Während oben die markanten Gipfel des Berchtesgadener Lands in den Himmel ragen, erstreckt sich unter der Oberfläche eine nicht minder beeindruckende Welt. Das Salzbergwerk Berchtesgaden, eines der ältesten noch aktiven Bergwerke Deutschlands, birgt einen Schatz, der die Region seit über 500 Jahren prägt: weißes Gold, wie das Salz früher ehrfürchtig genannt wurde. Die Förderung begann hier nachweislich im Jahr 1517, wobei die ersten Suchstollen vermutlich schon deutlich früher in den Berg getrieben wurden.
Der Eingang zum Bergwerk liegt am Fuß des Obersalzbergs, unweit vom Ortskern Berchtesgadens. Schon von außen fällt der stattliche Bau mit seiner charakteristischen Architektur ins Auge – ein Hinweis auf die historische Bedeutung des Salzabbaus für die gesamte Region. Drinnen wartet eine unterirdische Landschaft, die mit ihren schimmernden Salzwänden, geheimnisvollen Stollen und überraschenden Hohlräumen selbst erfahrene Höhlenforscher in Staunen versetzt.
Das Besondere am Berchtesgadener Salzbergwerk: Es hat sich vom reinen Industriestandort zu einem familienfreundlichen Erlebnisort gewandelt, ohne dabei seine authentische Atmosphäre einzubüßen. Der Besuch vermittelt nicht nur einen Eindruck davon, unter welch harten Bedingungen die Bergleute früher arbeiteten, sondern macht die Faszination des Salzabbaus auch für die Kleinsten greifbar – und das ganz ohne belehrenden Zeigefinger.
Mit der Grubenbahn in die Tiefe
Der Ausflug ins Reich des Salzes beginnt mit einem Ritual, das schon Generationen von Besuchern durchlaufen haben: Alle schlüpfen in weiße Schutzanzüge, die über der normalen Kleidung getragen werden. Die Overalls sind nicht nur praktisch, weil sie vor dem allgegenwärtigen Salzstaub schützen, sondern schaffen auch sofort ein Gemeinschaftsgefühl unter den Besuchern. Kinder finden's meistens urkomisch, wenn Mama und Papa plötzlich wie Bergwerksgespenster aussehen.
So ausgestattet geht's zum ersten Höhepunkt der Tour – der Fahrt mit der Grubenbahn. Die kleinen Waggons, eng und spartanisch eingerichtet, werden von einer elektrischen Lok gezogen. Früher war das natürlich anders; da mussten die Bergleute die schweren Wagen mit reiner Muskelkraft bewegen. Mit einem lauten Quietschen setzt sich die Bahn in Bewegung und verschwindet im dunklen Schlund des Berges. Die Stimmung kippt für einen Moment ins Unheimliche – selbst die sonst so quirligen Kinder werden mucksmäuschenstill.
Rund 600 Meter tief führt die Bahnfahrt in den Berg hinein, vorbei an massiven Salzwänden, deren Kristalle im Lampenlicht funkeln wie winzige Diamanten. Der kühle Luftzug trägt einen leicht salzigen Geruch mit sich. Die feuchte Bergwerksluft ist eine Wohltat für die Atemwege – kein Wunder, dass im Bergwerk auch ein Heilstollen betrieben wird, in dem Menschen mit Atemwegserkrankungen Linderung finden.
Nach etwa fünf Minuten hält die Bahn an einer unterirdischen Station. Der eigentliche Rundgang beginnt, und hier zeigt sich, wie durchdacht die Führung für Familien konzipiert ist: Die Wegstrecke ist auch für kleine Beine gut zu bewältigen, die Erklärungen der Guides sind kindgerecht ohne simplifizierend zu wirken, und immer wieder sorgen spielerische Elemente dafür, dass keine Langeweile aufkommt.
Rutschen wie die Bergleute
Nach einem kurzen Fußmarsch durch schmale Stollen, in denen früher tatsächlich Bergleute mit Pickel und Schaufel dem Salz zu Leibe rückten, wartet schon das nächste Highlight – und für viele Kinder der absolute Höhepunkt des Besuchs: die hölzernen Bergmannsrutschen. Das Prinzip ist denkbar einfach: Auf polierten Holzbohlen rutscht man im Sitzen mehrere Meter in die Tiefe. Eine Technik, die früher keineswegs dem Vergnügen diente, sondern den Bergleuten als schnelle Fortbewegungsmethode zwischen verschiedenen Abbauebenen diente.
Die erste dieser Rutschen führt 34 Meter tief hinab ins sogenannte Kaiser-Franz-Sinkwerk. Mit lautem Gejohle schießen die Kinder die Holzbahn hinunter – aber auch die Erwachsenen haben sichtlich Spaß. Selbst hartgesottene Väter, die sich zunächst zieren, lassen sich meist doch noch überreden. Die zweite Rutsche folgt bald darauf und führt mit 40 Metern Länge noch tiefer in den Berg hinein.
Die Rutschen sind absolut sicher angelegt, dennoch sorgt die Geschwindigkeit kombiniert mit der ungewohnten Umgebung für einen ordentlichen Adrenalinschub. Manch kleiner Besucher wirkt danach richtig aufgekratzt – eine Mischung aus Stolz und Aufregung, die sich in leuchtenden Augen und nicht enden wollendem Gekicher äußert. Für besonders vorsichtige Gemüter existiert übrigens immer auch ein alternativer Weg über Treppen, doch diese Option wird erstaunlich selten gewählt.
Über den geheimnisvollen Spiegelsee
Nach dem aufregenden Rutscherlebnis folgt ein Moment der Stille und des Staunens: Der unterirdische Spiegelsee öffnet sich vor den Besuchern wie eine surreale Filmkulisse. In der glatt wie Glas daliegenden Salzlake spiegeln sich die Decke und die Beleuchtung des Raumes so perfekt, dass man für einen Moment die Orientierung verliert – wo ist oben, wo unten? Kinderaugen werden hier tellergroß.
Die Überquerung des Sees erfolgt auf einem hölzernen Floß, das mit Hilfe eines Seils von einem Bergwerksführer in historischer Tracht über das Wasser gezogen wird. Langsam gleitet das Floß durch die Dunkelheit, nur das leise Plätschern des Wassers und gelegentlich ein ehrfürchtiges "Boah!" der kleinen Passagiere ist zu hören. Die Akustik im Salzdom verstärkt jeden Laut, lässt ihn geheimnisvoll hallen.
Während der Überfahrt erklärt der Guide, dass solche unterirdischen Salzwasserseen für den Abbau unverzichtbar waren. Die Methode des "Aussolens" – das Auflösen des Salzes in Wasser und späteres Eindampfen der so gewonnenen Sole – revolutionierte den Salzbergbau. Selbst für Kinder, die sonst bei Erklärungen schnell abschalten, ist dieser Prozess hier, mitten auf dem See schwebend, nachvollziehbar und faszinierend.
Am jenseitigen Ufer angekommen, fällt der Blick sofort auf einen besonders imposanten Salzblock. Fast einen Meter hoch und beinahe durchsichtig steht er da wie ein vergessenes Relikt aus der Eiszeit. "Darf man den lecken?", fragt garantiert mindestens ein Kind pro Gruppe – und die Antwort ist tatsächlich ja. Das Salz hier unten ist so rein, dass man es bedenkenlos probieren kann. Die Gesichter der Kinder, wenn sie zum ersten Mal bewusst reines Bergsalz schmecken, schwanken zwischen Überraschung und skeptischem Naserümpfen.
Zeitreise im magischen Salzraum
Ein absoluter Höhepunkt der Tour ist der Besuch des magischen Salzraums. In einem größeren Hohlraum, dessen Wände im Lampenlicht geheimnisvoll schimmern, werden die Besucher Zeugen einer multimedialen Inszenierung, die die Geschichte des Salzabbaus auf eindrucksvolle Weise dokumentiert. Eine geschickte Mischung aus Lichteffekten, Projektionen und Klangkulissen lässt die Vergangenheit lebendig werden.
Hier erfahren die Besucher mehr über die enorme Bedeutung des "weißen Goldes" für die Region. Salz war über Jahrhunderte hinweg ein kostbares Gut, das den Wohlstand ganzer Landstriche begründete. Die Salzstraßen, auf denen das wertvolle Mineral transportiert wurde, zählen zu den ältesten Handelsrouten Europas. Für die Kinder wird hier Geschichte greifbar – sie können nachvollziehen, warum das unscheinbare weiße Pulver, das heute in jeder Küche steht, früher mit Gold aufgewogen wurde.
Besonders beeindruckend: An einer Stelle der Vorführung scheinen die massiven Salzwände buchstäblich zu schmelzen, während die Stimme eines alten Bergmanns von den Mühen des Abbaus berichtet. Die Illusion ist so perfekt, dass mancher Besucher unwillkürlich einen Schritt zurückweicht. Die Kids finden's natürlich großartig – "wie im Kino, nur echt".
Technische Wunderwerke unter Tage
Die Tour führt weiter zu einem besonderen technischen Denkmal: der berühmten Reichenbachpumpe. Dieses Monstrum aus Bronze, stolze 14 Tonnen schwer, stellt selbst im Zeitalter von Smartphones und Raumsonden noch ein beeindruckendes Stück Ingenieurskunst dar. Über 110 Jahre lang – eine für technische Geräte schier unglaubliche Zeitspanne – lief diese Pumpe ohne nennenswerte Störung und beförderte die Sole aus den Tiefen des Berges ans Tageslicht.
Die Kinder dürfen hier an einem Modell selbst Hand anlegen und erfahren dabei, wie schwer es ist, Wasser gegen die Schwerkraft zu bewegen. Die Erklärungen zur Funktionsweise sind kindgerecht aufbereitet, ohne die technischen Details zu sehr zu vereinfachen. Besonders technikaffine Kinder haben hier ihre helle Freude und bombardieren den Guide nicht selten mit Detailfragen.
In diesem Teil des Bergwerks wird besonders deutlich, dass es sich nicht um eine künstlich angelegte Touristenattraktion handelt, sondern um ein echtes, historisches Industriedenkmal. Die Luft riecht nach Metall und Öl, von den Wänden tropft stellenweise Wasser, und in den Ecken hängen dicke Salzstalagmiten herab – Spuren jahrhundertelanger industrieller Nutzung.
Praktisches für den Familienausflug ins Salzreich
Die gesamte Führung dauert etwa eine Stunde – eine Zeitspanne, die auch für unruhigere Kinder gut zu bewältigen ist. Im Bergwerk herrscht ganzjährig eine konstante Temperatur von etwa 12 Grad Celsius, daher ist auch im Hochsommer eine leichte Jacke empfehlenswert. Die bereitgestellten Overalls bieten zwar etwas Wärme, aber darunter sollte man nicht allzu luftig gekleidet sein.
Fotografieren ist während der Tour erlaubt, allerdings nur ohne Blitz. Die Lichtverhältnisse sind eine Herausforderung für Handykameras, aber gerade das verleiht den Bildern oft eine besondere Atmosphäre. An bestimmten Stationen gibt es extra Fotopunkte, wo ein Bergmann in historischer Tracht auf Wunsch Gruppenfotos schießt – kitschig, aber bei Familien dennoch beliebt.
Eine wichtige Info für Eltern mit Kleinkindern: Kinderwägen können nicht mit ins Bergwerk genommen werden. Für Kinder unter drei Jahren ist der Besuch ohnehin nur bedingt zu empfehlen, da die Umgebung doch recht ungewohnt ist und die kleinen Ohren auf den Druckausgleich in den tieferen Bereichen empfindlich reagieren können. Für alle anderen Altersgruppen ist das Abenteuer aber bestens geeignet.
Die Tickets für das Salzbergwerk gibt's an der Tageskasse, bei größerem Andrang kann es jedoch zu Wartezeiten kommen. Schlauer ist der Kauf im Voraus über die Website des Bergwerks – so hat man eine feste Einlasszeit und kann den Tag besser planen. In der Hauptsaison empfiehlt sich diese Variante dringend, da die beliebten Vormittagstouren schnell ausgebucht sind.
Mehr als nur ein Bergwerk – das Gesamterlebnis
Der Besuch des Salzbergwerks lässt sich hervorragend mit anderen Aktivitäten in der Region verbinden. Direkt am Bergwerk beginnt der etwa 30-minütige SalzErlebnisPfad, der zusätzliche Informationen über den Salzabbau bietet und mit fantastischen Ausblicken auf die Berchtesgadener Bergwelt belohnt. Hier können sich die Kinder nach der geführten Tour auch wieder richtig austoben.
Sinnvoll sind auch die angebotenen Kombitickets, die den Besuch des Salzbergwerks mit anderen Attraktionen wie der Jennerbahn oder der Alten Saline in Bad Reichenhall verbinden. Besonders die Alte Saline ist als thematische Fortsetzung interessant, da dort zu sehen ist, wie aus der im Bergwerk gewonnenen Sole das fertige Salz hergestellt wurde.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings: Die Gastronomie am Bergwerk selbst ist eher funktional als gemütlich. Wer nach dem Besuch richtig einkehren möchte, sollte entweder in den Ortskern von Berchtesgaden fahren oder eine der zahlreichen Almhütten in der Umgebung ansteuern. Dort schmeckt die deftige bayerische Brotzeit nach dem unterirdischen Abenteuer gleich doppelt so gut.
Heilsame Nebenwirkungen: Der Salzheilstollen
Eine Besonderheit des Berchtesgadener Salzbergwerks, die vor allem für Familien mit gesundheitlichen Herausforderungen interessant sein könnte, ist der Salzheilstollen. Die salzhaltige, allergenarme Luft mit ihrer konstanten Temperatur und Luftfeuchtigkeit wirkt wohltuend auf die Atemwege und kann bei Beschwerden wie Asthma, Bronchitis oder Allergien unterstützend wirken.
In speziellen Sitzungen – getrennt vom normalen Touristenbetrieb – können Besucher im Heilstollen entspannen und die gesundheitsfördernde Wirkung der Bergwerksluft genießen. Bequeme Liegen, sanfte Musik und gedämpftes Licht schaffen eine angenehme Atmosphäre. Für Kinder mit Atemwegsproblemen kann dies eine willkommene Alternative zu herkömmlichen Therapien darstellen.
Die heilsame Wirkung der Salzluft ist übrigens kein modernes Marketingmärchen, sondern wurde bereits im 19. Jahrhundert von Ärzten beschrieben. Damals fiel auf, dass Bergleute trotz der harten Arbeitsbedingungen auffallend selten an Lungenkrankheiten litten – ein Phänomen, das man schließlich auf die salzhaltige Luft zurückführte.