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Abenteuer Triftbrücke: Die spektakulärste Hängebrücke der Alpen

Wo einst Gletschereis den Weg versperrte, spannt sich heute ein schwebendes Stahlseil-Wunder über die Schlucht. Die Triftbrücke fordert von ihren Besuchern mehr als nur festes Schuhwerk.

Schweiz  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Zwischen den zerklüfteten Bergen des Berner Oberlandes, unweit des Sustenpassess, befindet sich ein Bauwerk, das selbst hartgesottene Bergsteiger ehrfürchtig innehalten lässt. Die Triftbrücke erstreckt sich in schwindelerregenden 100 Metern Höhe über eine tiefe Schlucht und bietet einen spektakulären Blick auf den türkisfarbenen Triftsee und die umgebende Hochgebirgslandschaft. Mit ihren 170 Metern Länge zählt sie zu den längsten Fussgänger-Hängebrücken der Alpen – und definitiv zu den eindrucksvollsten.

Die heutige Triftbrücke existiert erst seit 2009. Ihre Entstehungsgeschichte ist eng mit dem Klimawandel verknüpft. Wo früher der massive Triftgletscher eine natürliche Überquerung ermöglichte, klafft heute eine tiefe Schlucht. Als der ursprüngliche Gletscherzugang durch die rapide Schmelze zunehmend gefährlicher wurde, entschied man sich für den Bau einer Hängebrücke. Die erste Version, 2004 errichtet, wurde fünf Jahre später durch die jetzige, stabilere Konstruktion ersetzt, die dem modernen Himalaya-Brückenstil nachempfunden ist. Pfeilerschlank und dennoch robust tänzelt sie zwischen den Felswänden – ein Meisterwerk alpiner Ingenieurskunst.

Der Weg zur Brücke – Eine Wanderung mit Hindernissen

Der Zugang zur Triftbrücke erfordert einen gewissen Aufwand – was nicht zuletzt ihren Reiz ausmacht. Der Ausgangspunkt liegt im Gadmertal bei der Talstation der Triftbahn in Nessental, einem kleinen Weiler in der Gemeinde Innertkirchen im Kanton Bern. Von Meiringen ist dieser Startpunkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Auto gut erreichbar.

Ab hier übernimmt zunächst die Triftbahn das Kommando. Die kleine Luftseilbahn, die ursprünglich für Wartungsarbeiten am Wasserkraftwerk gebaut wurde, befördert mittlerweile überwiegend Wanderer. In einer achtminütigen Fahrt überwindet sie rund 500 Höhenmeter – bereits hier offenbart sich ein atemberaubender Blick auf die umliegenden Berge und ins Tal. Die Bahn verkehrt in der Wandersaison von Juni bis Oktober, abhängig von Wetter und Schneelage. Platz bietet die Gondel für acht Personen; in der Hochsaison muss man daher mit Wartezeiten rechnen. Der Drahtseilakt kostet zwar etwas, erspart aber einen steilen und mühsamen Aufstieg.

Von der Bergstation bei der Trifthütte beginnt der eigentliche Wanderweg. Knapp eineinhalb Stunden dauert der Aufstieg zur Brücke. Der Weg ist gut markiert, aber steil und erfordert Trittsicherheit. Anfangs führt er durch lichten Wald, später dominieren Geröllfelder und alpine Wiesen das Bild. Zwischendurch gibt's immer wieder Gelegenheit zum Verschnaufen – und zum Bestaunen der umgebenden Bergriesen. Nach einer scharfen Rechtskurve taucht sie plötzlich auf: die Triftbrücke, eingebettet zwischen schroffen Felswänden, mit dem gleißenden Triftsee im Hintergrund. Ein Anblick, der unter die Haut geht.

Über dem Abgrund – Die Brückenüberquerung

Der Moment der Wahrheit naht. Die Triftbrücke wirkt aus der Entfernung zerbrechlich, fast wie ein dünner Faden, der sich über die Schlucht spannt. Beim Näherkommen werden dann die massiven Stahlseile und der solide Holzboden erkennbar – beruhigend für jeden, der bereits kalte Füße bekommen hat. Die Brücke ist ein sogenannter Nepalsteg, benannt nach der traditionellen Bauweise tibetischer Hängebrücken im Himalaya.

Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen – die Brücke ist mit engmaschigen Netzen an beiden Seiten versehen – bleibt die Überquerung ein Nervenkitzel. Mit jedem Schritt gerät das Bauwerk in leichte Schwingungen. Manche Besucher klammern sich mit weißen Knöcheln am Geländer fest, andere genießen den Adrenalinstoß und halten ihre Kameras für den perfekten Schnappschuss bereit. Ein bisschen zittrig in den Knien sind am Ende meist alle.

In der Mitte der Brücke, umgeben von nichts als Luft, eröffnet sich der spektakulärste Blick. Tief unten glitzert türkisfarben der Triftsee, gespeist vom schmelzenden Gletschereis. Dahinter thront der Triftgletscher, dessen Abschmelzen überhaupt erst den Brückenbau nötig machte. Wasser, Fels und Eis vereinen sich zu einem Hochgebirgspanorama der Extraklasse. Wer die Nerven behält, sollte hier unbedingt innehalten und die Szenerie auf sich wirken lassen – eine solche Perspektive bietet sich selten.

Jenseits der Brücke – Weitere Erkundungsmöglichkeiten

Die Brückenüberquerung selbst ist nur ein Teil des möglichen Ausflugs. Jenseits der Schlucht öffnet sich das Triftgebiet mit verschiedenen Touroptionen. Der einfachste Weg führt direkt zum Ufer des Triftsees, wo sich herrliche Picknickplätze anbieten. Das milchig-türkisfarbene Wasser – typisch für Gletscherseen – wirkt besonders bei Sonnenschein geradezu unwirklich. Ein kühles Bad sollte man sich allerdings verkneifen – die Wassertemperaturen liegen selbst im Hochsommer kaum über dem Gefrierpunkt.

Wer genügend Kondition und alpine Erfahrung mitbringt, kann von hier aus weiter zur Trifthütte des Schweizer Alpenclubs (SAC) aufsteigen. Die Hütte liegt auf 2'520 Metern Höhe und bietet Übernachtungsmöglichkeiten für Bergsteiger. Der Weg dorthin ist allerdings anspruchsvoll und erfordert zusätzliche zwei bis drei Stunden Aufstieg. Die Belohnung: ein noch umfassenderer Blick auf die Gletscherwelt und die Möglichkeit, den Sonnenuntergang in grandioser Kulisse zu erleben. Morgens um sechs, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Eisfelder zum Leuchten bringen, zeigt sich die Bergwelt von ihrer märchenhaften Seite.

Für geübte Alpinisten bietet das Gebiet noch weitaus mehr Möglichkeiten. Das Trifthorn (3'728 m) und andere umliegende Gipfel sind beliebte Ziele. Solche Touren sollten jedoch nur mit entsprechender Ausrüstung und idealerweise mit Bergführer unternommen werden – die Hochgebirgswelt hat ihre eigenen Gesetze und fordert Respekt.

Praktische Informationen und nützliche Tipps

Die Wandersaison zur Triftbrücke erstreckt sich in der Regel von Ende Juni bis Mitte Oktober. Schneereste können den Weg allerdings auch im Frühsommer noch erschweren, während im Herbst plötzliche Wetterumschwünge zu beachten sind. Im Hochsommer – besonders an Wochenenden – kann es recht voll werden. Wer die Brücke in Ruhe genießen möchte, sollte einen Wochentag wählen oder früh am Morgen starten.

Die Triftbahn verkehrt bei gutem Wetter täglich zwischen 8:00 und 16:30 Uhr. Letzte Bergfahrt ist meist um 16:00 Uhr, letzte Talfahrt um 16:30 Uhr. Vorgängige Reservierungen für die Bahn sind besonders in der Hauptsaison ratsam. Die Fahrt kostet für Erwachsene rund 32 CHF für Hin- und Rückfahrt. Es besteht auch die Möglichkeit, nur bergauf zu fahren und den Rückweg zu Fuß anzutreten – was allerdings einen sehr langen und anstrengenden Abstieg bedeutet.

Für die gesamte Tour sollte man mindestens einen halben Tag einplanen. Mit An- und Abreise, Wartezeiten an der Bahn, der Wanderung zur Brücke und zurück sowie genügend Zeit zum Verweilen und Fotografieren sind sechs bis acht Stunden realistisch. Die reine Gehzeit (ohne Pausen) beträgt von der Bergstation bis zur Brücke und zurück etwa drei Stunden.

Vorbereitung und Ausrüstung

Die Wanderung zur Triftbrücke mag keine Hochgebirgstour sein, dennoch sollte die Ausrüstung der alpinen Umgebung angepasst sein. Absolut unverzichtbar sind feste Wanderschuhe mit gutem Profil – auf den teilweise steilen und bei Nässe rutschigen Wegen wären Turnschuhe fehl am Platz. Funktionskleidung nach dem Zwiebelprinzip ist ebenfalls ratsam, denn selbst an sonnigen Sommertagen kann es in dieser Höhe empfindlich kühl werden. Eine winddichte Jacke und ein Pullover gehören daher auch bei schönstem Wetter in den Rucksack.

Sonnenschutz ist ein weiteres Muss – die UV-Strahlung nimmt mit der Höhe zu, und der Gletscher verstärkt die Reflexion zusätzlich. Eine Sonnenbrille schützt nicht nur vor der Blendung, sondern erleichtert auch den Blick auf die grandiose Landschaft. Kopfbedeckung und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor sollten ebenfalls nicht fehlen. Das Wetter in den Bergen kann schnell umschlagen; ein Blick auf die aktuelle Vorhersage vor dem Start erspart unangenehme Überraschungen.

Zum Thema Verpflegung: Unterwegs gibt es keine Einkehrmöglichkeiten. Bei der Talstation befindet sich ein kleines Restaurant, und auch die Trifthütte bietet Verpflegung – allerdings erst nach einem mehrstündigen Zusatzaufstieg jenseits der Brücke. Es empfiehlt sich daher, ausreichend Proviant und vor allem genügend Getränke mitzunehmen. Trinkwasser kann unterwegs zwar an einigen Bächen nachgefüllt werden, aber nicht überall ist das Wasser bedenkenlos trinkbar.

Die Herausforderung der Höhenangst

Höhenangst ist bei dieser Tour ein Thema, das nicht verschwiegen werden sollte. Die Triftbrücke schwebt in gut 100 Metern über der Schlucht. Menschen mit ausgeprägter Höhenangst werden die Überquerung als echte Herausforderung empfinden. Die gute Nachricht: Die Brücke ist absolut sicher konstruiert, mit soliden Geländern und engmaschigen Seitennetzen, die ein Durchrutschen unmöglich machen. Zudem ist sie breit genug, dass man auch in der Mitte gehen und so Abstand zu den Rändern halten kann.

Viele Besucher mit leichter Höhenangst berichten, dass sie die Überquerung trotz anfänglicher Bedenken geschafft haben. Hilfreich kann sein, den Blick auf die gegenüberliegende Seite zu richten statt nach unten zu schauen. Auch das Festhalten am Geländer gibt Sicherheit. Im Zweifelsfall sollte man sich allerdings nicht überfordern – der Blick von einem der Aussichtspunkte vor der Brücke bietet ebenfalls ein großartiges Panorama.

Bei starkem Wind kann die Brücke leicht schwanken, was das Erlebnis zusätzlich intensiviert. Die Konstruktion ist für solche Belastungen ausgelegt, dennoch wird die Brücke bei extremen Wetterbedingungen gesperrt. In der Hochsaison können zudem andere Wanderer für zusätzliche Bewegungen sorgen – wer empfindlich reagiert, sollte versuchen, die Brücke in einem ruhigen Moment zu überqueren.

Die Triftbrücke im Wandel der Jahreszeiten

Die Triftregion verändert ihr Gesicht im Laufe des Jahres erheblich. Im Frühsommer, wenn die Schneeschmelze auf Hochtouren läuft, präsentiert sich der Triftsee in seiner intensivsten Färbung, und zahlreiche Wasserfälle stürzen die Felswände hinab. Der Gletscher zeigt sich noch mit einer zusammenhängenden Schneedecke, und auf den Alpwiesen blühen die ersten Blumen.

Der Hochsommer bringt gewöhnlich die stabilsten Wetterbedingungen und die beste Begehbarkeit der Wege. Allerdings ist dies auch die Zeit des größten Besucherandrangs. Der Spätsommer und Frühherbst haben ihren eigenen Reiz: Die Touristenströme ebben ab, das Licht wird weicher, und die alpinen Wiesen färben sich golden und rostrot. Bei klarer Herbstluft reicht die Sicht besonders weit.

Im Winter ist die Region nicht zugänglich – die Triftbahn stellt ihren Betrieb ein, und die Wege verschwinden unter meterhohem Schnee. Die Brücke selbst wird teilweise abgebaut, um sie vor den extremen Winterbedingungen zu schützen. Die Wiedereröffnung im Frühsommer, meist Ende Juni, hängt stark von der Schneelage und den Temperaturen ab. Informationen über den aktuellen Zustand der Wege und die Betriebszeiten der Bahn findet man auf der Website der Gemeinde Innertkirchen oder des örtlichen Tourismusbüros.

Nachhaltiger Tourismus und Umweltschutz

Die Triftbrücke ist nicht nur ein beeindruckendes Bauwerk, sondern auch ein Symbol für den Klimawandel. Wo früher massive Eismassen den Weg versperrten, klafft heute eine Lücke, die nur mit technischen Mitteln überbrückt werden kann. Der Triftgletscher hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch zurückgezogen – ein Prozess, der sich in ähnlicher Form an vielen Alpengletschern beobachten lässt.

Die lokalen Behörden bemühen sich um einen nachhaltigen Umgang mit dem wachsenden Tourismus in der Region. Die Zahl der täglichen Besucher wird durch die begrenzte Kapazität der Triftbahn natürlich reguliert. Zudem gibt es klare Regeln für das Verhalten im Schutzgebiet: Abfälle müssen wieder mit ins Tal genommen werden, das Verlassen der markierten Wege ist tabu, und Camping ist nur an ausgewiesenen Stellen erlaubt.

Die Anreise zur Triftbrücke ist übrigens auch ohne Auto möglich. Mit der Bahn erreicht man Meiringen, von dort verkehren Busse nach Innertkirchen und weiter nach Nessental zur Talstation. In der Hochsaison fahren zusätzliche Shuttlebusse. Diese umweltfreundliche Anreiseoption entlastet nicht nur die begrenzten Parkflächen vor Ort, sondern trägt auch zum Schutz der sensiblen Alpenregion bei.

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