhaftesten Regionen der Dolomiten. Kein Wunder, denn hier spielen die berühmten Sagen um König Laurin und sein versunkenes Rosenreich. Laut Legende erklären sie das allabendliche Alpenglühen: Als der Zwergenkönig Laurin besiegt wurde, verfluchte er seinen Rosengarten, damit ihn weder bei Tag noch bei Nacht ein menschliches Auge sehen könne. Dabei vergaß er jedoch die Dämmerung – weshalb die Berge nur dann in überirdischem Rot erstrahlen.

Das Herzstück des Rosengartens bilden die Vajolet-Türme – sechs markante Felsnadeln, die zu den begehrtesten Kletterzielen der Alpen gehören. Doch keine Bange, auch für Wanderer gibt es hier traumhafte Routen. Eine der schönsten führt von der Kölner Hütte (erreichbar mit der Seilbahn vom Karerpass) über den Hirzelweg zur Rosengartenhütte und weiter zum Vajolethüttenkomplex am Fuß der berühmten Türme.

Für diese etwa 11 km lange Strecke solltest du rund 5 Stunden einplanen – plus reichlich Zeit für staunende Blicke und Fotostopps. Der Weg verläuft teilweise durch Geröllfelder und fordert etwas Trittsicherheit. Die Mühe wird jedoch mit grandiosen Aussichten belohnt. Ein Tipp für begeisterte Fotografen: Bei gutem Wetter lohnt es sich, in einer der Hütten zu übernachten und den Sonnenuntergang oder -aufgang über dem Rosengarten zu erleben – dann leuchten die Felswände tatsächlich in allen erdenklichen Rot- und Orangetönen.

Verpflegungstechnisch bist du auf dieser Tour gut versorgt. Sowohl die Rosengartenhütte als auch die Vajolethütten bieten deftige Südtiroler Küche – von Speckknödeln bis hin zu Kaiserschmarrn. Besonders gut schmeckt's nach einem anstrengenden Aufstieg und mit Blick auf die gewaltigen Felszinnen. Da darf's dann auch mal ein Glas Rotwein sein – oder der hier oben beliebte Hugo-Aperitif mit Prosecco und Holunderblütensirup.

Der Pragser Wildsee und die Fanes-Sennes-Prags Runde

Wer jemals einen Kalender oder Bildband über die Dolomiten durchgeblättert hat, ist mit Sicherheit dem Pragser Wildsee begegnet. Der türkisblaue See, eingebettet zwischen dunklen Wäldern und hellen Felswänden, zählt zu den meistfotografierten Motiven der Region. Als Ausgangspunkt für Wanderungen ist er ebenso beliebt wie überlaufen. Morgens vor 8 Uhr oder abends nach 17 Uhr lässt sich das Naturjuwel jedoch in relativer Ruhe genießen.

Ein absolutes Highlight für ambitionierte Wanderer ist die mehrtägige Runde durch den Naturpark Fanes-Sennes-Prags. Diese Tour führt durch eine der einsamsten und ursprünglichsten Regionen der Dolomiten. Die klassische Variante beginnt am Pragser Wildsee und führt über die Seekofelhütte zur Senneshütte, weiter zur Faneshütte und über die Pederühütte zurück zum Ausgangspunkt. Für die gesamte, etwa 40 km lange Runde solltest du 3-4 Tage einplanen.

Das Besondere an dieser Region sind die weitläufigen Hochplateaus – eine in den Alpen recht seltene Landschaftsform. Statt ständigem Auf und Ab wanderst du hier oben über weite Flächen, durchsetzt mit kleinen Seen, Dolinen und Karstformationen. Die Fanes-Sage um das untergegangene Königreich der Fanesinchen verleiht der Gegend zusätzliche Mystik. Die alten Ladiner, Ureinwohner dieser Täler, erzählen bis heute vom versunkenen Volk, das in den Höhlen des Plateaus auf seine Wiederauferstehung wartet. Wenn der Wind durch die Felsformationen pfeift, könnte man tatsächlich meinen, alte Stimmen zu hören...

Diese mehrtägige Wanderung erfordert gute Kondition und Trittsicherheit. Die Übernachtung in den DAV-Hütten solltest du unbedingt im Voraus reservieren, besonders in der Hochsaison von Juli bis September. Die Anstrengung wird mit einer unvergleichlichen Naturerfahrung belohnt – fernab von Massentourismus und Alltagshektik kann man hier noch echte Wildnis erleben.

Der Schlern und die Hexenbänke

Der Schlern (2.563 m) mit seinem charakteristischen Plateau zählt zu den markantesten Bergen Südtirols und thront wie ein natürliches Monument über der Seiser Alm. Seine unverwechselbare Silhouette diente jahrzehntelang als Logo des deutschen Alpenvereins. Die Besteigung des Schlern ist eine anspruchsvolle, aber überaus lohnende Tagestour.

Der gängigste Aufstieg beginnt in Seis am Schlern und führt über die Tierser-Alpl-Hütte zum Gipfelplateau. Rund 1.400 Höhenmeter sind dabei zu überwinden – kein Zuckerschlecken, aber machbar für jeden einigermaßen fitten Wanderer mit Ausdauer. Der Weg führt zunächst durch dichte Wälder, später über Almwiesen und schließlich durch felsiges Gelände. Oben auf dem Plateau angekommen, befindet sich die Schlernhäuser – eine der ältesten Schutzhütten der Ostalpen (errichtet 1885).

Das Plateau selbst birgt eine geologische Besonderheit: die sogenannten "Hexenbänke". Diese treppenartigen Felsformationen spielten im Volksglauben eine wichtige Rolle – hier sollen sich einst die Hexen zum Tanz getroffen haben, bevor sie auf ihren Besen zum Blocksberg flogen. Der Volksaberglaube ist in dieser Gegend fest verwurzelt, und an manchem Abend, wenn die Wolkenfetzen um den Gipfel ziehen, kann man schon verstehen, warum die Menschen früher hier oben übernatürliche Kräfte am Werk sahen.

Vom Gipfel des Burgstalls, der höchsten Erhebung des Schlernmassivs, bietet sich ein 360-Grad-Panorama, das seinesgleichen sucht. Von der Brennergrenze im Norden bis zu den südlichen Ausläufern der Dolomiten reicht der Blick. Bei klarem Wetter kann man gut und gerne 80 Gipfel identifizieren. Übernachten in den Schlernhäusern ist ein besonderes Erlebnis – der Sonnenuntergang über der Seiser Alm mit dem Rosengarten im Hintergrund brennt sich ins Gedächtnis ein. Wobei – ein kleiner Dämpfer muss sein – auch hier ist man mittlerweile selten allein. Die Hütte ist oft Monate im Voraus ausgebucht, besonders an Wochenenden.

Praktische Tipps für Dolomiten-Wanderer

Die beste Wanderzeit in den Dolomiten liegt zwischen Mitte Juni und Ende September. In dieser Zeit sind die meisten Hütten geöffnet und die Wege schneefrei. Als besonders malerisch gilt der frühe Juli, wenn die Alpenrosen blühen, sowie der September mit seinen klaren Fernsichten und dem ersten herbstlichen Farbenspiel.

Wettertechnisch gilt in den Dolomiten wie überall im Hochgebirge: Sei vorbereitet auf plötzliche Wetterumschwünge. Nicht selten beginnt der Tag mit strahlendem Sonnenschein, während am Nachmittag heftige Gewitter aufziehen. Eine gute Regenjacke gehört deshalb in jeden Rucksack, ebenso wie ausreichend Wasser, Sonnenschutz, eine Kleinigkeit zu essen und eine aktuelle Wanderkarte – trotz der meist guten Markierung der Wege.

Wander-Hotspots wie die Drei Zinnen oder der Pragser Wildsee solltest du in der Hochsaison meiden oder sehr früh am Morgen besuchen. Alternativ gibt es zahlreiche weniger bekannte, aber ebenso beeindruckende Routen. Die lokalen Tourismusbüros geben gerne Tipps für Touren abseits der ausgetretenen Pfade.

Sprachlich brauchst du dir in den Dolomiten keine Sorgen zu machen – mit Deutsch kommst du fast überall durch, besonders in Südtirol. In den östlichen Teilen (Provinz Belluno) wird vorwiegend Italienisch gesprochen, aber auch dort verstehen viele Menschen wenigstens etwas Deutsch oder Englisch. In einigen abgelegenen Tälern wird zudem noch Ladinisch gesprochen, eine rätoromanische Sprache, die das kulturelle Erbe der Region widerspiegelt.

Bei der Unterkunftsplanung solltest du wissen: Die Region ist kein Schnäppchenziel. Die Qualität der Hotels und Pensionen ist durchweg hoch, aber das spiegelt sich auch in den Preisen wider. In der Nebensaison (Mai/Juni oder Oktober) lässt sich sparen, ohne auf gutes Wetter verzichten zu müssen. Insbesondere für Übernachtungen in den bewirtschafteten Berghütten gilt: Frühzeitig reservieren! Einige Hütten sind bis zu einem Jahr im Voraus ausgebucht, vor allem an Wochenenden.

Unterwegs auf dem Dolomiten-Höhenweg

Für passionierte Weitwanderer bieten die Dolomiten ein besonderes Highlight: die sogenannten "Alte Vie" (Hohe Wege). Insgesamt acht durchnummerierte Fernwanderwege durchziehen das Gebirge, von denen jeder seinen ganz eigenen Charakter hat. Der bekannteste und beliebteste ist wohl die Alta Via 1, die auch als "Klassische" bezeichnet wird.

Die Alta Via 1 führt auf etwa 120 Kilometern von Toblach im Norden bis nach Belluno im Süden. Für die gesamte Strecke solltest du 10-12 Tage einplanen. Der Weg ist zwar durchgehend markiert und erfordert keine Klettererfahrung, dennoch ist er kein Spaziergang. Teilweise musst du mit Drahtseilen gesicherte Passagen überwinden, und eine gewisse Schwindelfreiheit wird vorausgesetzt.

Die Schönheit dieser Fernwanderung liegt in ihrer Vielfalt. Kein Tag gleicht dem anderen: Mal führt der Weg über weite Hochebenen, dann wieder durch dichtes Waldgebiet, über Geröllfelder oder entlang schwindelerregender Felswände. Die Übernachtungen erfolgen in den zahlreichen Berghütten entlang der Route. Hier bekommt man nicht nur ein Bett und eine warme Mahlzeit, sondern auch wertvolle Tipps von den Hüttenwirten und die Gelegenheit, gleichgesinnte Wanderer aus aller Welt zu treffen.

Eine Besonderheit der Alta Via 1 ist die Durchquerung der Civetta-Gruppe mit ihren gewaltigen Nordwestwänden – die Einheimischen nennen sie ehrfurchtsvoll "Die Wand der Wände". Der Monte Civetta selbst erhebt sich auf 3.220 Meter und bildet damit einen der Höhepunkte der Route. Die Weitwanderung lässt sich gut in Etappen unterteilen, sodass auch weniger ausdauernde Wanderer Teilabschnitte in Angriff nehmen können.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Begehung des Höhenwegs ist eine gründliche Planung. Anders als etwa auf dem Jakobsweg kann man hier nicht einfach drauflos wandern und am Abend spontan eine Unterkunft suchen. Die Hütten liegen oft weit auseinander, und Alternativen gibt es kaum. Eine detaillierte Routenplanung und rechtzeitige Reservierungen sind daher unerlässlich. Auch die richtige Ausrüstung spielt eine zentrale Rolle – du solltest auf jeden Fall Wanderstöcke dabei haben sowie festes Schuhwerk mit guter Profilsohle.

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