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Wandern mit Aussicht: Die schönsten Panoramawege mit Blick auf den Mont Blanc

Wo der Blick ins Unendliche schweift und der höchste Berg der Alpen zum Greifen nah erscheint. Das sind die atemberaubendsten Wanderwege rund um den Mont Blanc.

Frankreich  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Mit seinen 4.807 Metern thront der Mont Blanc als höchster Berg der Alpen über dem Dreiländereck Frankreich, Italien und Schweiz. Seine massive Erscheinung prägt die gesamte Region. Während die Besteigung des "weißen Berges" erfahrenen Alpinisten vorbehalten bleibt, existiert rund um diesen Giganten ein Netz aus Wanderwegen, die atemberaubende Panoramen auf den vergletscherten Gipfel bieten – und das ganz ohne Steigeisen und Pickel.

Die Mont-Blanc-Region ist ein Wanderparadies par excellence. Nicht umsonst zieht der berühmte Tour du Mont Blanc (TMB) jährlich tausende Wanderer an, die den kompletten Bergstock in einer mehrtägigen Tour umrunden. Doch nicht jeder hat Zeit und Muße für eine solche Unternehmung. Eine Handvoll sorgfältig ausgewählter Tageswanderungen ermöglicht einen kaum weniger eindrucksvollen Blick auf den eisigen Koloss und sein Umland.

Die beste Zeit für Panoramawanderungen am Mont Blanc liegt zwischen Mitte Juni und Mitte September. In dieser Zeit sind die meisten Wege schneefrei und die Berghütten geöffnet. Wer dem Hochsommer-Trubel aus dem Weg gehen möchte, wählt am besten die Randmonate Juni oder September, wenn sich Einheimische oft allein auf den Wegen befinden. Wie ein altes Bergsteigersprichwort sagt: "Die Berge laufen nicht davon – aber die Wolken schon." Darum gilt: Bei klarem Wetter unbedingt losziehen, denn dann öffnet sich der Blick auf das imposante Massiv in seiner ganzen Pracht.

Le Brévent – Der Klassiker mit Frontalblick

Chamonix, die weltberühmte Alpenstadt auf französischer Seite, dient als idealer Ausgangspunkt für diese spektakuläre Wanderung. Der Brévent (2.525 m) liegt dem Mont Blanc direkt gegenüber und bietet somit einen der beeindruckendsten Frontalpanoramen auf das Massiv. Die Seilbahn Plan Praz erspart den ersten Aufstieg und bringt Wanderer auf 2.000 Meter Höhe. Von dort führt ein gut markierter Weg in etwa zwei Stunden zum Gipfel.

Bergauf schlängelt sich der Pfad durch Alpenrosenfelder, die im Frühsommer in leuchtendem Pink erstrahlen. Unterwegs kreuzen immer wieder Murmeltiere den Weg, die bei zu großer Annäherung mit schrillen Pfiffen ihre Artgenossen warnen. Etwa auf halber Strecke liegt der kleine Bergsee Lac du Brévent – mit etwas Glück spiegelt sich hier der Mont Blanc in seiner ganzen Pracht im Wasser. Hut ab vor den französischen Wegebauern, die hier teilweise in den blanken Fels gehauene Stufen angelegt haben.

Am Gipfel angelangt, erstreckt sich vor dem Wanderer ein Panorama, das sprachlos macht: Der komplette Mont-Blanc-Grat mit seinen zerklüfteten Gletschern und Eisfällen breitet sich aus, dahinter reihen sich unzählige Alpengipfel bis zum Horizont. Auffällig sind die drastischen Kontraste: Im Tal das satte Grün der Wälder, dann die kargen Felsregionen und schließlich die blendend weißen Eisflächen des Mont Blanc. Wer seine Augen vom Giganten losreißen kann, erblickt im Norden bei klarem Wetter sogar den Genfer See.

Der Abstieg führt entweder zurück zur Mittelstation Plan Praz oder – für Ausdauernde – ganz hinunter ins Tal nach Chamonix. Letztere Variante beansprucht die Kniegelenke ordentlich, belohnt aber mit einem Weg durch duftende Nadel- und Laubwälder. Ein Tipp für Fotografen: Die Lichtverhältnisse am Vormittag sind am günstigsten für Aufnahmen des Mont Blanc vom Brévent aus.

Lac Blanc – Spiegelbilder und wilde Bergziegen

Der Lac Blanc (2.352 m) im Naturschutzgebiet Les Aiguilles Rouges gehört zu den fotogensten Orten der gesamten Alpen. Der türkisblaue Bergsee liegt wie in einem Felsenkessel gebettet und spiegelt bei Windstille die Silhouette des Mont-Blanc-Massivs auf seiner Oberfläche. Ein Anblick, der selbst abgebrühte Bergführer ins Schwärmen bringt und sich auf Instagram zum Dauerbrenner entwickelt hat.

Ausgangspunkt ist die Bergstation La Flégère, die von Chamonix aus mit einer Gondelbahn erreichbar ist. Von hier führt ein mittelschwerer Wanderweg in anderthalb bis zwei Stunden zum See. Unterwegs passiert man kleinere Bergseen wie den Lac de Cheserys, der bereits einen Vorgeschmack auf das kommende Panorama bietet. Die Route verläuft fast durchgehend auf etwa gleicher Höhe mit leichten Auf- und Abstiegen, ist also technisch nicht besonders anspruchsvoll.

Tierliebhaber kommen auf dieser Tour besonders auf ihre Kosten. Die Steinböcke im Gebiet haben ihre Scheu vor Menschen weitgehend verloren und lassen sich oft aus nächster Nähe beobachten. Manchmal lagern sie sogar direkt am Weg und kauen gemächlich an Alpenblumen, während sie die vorbeiziehenden Wanderer mit stoischer Ruhe betrachten. Mit etwas Glück lassen sich auch Gämsen und der majestätische Steinadler erspähen.

Am Lac Blanc angekommen, lädt die Refuge du Lac Blanc zu einer Stärkung ein. Auf der Terrasse der rustikalen Berghütte schmeckt die heiße Schokolade oder der Genepi-Schnaps doppelt so gut. Der Blick schweift dabei über die Aiguille Verte, die Aiguilles de Chamonix und natürlich den Mont Blanc selbst. In den frühen Morgenstunden oder am späten Nachmittag ist die Wahrscheinlichkeit am größten, den See spiegelglatt vorzufinden – ein Traum für Fotografen.

Für den Rückweg bietet sich eine Variante über den Col des Montets an, wobei ein Abstieg ins Tal erfolgt. Von dort verkehren regelmäßig Busse zurück nach Chamonix. Diese Route verlängert die Wanderung um etwa zwei Stunden, führt aber durch botanisch interessantes Gebiet mit seltenen Alpenblumen. Ein Fernglas sollte unbedingt im Rucksack sein – für Tier- und Gletscherbeobachtungen gleichermaßen.

Grand Balcon Sud – Panoramawandern auf der Sonnenseite

Der Grand Balcon Sud ist ein wahres Juwel unter den Panoramawegen und führt als Höhenweg an der sonnenverwöhnten Südflanke des Chamonix-Tals entlang. Technisch ist er moderat, bietet aber kontinuierliche Ausblicke auf das gegenüberliegende Mont-Blanc-Massiv. Der Name "Grand Balcon" (Großer Balkon) trifft den Nagel auf den Kopf – man wandert wie auf einem natürlichen Aussichtsbalkon mit Blick auf die imposante Bergkulisse.

Die klassische Route beginnt an der Bergstation La Flégère (1.877 m) und führt bis zur Station Planpraz (2.000 m). Für die etwa 7 Kilometer lange Strecke sollten drei bis vier Stunden eingeplant werden – abhängig davon, wie oft man für Fotostopps und staunende Blicke innehält. Der Weg folgt dabei den natürlichen Geländeformen, mal durch lichten Lärchenwald, mal über offene Almwiesen.

Besonders im Frühsommer gleicht der Weg einem botanischen Lehrpfad. Enzian, Edelweiß, Alpenrosen und zahlreiche weitere Blumenarten säumen den Pfad. Die Vielfalt der Alpenflora zeigt sich hier von ihrer besten Seite, nicht zuletzt wegen der günstigen Sonneneinstrahlung. "Die Pflanzen hier oben müssen ihr ganzes Leben in drei Monaten packen", erklärte mir einmal ein Bergführer aus Chamonix – und tatsächlich explodiert die Vegetation förmlich in den Sommerwochen.

Der Weg bietet einen ständigen Panoramablick auf die gegenüberliegende Talseite mit den markanten Gipfeln der Aiguille du Midi, dem Mont Blanc du Tacul und natürlich dem Mont Blanc selbst. Das Besondere am Grand Balcon Sud ist die wechselnde Perspektive während der Wanderung – mit jedem Schritt verändert sich der Blickwinkel auf die gewaltige Bergkette leicht, sodass immer neue Details ins Auge fallen.

Etwa auf halber Strecke passiert der Weg eine natürliche Aussichtsplattform, die einen spektakulären Blick auf den mächtigen Gletscher Mer de Glace (Eismeer) bietet. Hier lohnt eine ausgiebige Rast, um das Naturschauspiel zu genießen. In den letzten Jahrzehnten ist der Gletscher dramatisch zurückgegangen – ein stummer Zeuge des Klimawandels, der in den Alpen besonders deutlich sichtbar wird.

Am Endpunkt Planpraz lockt ein Bergrestaurant mit regionalen Spezialitäten wie Tartiflette – ein herzhafter Auflauf mit Kartoffeln, Reblochon-Käse und Speck, der nach einer Wanderung doppelt gut schmeckt. Von hier aus kann man entweder mit der Seilbahn zurück ins Tal fahren oder – wer noch Energie hat – den Aufstieg zum bereits erwähnten Brévent in Angriff nehmen.

Val Ferret – Die italienische Perspektive

Während die französische Seite des Mont Blanc die bekanntere ist, bietet die italienische Südseite nicht weniger spektakuläre Ausblicke – mit dem Bonus, dass hier deutlich weniger Wanderer unterwegs sind. Das Val Ferret erstreckt sich südöstlich des Mont-Blanc-Massivs und präsentiert eine völlig andere Perspektive auf den Bergriesen.

Ausgangspunkt für eine Tageswanderung ist das charmante Bergdorf Courmayeur, das über den Mont-Blanc-Tunnel von Chamonix aus in etwa 30 Minuten erreichbar ist. Von hier führt eine Straße ins Val Ferret bis zum Weiler Arnouva (1.769 m). Der Wanderweg startet bei der Rifugio Elena und führt zunächst durch grüne Alpweiden, auf denen im Sommer Kühe mit klingenden Glocken grasen.

Der Aufstieg zum Col du Grand Ferret (2.537 m) erfordert etwas Ausdauer, belohnt aber mit einem grandiosen Panorama auf die Südseite des Mont Blanc, die hier Val d'Aosta-Seite genannt wird. Besonders eindrucksvoll präsentieren sich die gewaltigen Gletscherabbrüche des Glacier du Miage und des Glacier de la Brenva. Der Pfad windet sich durch Geröllfelder und alpine Matten und überquert dabei mehrere Gebirgsbäche, die vom Schmelzwasser der Gletscher gespeist werden.

Die Italiener nennen den Mont Blanc "Monte Bianco", und aus dieser Perspektive zeigt er sich von einer weniger bekannten, aber nicht minder imposanten Seite. Die Felswände wirken steiler, die Grate schärfer als auf der französischen Nordseite. Besonders beeindruckend ist der Blick auf die Grandes Jorasses, deren zerklüftete Nordwand zu den berühmtesten Alpenwänden gehört.

Nach etwa drei Stunden Aufstieg erreicht man den Col du Grand Ferret, der die Grenze zur Schweiz markiert. Hier oben pfeift oft ein frischer Wind, der im Sommer willkommene Kühlung bringt. Die Aussicht reicht weit in die Schweizer Alpen hinein bis zu den Gipfeln des Wallis. Ein guter Ort, um innezuhalten und einen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen – oder einen Espresso aus der mitgebrachten Thermoskanne, wie es die italienischen Wanderer gerne tun.

Der Rückweg führt entweder auf derselben Route zurück oder als Rundweg über die Alpe de Pré de Bar, wo eine kleine Sennerei im Sommer frischen Käse herstellt. Hier lässt sich hautnah erleben, wie der berühmte Fontina-Käse produziert wird – ein kulinarisches Highlight am Wegesrand. Der Abstieg von dort zurück ins Tal bietet noch einmal wunderbare Ausblicke auf das gesamte Val Ferret mit seinen sanften Hügeln und den schroffen Gipfeln im Hintergrund.

Signal Forbes – Der geheime Aussichtspunkt

Abseits der bekannten Routen liegt ein weniger frequentierter, aber nicht minder spektakulärer Aussichtspunkt: das Signal Forbes (2.198 m). Benannt nach dem schottischen Naturforscher James David Forbes, der im 19. Jahrhundert die Gletscher des Mont Blanc erforschte, bietet dieser Gipfel einen exzellenten Blick auf den mächtigen Mer de Glace-Gletscher und die umliegenden Aiguilles.

Der Aufstieg beginnt am Montenvers-Bahnhof (1.913 m), der von Chamonix aus mit der historischen Zahnradbahn erreichbar ist. Diese Bahn, die seit 1909 in Betrieb ist, ist bereits ein Erlebnis für sich – knarrend und ächzend arbeitet sie sich durch dichte Nadelwälder den Berg hinauf. Vom Bahnhof aus folgt man zunächst dem Weg, der zum Mer de Glace hinabführt, zweigt dann aber nach etwa 200 Metern rechts ab auf einen weniger begangenen Pfad.

Der Weg zum Signal Forbes ist nicht übermäßig ausgeschildert, was ihm seinen Charakter als Geheimtipp bewahrt. Ein rotes Dreieck an den Felsen markiert gelegentlich die Route. Nach einer guten Stunde Aufstieg durch Moränenschutt und über felsige Passagen erreicht man den Gipfel, der mit einem einfachen Steinmann markiert ist.

Hier oben offenbart sich ein spektakulärer Rundumblick: Im Osten die Grandes Jorasses mit ihrer markanten Silhouette, im Süden der Mont Blanc selbst, umgeben von seinen Trabanten, und unmittelbar zu Füßen der mächtige Mer de Glace, Frankreichs größter Gletscher. Wie ein gefrorener Fluss windet er sich durch das Tal, durchzogen von bläulich schimmernden Spalten. Man versteht sofort, warum die frühen Alpenforscher diesem Naturwunder den Namen "Meer aus Eis" gegeben haben.

Besonders faszinierend ist der Blick auf die Aiguille du Dru, deren schlanke Felsnadel wie ein gotischer Turm in den Himmel ragt. An ihrer Nordwand schrieben Bergsteiger wie Walter Bonatti und Reinhold Messner Alpingeschichte. Mit einem guten Fernglas lassen sich manchmal winzige Punkte an den Felswänden ausmachen – Kletterer, die sich an den steilen Routen versuchen.

Der Abstieg vom Signal Forbes erfolgt auf demselben Weg zurück zum Montenvers-Bahnhof. Hier lohnt ein Besuch im dortigen Gletschermuseum, das die Geschichte des Mer de Glace und seine dramatische Veränderung durch den Klimawandel dokumentiert. Historische Fotos zeigen eindrücklich, wie weit der Gletscher in den letzten 150 Jahren zurückgegangen ist – an manchen Stellen um mehrere hundert Meter.

Kulinarischer Abschluss dieser Tour kann ein Besuch im Restaurant Terminal Neige sein, das eine Terrasse mit direktem Blick auf den Gletscher bietet. Bei einem Glas lokalem Weißwein lässt sich hier das Erlebte Revue passieren, während die Abendsonne die Gipfel in goldenes Licht taucht.

Praktische Tipps für Panoramawanderungen am Mont Blanc

Auch wenn die vorgestellten Wanderungen als Tagestouren konzipiert sind, sollten sie nicht unterschätzt werden. Die Höhenlage und teils anspruchsvollen Wege erfordern eine gewisse Grundkondition. Festes Schuhwerk ist unerlässlich, ebenso wie wetterfeste Kleidung nach dem Zwiebelprinzip. Das Wetter im Hochgebirge kann schnell umschlagen – selbst im Hochsommer kann es in den Höhenlagen empfindlich kalt werden, besonders wenn Wind aufkommt.

In den Rucksack gehören neben ausreichend Wasser und Proviant unbedingt Sonnenschutz (die UV-Strahlung in der Höhe ist intensiv), eine Kopfbedeckung und eine Sonnenbrille. Eine kleine Erste-Hilfe-Ausrüstung kann im Notfall Gold wert sein. Wanderstöcke entlasten besonders beim Abstieg die Kniegelenke und geben auf rutschigem Untergrund zusätzlichen Halt.

Die meisten der beschriebenen Routen sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. In Chamonix verkehren regelmäßig kostenlose Shuttlebusse zwischen den verschiedenen Talorten und Seilbahnstationen. Mit der "Carte d'Hôte", die Übernachtungsgäste in den meisten Unterkünften erhalten, ist die Nutzung kostenlos. Für die Bergbahnen empfiehlt sich bei längerem Aufenthalt der "Mont Blanc MultiPass", der Vergünstigungen für mehrere Fahrten bietet.

Ein besonderer Tipp für Frühaufsteher: Die ersten Morgenstunden bieten oft die beste Fernsicht, bevor sich im Tagesverlauf Wolken bilden. Zudem sind die Wege dann noch nicht so stark frequentiert. Wer die goldene Morgensonne auf den Gletschern des Mont Blanc erleben möchte, sollte den Wecker entsprechend früh stellen – ein Erlebnis, das die Mühe mehr als aufwiegt.

Für Familien mit Kindern eignen sich besonders die kürzeren Varianten der vorgestellten Touren, etwa der Weg zum Lac Blanc mit Start an der Bergstation La Flégère. Kinder lieben die Tierbeobachtungen und die kleinen Abenteuer am Wegesrand, wie das Überqueren von Gebirgsbächen auf schmalen Holzbrücken. Viele Berghütten haben sich auf junge Gäste eingestellt und bieten kindgerechte Gerichte an.

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