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Auf Schneeschuhen durch die Stille: Winterwandern im Bregenzerwald

Die verträumten Täler des Bregenzerwalds verwandeln sich im Winter in ein schneebedecktes Rückzugsgebiet für Genießer der Stille. Zwischen verschneiten Wäldern und sanften Hügeln warten Pfade, die kein Pistenrummel kennt.

Österreich  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Frostige Morgenluft kriecht in die Lungen, während die ersten Sonnenstrahlen die schneebedeckten Gipfel des Bregenzerwalds vergolden. Die Landschaft liegt still und unberührt da – nur das rhythmische Knirschen der Schneeschuhe durchbricht die Winterruhe. Der Bregenzerwald im österreichischen Vorarlberg versteht sich als Rückzugsort für all jene, die dem hektischen Treiben der überfüllten Skipisten entfliehen möchten. In diesem waldreichen Gebiet zwischen Bodensee und Arlberg verbirgt sich ein Winterparadies für Schneeschuhwanderer.

Der Bregenzerwald erstreckt sich über unterschiedliche Höhenlagen, was ihn besonders vielseitig für Schneeschuhwanderungen macht. Im vorderen Bregenzerwald um Alberschwende und Egg finden sich sanftere Hügel und gemütliche Waldwege, die ideal für Einsteiger sind. Die schneebedeckten Wiesen und lichten Wälder bieten leichte Routen mit überraschenden Panoramaausblicken auf die Gipfelkette der Vorarlberger Alpen.

Der hintere Bregenzerwald rund um Schoppernau, Au und Damüls hingegen zeigt sich von seiner alpineren Seite. Das Gebiet um den Diedamskopf (2090 m) und die Region des Hochtannbergpasses präsentieren sich als herausforderndes Terrain für ambitionierte Schneeschuhgeher. Charakteristisch für die Landschaft sind die weiten Almflächen, die im Winter unter einer dicken Schneedecke ruhen und perfekte Voraussetzungen für ausgedehnte Schneeschuhtouren bieten. Die Höhenunterschiede im gesamten Bregenzerwald variieren zwischen 650 und 2000 Metern – für jeden Anspruch findet sich die passende Tour.

Besonders reizvoll: Die traditionelle Streusiedlungsbauweise des Bregenzerwalds. Einzelne Höfe, teils jahrhundertealt, verteilen sich über die verschneiten Hänge und geben der Landschaft ihren charakteristischen Reiz. Die Kombination aus natürlicher Weite und kulturellen Tupfern macht das Schneeschuhwandern hier zu einem Erlebnis für alle Sinne.

Abseits der Massen – Die schönsten Schneeschuhrouten

Im vorderen Bregenzerwald führt eine besonders lohnende Tour vom kleinen Dorf Sibratsgfäll über verschneite Almwege zur Alpe Fanola. Die etwa dreistündige Rundtour überwindet 350 Höhenmeter und eröffnet immer wieder Blicke auf die imposante Winterlandschaft des Bregenzerwalds. Unterwegs passierst du alte Almhütten, deren Holz von jahrzehntelangem Gebrauch tiefbraun gefärbt ist. Ein Stück weiter nördlich lockt die Route von Andelsbuch zur Niedere – ein beliebter Berg bei Einheimischen, der erstaunlicherweise kaum von Touristen frequentiert wird. Der breit angelegte Winterwanderweg schlängelt sich zunächst durch dunkle Nadelwälder, bis er schließlich die Waldgrenze überschreitet und einen atemberaubenden Blick auf den Bodensee gewährt.

Im hinteren Bregenzerwald wartet eine der eindrucksvollsten Schneeschuhwanderungen rund um das Dörfchen Schröcken. Von hier führt der Weg zur Hochtannbergkapelle und weiter zur Körbersee-Alpe. Die Tour verläuft abseits markierter Loipen, weshalb ein ortskundiger Führer ratsam ist. Belohnt wird die Mühe mit einer nahezu unberührten Winterlandschaft und einem Panoramablick, der bis zum Großen Walsertal reicht. Die Schneeschuhtour zum Bödele bietet derweil perfekte Bedingungen für Anfänger. Von der Bergstation aus führt ein gut markierter Weg durch verschneite Wälder, dabei kann man gelegentlich Spuren von Füchsen und Rehen entdecken – für Naturbeobachter ein wahres Vergnügen.

Wer es anspruchsvoller mag, steuert die Region um den Diedamskopf an. Die Tour vom Dorf Au zum Gipfel ist zwar herausfordernd, doch die Aussicht von oben entschädigt für jede Schweißperle. An klaren Tagen reicht der Blick vom Bodensee bis zu den Gipfeln der Silvretta. Kein Wunder, dass Bergführer diese Route als „Balkon des Bregenzerwalds" bezeichnen. Im Aufstieg knackt's unter den Schneeschuhen, während die stille Winterlandschaft ihre ganze Pracht entfaltet.

Naturpark Nagelfluhkette – Geführte Touren im Grenzgebiet

Ein besonderes Juwel für Schneeschuhwanderer ist der grenzüberschreitende Naturpark Nagelfluhkette. Benannt nach dem charakteristischen Konglomeratgestein, das die Berge formt, erstreckt sich der Park über Teile des Bregenzerwalds und des deutschen Allgäus. Die geführten Schneeschuhtouren im Naturpark sind ein Volltreffer für alle, die mehr über die winterliche Flora und Fauna erfahren möchten.

Jeden Dienstag und Donnerstag starten zertifizierte Naturparkführer mit kleinen Gruppen zu Erkundungstouren durch die verschneite Landschaft. Die Routen werden je nach Schneelage und Gruppenzusammensetzung ausgewählt. Ein besonderes Highlight ist die Tour „Winterstille erleben", bei der bewusst Ruhezonen der Wildtiere umgangen werden, während die Teilnehmer lernen, Tierspuren im Schnee zu lesen. Faszinierend dabei: Selbst im tiefsten Winter pulsiert unter der weißen Decke verborgenes Leben.

Der Naturpark bietet zudem regelmäßig Vollmondwanderungen an – ein magisches Erlebnis, wenn der Mondschein die Schneelandschaft in ein silbriges Licht taucht und die Stille der Nacht fast greifbar wird. Die Touren starten meist in Sibratsgfäll oder Hittisau und dauern etwa drei Stunden. Eine vorherige Anmeldung ist unbedingt erforderlich, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist. Für Familien gibt es spezielle kinderfreundliche Schneeschuhwanderungen, bei denen spielerisch Wissen über den Winterwald vermittelt wird.

Ausrüstung kann bei den Naturparkführern gegen eine geringe Gebühr ausgeliehen werden – praktisch für Gäste, die das Schneeschuhwandern erst einmal ausprobieren möchten, bevor sie in eigene Ausrüstung investieren.

Einkehren und Aufwärmen – Hüttenkultur im Bregenzerwald

Nach stundenlangem Stapfen durch den Tiefschnee schreit der Körper förmlich nach einer Pause. Die Hüttenkultur im Bregenzerwald hat eine lange Tradition und ist eng mit der Almwirtschaft verbunden. Viele der Hütten haben ihre Wurzeln im 18. oder 19. Jahrhundert, als sie als Sommerunterkünfte für Hirten dienten. Heute sind etliche von ihnen auch im Winter geöffnet und bieten Schneeschuhwanderern einen gemütlichen Unterschlupf.

Die Alpe Obere Falz oberhalb von Schwarzenberg ist so ein Kleinod. Der niedrige Gastraum mit dunklen Holzbalken, deren Maserung Geschichten aus vergangenen Jahrhunderten erzählt, empfängt Wanderer mit wohligem Kaminfeuer. Die Speisekarte ist überschaubar, aber was auf den Tisch kommt, stammt größtenteils aus der Region: Bregenzerwälder Bergkäse mit Kräuterbutter, deftige Käsespätzle oder eine wärmende Gerstensuppe. In der Stube riecht es nach Holzfeuer und frischem Brot – ein sinnlicher Kontrast zur kühlen Klarheit draußen.

Die Alpe Lank bei Damüls besticht durch ihre exponierte Lage auf 1560 Metern. Nach einer ausgiebigen Schneeschuhtour durch das Gebiet um den Hohen Ifen ist die Einkehr hier besonders lohnend. Die Terrasse bietet bei Sonnenschein einen grandiosen Ausblick auf die umliegende Bergwelt. Probieren sollte man unbedingt den hausgemachten Holunderpunsch – eine regionale Spezialität, die von innen wärmt.

Für Schneeschuhwanderer, die es besonders authentisch mögen, ist die Alpe Untere Falz ein Geheimtipp. Hier wird noch auf offenem Feuer gekocht, und elektrisches Licht sucht man vergebens. Stattdessen flackern Kerzen auf den rustikalen Holztischen, während der Hüttenwirt Geschichten aus dem Bregenzerwald zum Besten gibt. Die Hütte ist nur donnerstags bis sonntags geöffnet und eine Reservierung wird dringend empfohlen – die wenigen Plätze sind heiß begehrt.

Praktisches für die Planung – Ausrüstung, Anreise und Unterkunft

Wer im Bregenzerwald auf Schneeschuhen unterwegs sein möchte, benötigt neben den namensgebenden Hilfsmitteln auch die richtige Bekleidung. Das Zwiebelprinzip hat sich bewährt: Mehrere dünne Schichten übereinander halten besser warm als eine dicke. Wasserfeste Wanderschuhe sind Pflicht, denn herkömmliche Winterstiefel bieten in Kombination mit Schneeschuhen oft nicht genügend Halt. Stöcke mit großen Tellern geben zusätzliche Stabilität im tiefen Schnee. Sonnenschutz nicht vergessen – die Reflexion des Schnees verstärkt die UV-Strahlung erheblich.

Schneeschuhe und Stöcke können in nahezu allen größeren Orten des Bregenzerwalds in Sportgeschäften ausgeliehen werden. Ein Set aus Schneeschuhen und Stöcken kostet etwa 20 Euro pro Tag, bei mehrtägiger Ausleihe gibt es oft Rabatt.

Die Anreise in den Bregenzerwald gestaltet sich unkompliziert. Mit dem Auto führt die Route von Deutschland über Lindau und den Pfändertunnel nach Bregenz und weiter ins Bregenzerwaldgebiet. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man zunächst den Bahnhof Bregenz oder Dornbirn. Von dort verkehren regelmäßig Busse der Linie 55 in verschiedene Orte des Bregenzerwalds. Der "Winterwander-Bus" verbindet während der Saison zudem die wichtigsten Ausgangspunkte für Schneeschuhtouren.

Bei der Wahl der Unterkunft bietet der Bregenzerwald Optionen für jeden Geschmack und Geldbeutel. In den größeren Orten wie Bezau oder Egg finden sich moderne Hotels mit Wellnessbereichen – ideal nach einem anstrengenden Tag im Schnee. Traditioneller übernachtet es sich in einem der zahlreichen Gasthöfe, die oft seit Generationen in Familienbesitz sind und authentische Bregenzerwälder Gastlichkeit vermitteln. Das "Gasthof Adler" in Schwarzenberg beispielsweise kombiniert historisches Ambiente mit zeitgemäßem Komfort. Wer es besonders urig mag, bucht eines der renovierten Bauernhäuser, die als Ferienwohnungen vermietet werden. Hier erlebt man hautnah, wie die Menschen im Bregenzerwald traditionell lebten – nur mit deutlich mehr Annehmlichkeiten.

Vier Jahreszeiten für Schneeschuhwanderer – Wann ist die beste Reisezeit?

Der Winter im Bregenzerwald erstreckt sich typischerweise von Dezember bis März, wobei die Schneetage jedes Jahr variieren. Für Schneeschuhwanderer gilt der Januar als optimaler Monat: Die Tage werden bereits merklich länger, gleichzeitig sorgen stabile Hochdruckwetterlagen oft für klare, kalte Tage mit bester Fernsicht. Die Schneehöhen erreichen in den höheren Lagen zwischen 1400 und 2000 Metern durchschnittlich zwei bis drei Meter – perfekte Bedingungen für ausgedehnte Touren.

Der Dezember lockt mit weihnachtlicher Stimmung in den kleinen Dörfern, allerdings ist die Schneedecke in tieferen Lagen nicht immer geschlossen. Der Februar gilt als schneesicherster Monat, dafür muss man die Faschingsferien einkalkulieren, in denen es etwas voller wird. Der März wiederum überrascht mit langen, sonnigen Tagen und oft noch hervorragenden Schneeverhältnissen in den Höhenlagen. Tauwetter kann allerdings die Bedingungen in tieferen Regionen beeinträchtigen.

Ein besonderes Phänomen im Bregenzerwald ist der "Staub" – so nennen Einheimische den frischen, pulvrigen Schnee, der bei kalten Temperaturen fällt und unter den Schneeschuhen wie Zucker knirscht. Tage mit "Staub" gelten unter Kennern als die besten für Schneeschuhwanderungen. Vor allem nach nächtlichem Schneefall und klarem Morgen lohnt sich der frühe Aufbruch, um die unberührte weiße Decke als Erster zu betreten.

Schneeschuhe und Respekt – Verantwortungsvoll unterwegs im Winterwald

So verlockend der unberührte Tiefschnee auch sein mag – verantwortungsvolle Schneeschuhwanderer halten sich an einige grundlegende Regeln. Der Bregenzerwald beherbergt zahlreiche Wildtiere, für die der Winter eine äußerst kritische Zeit darstellt. Rehe, Gämsen und andere Waldbewohner kommen in der kalten Jahreszeit mit einem Minimum an Energie aus. Jede Störung, die sie zur Flucht zwingt, kostet wertvolle Kraftreserven.

Ausgewiesene Wildruhezonen sind tabu für Schneeschuhwanderer. Diese sind im Gelände klar markiert und auf den touristischen Karten der Region verzeichnet. Die lokalen Tourist-Informationen stellen spezielle "Respektiere deine Grenzen"-Karten zur Verfügung, auf denen sensible Gebiete eingezeichnet sind. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schließt sich einer geführten Tour an – die ortskundigen Führer kennen die Rückzugsgebiete der Tiere genau.

Holz ist im Bregenzerwald mehr als nur Brennmaterial – es prägt als Baustoff die gesamte Region und wird nachhaltig bewirtschaftet. Die einheimischen Förster bitten darum, auf den markierten Wegen zu bleiben und junge Aufforstungsflächen zu meiden. Diese sind im Winter oft unter der Schneedecke verborgen und könnten durch Schneeschuhwanderer unbeabsichtigt beschädigt werden.

So offensichtlich es klingen mag: Müll hat in der Natur nichts verloren. Was mit in den Rucksack passt, passt auch wieder hinein. Eine kleine Anekdote am Rande: Ein Bregenzerwälder Förster sammelt seit Jahren Müll, den er im Wald findet, und stellt daraus kunstvolle Objekte her, die im Sommer im Heimatmuseum Hittisau ausgestellt werden – ein kreatives Statement für mehr Umweltbewusstsein.

Jenseits der Schneeschuhe – Weitere Winteraktivitäten im Bregenzerwald

Nach mehreren Tagen auf Schneeschuhen sehnen sich manche Besucher nach Abwechslung. Der Bregenzerwald bietet zahlreiche Alternativen für winterliche Aktivitäten abseits des klassischen Skibetriebs. Besonders beliebt sind die gespurten Winterwanderwege, die ohne spezielle Ausrüstung begehbar sind. Das Netz umfasst über 300 Kilometer in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Eine besonders schöne Route führt von Bezau nach Schwarzenberg – unterwegs öffnen sich immer wieder Ausblicke auf die verschneiten Gipfel der Umgebung.

Langlauffreunde kommen im Bregenzerwald voll auf ihre Kosten. Die Loipen in der Region gehören zu den bestgepflegten in ganz Vorarlberg. Besonders die Hochtal-Loipe zwischen Au und Schoppernau ist bei Langläufern beliebt – 15 Kilometer durch eine malerische Winterlandschaft, fernab von Lärm und Hektik. Für Anfänger empfiehlt sich die flache Rundloipe am Bödele, wo auch Langlaufkurse angeboten werden.

Ein besonderes Erlebnis ist das Pferdeschlittenfahren im hintersten Tal des Bregenzerwalds. Eingehüllt in warme Decken gleitet man nahezu lautlos durch die verschneite Landschaft, nur das Schnauben der Pferde und das Klingeln der Glöckchen am Geschirr durchbrechen die Stille. Die Fahrten starten in Schoppernau und führen ins abgelegene Schönenbach – ein romantisches Vergnügen, nicht nur für Paare.

Kulturinteressierte sollten einen Abstecher ins Frauenmuseum Hittisau einplanen – das einzige Frauenmuseum Österreichs widmet sich in wechselnden Ausstellungen den Lebenswelten von Frauen im alpinen Raum. Das architektonisch beeindruckende Gebäude aus Bregenzerwälder Holz ist allein schon einen Besuch wert. Im Winter finden hier regelmäßig Vorträge und Lesungen statt – eine perfekte Abendgestaltung nach einem Tag an der frischen Luft.

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