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Die sanften Voralpen des Bregenzerwalds: Ein Landstrich mit Charakter

Im Bregenzerwald verschmelzen jahrhundertealte Handwerkskunst und kühne Bauvisionen zu einer einzigartigen Kulturlandschaft. Hier findet sich Österreichs wohl eigenwilligste Architekturszene zwischen sanften Hügeln und würzigen Käsekellern.

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Zwischenablage

Der Bregenzerwald – ein sanftes Voralpental im äußersten Westen Österreichs – erstreckt sich von der Stadt Bregenz am Bodensee ostwärts ins bergige Hinterland. Die Region besteht aus 22 Gemeinden und zählt etwa 30.000 Einwohner. Anders als der Name vermuten lässt, dominieren nicht dichte Wälder, sondern eine offene Hügellandschaft mit Wiesen, Weiden und zerstreuten Gehöften das Bild. In den Tälern reihen sich schmucke Dörfer aneinander, während die bewaldeten Höhen den Horizont säumen.

Die Eigenart dieser Region wurzelt in einer Jahrhunderte alten Identität. Schon im Mittelalter genossen die Wälder – wie die Bewohner auch heute noch genannt werden – Sonderrechte, die sie zu einem selbstbewussten Völkchen prägten. Eine gewisse Sturheit und ein besonderer Blick für Qualität gehören zum kulturellen Erbe. Klimatisch präsentiert sich die Region zweigeteilt: Während der vordere Bregenzerwald um Egg und Andelsbuch noch mild und vom Bodensee beeinflusst ist, zeigt sich der hintere Bregenzerwald um Schoppernau und Au bereits alpin-rau.

Zwei Entwicklungen haben die Region in den letzten Jahrzehnten überregional bekannt gemacht: die Renaissance traditioneller Käseherstellung entlang der sogenannten KäseStraße und eine bemerkenswerte architektonische Bewegung, die alte Holzbautechniken mit modernster Gestaltung verbindet. Dazwischen liegen Jahrhunderte Handwerkstradition und eine Landschaft, die sich wohltuend unspektakulär gibt. Keine Gletscher, keine dramatischen Felsformationen – stattdessen eine Kulturlandschaft, die vom Menschen geprägt, aber nie überwältigt wurde.

Historische Bauten und Siedlungsformen

Der Bregenzerwald beherbergt einen bemerkenswerten Schatz historischer Holzarchitektur. Das traditionelle Bregenzerwälderhaus, regional als "Wälderhaus" bekannt, hat sich über Jahrhunderte zu einer unverwechselbaren Bauform entwickelt. Seine Besonderheit liegt in der Kombination aus Holzblockbau und Ständerbau mit schindelgedeckten Fassaden. Die ältesten erhaltenen Exemplare stammen aus dem 17. Jahrhundert. In Schwarzenberg und Schoppernau stehen einige der eindrucksvollsten Vertreter dieser Baukunst.

Die typische Hausform wirkt mit ihren hohen, flachen Dächern und dunklen Holzfassaden auf den ersten Blick fast melancholisch-düster, offenbart jedoch bei näherem Hinsehen eine meisterhafte Holzverarbeitung. Dazu zählen die sorgfältig geschichteten Schindeln, die wie Fischschuppen die Fassaden schützen, und die fein profilierten Fensterrahmen. Besonders auffällig: Die Häuser wachsen förmlich aus dem Hang heraus, sodass die Wohn- und Stallbereiche auf verschiedenen Ebenen liegen.

Die Siedlungsstruktur folgt über weite Strecken nicht dem klassischen Dorfmodell mit zentralem Ortskern. Typischer ist die Streusiedlung: Einzelhöfe oder kleine Gruppen von Gehöften verteilen sich über die Landschaft – ein Muster, das durch die Bewirtschaftung der Almwirtschaft entstanden ist. Erst ab dem 19. Jahrhundert entstanden größere Ortskerne, meist im Umfeld von Kirchen oder wichtigen Verkehrswegen.

Immer wieder trifft man auf sogenannte "Ju-Häuser", erkennbar an ihrer dreigeschossigen Bauweise und dem charakteristischen Schopfwalmdach. Der Name leitet sich vom ausgeprägten Dachvorsprung ab, der an den Buchstaben "J" erinnert. Sie zeugen vom bäuerlichen Wohlstand vergangener Tage und sind besonders im hinteren Bregenzerwald zu finden.

Die Bregenzerwälder Bauschule – Zwischen Tradition und Moderne

Seit Mitte der 1980er Jahre hat sich im Bregenzerwald eine einzigartige Architekturszene entwickelt, die weit über die Grenzen Österreichs hinaus Beachtung findet. Die "Bregenzerwälder Bauschule" – keine formale Institution, sondern eine lose Gruppe von Architekten – hat das traditionelle Holzhandwerk mit zeitgenössischer Gestaltung zu einer unverwechselbaren Formensprache verwoben. Charakteristisch ist die Verwendung von Holz in minimalistischen, klaren Formen, meist in Kombination mit Glas und Beton.

Die Pioniere dieser Bewegung – darunter Hermann Kaufmann und Oskar Leo Kaufmann – begannen zunächst mit Umbauten alter Bauernhäuser, bevor sie zu größeren öffentlichen Projekten übergingen. Mit der Zeit entwickelte sich ein regelrechtes Netzwerk qualitätsbewusster Handwerker und Architekten. Dass die Handwerkstradition hier nie abgerissen ist, sieht man der perfekten Ausführung an, die selbst komplexeste Entwürfe möglich macht.

Zu den Markenzeichen der Bregenzerwälder Bauschule gehört ihre Nachhaltigkeit lange bevor dieser Begriff zum Modewort wurde. Die Verwendung regionaler Materialien – vor allem des heimischen Weißtannen- und Fichtenholzes – sowie energieeffiziente Bauweisen waren von Anfang an selbstverständlich. Doch wäre es falsch, die Architektur als rein ökologisches Statement zu betrachten. Als "baukulturelles Gesamtkunstwerk" vereinen die Gebäude Funktionalität, Ästhetik und Rücksicht auf die Umgebung.

Mitte der Wanderung begegnet dir möglicherweise eine Kuhherbe – der Abstand sollte respektvoll bleiben, besonders wenn Jungtiere dabei sind. Weiter oben belohnt eine kleine Alpe mit selbstgemachtem Bergkäse und Buttermilch für die Anstrengung. Typisch für die Region: Man bezahlt in die Kasse auf Vertrauensbasis, falls mal niemand anwesend ist.

In fast jedem Ort findest du mittlerweile bemerkenswerte Beispiele dieser Architektur – von Gemeindehäusern und Schulen bis hin zu Hotels und Privatwohnungen. Besonders sehenswert sind das Gemeindezentrum in Ludesch, das Frauen- und Kulturzentrum Craftgrenze in Andelsbuch, das Museum Werkraum in Andelsbuch und das Gemeindehaus in Raggal. Die Architekten verbinden dabei traditionelle Elemente wie die Schindelbekleidung mit modernen Formen und großen Glasflächen.

Die KäseStraße Bregenzerwald – Ein kulinarisches Netzwerk

Käse ist im Bregenzerwald mehr als nur ein Lebensmittel – er ist kulturelles Erbe und wirtschaftliches Rückgrat zugleich. Die KäseStraße Bregenzerwald, 1998 gegründet, ist weniger eine tatsächliche Straße als ein Netzwerk von Produzenten, Gastwirten und Handwerkern, die sich der Käsetradition verschrieben haben. Etwa 180 Bauernhöfe, 90 Alpen und mehrere Sennereien haben sich zu dieser Initiative zusammengeschlossen.

Das Herzstück der Käseproduktion bildet der Bregenzerwälder Bergkäse – ein würziger Hartkäse aus Rohmilch, der mindestens vier Monate, oft aber deutlich länger reift. Sagenhafte drei Jahre lagern die ältesten Exemplare, bevor sie auf den Tisch kommen. Die Milch für diesen Käse stammt ausschließlich von Kühen, die auf Gras- und Almweiden grasen, was dem Käse sein charakteristisches Aroma verleiht. Seit 1997 trägt er das EU-Siegel "geschützte Ursprungsbezeichnung".

Neben dem Bergkäse gibt es eine Vielzahl anderer Käsesorten: vom milden Alpkäse über den würzigen Rässkäse (ein Rotschmierkäse) bis zum cremigen Camembert. In den Sennereien – traditionell genossenschaftlich organisiert – wird das Handwerk der Käseherstellung bewahrt und weitergegeben. Besichtigt werden können unter anderem die Sennereien in Andelsbuch, Egg und Schoppernau.

Eine besondere Form der Käseherstellung findet im Sommer auf den Alpen statt. Von Juni bis September ziehen die Senner mit ihren Kühen auf die Hochweiden und produzieren dort in kleinen Sennhütten nach alter Methode ihren "Alpkäse". Diese Alpsennereien sind meist nur zu Fuß erreichbar und öffnen ihre Türen gern für Besucher. Unbedingt probieren sollte man dabei auch die Almbutter und den Frisch- oder Sauerkäse, der regional als "Gsig" bekannt ist – ein gelblich-gummiartiger Käse mit intensivem Geschmack.

Wer tiefer in die Käsekultur eintauchen möchte, besucht am besten eine der regelmäßigen Käseverkostungen in den Sennereien oder nimmt an einer geführten Tour entlang der KäseStraße teil. Im Bregenzerwald lassen sich die Geschmacksvarianten nicht nur erschmecken, sondern auch Einblicke in die Herstellung gewinnen – vom Melken über das Käsen bis zur Reifung.

Dorfleben und kulturelle Identität

Die Bregenzerwälder pflegen ein reges Dorfleben, das durch starke Traditionen und eigenständige kulturelle Ausdrucksformen geprägt ist. Der ausgeprägte Gemeinschaftssinn schlägt sich in zahlreichen Vereinen nieder – von der Musikkapelle über die Trachtengruppe bis zum Theaterverein. Fast jeder Einheimische ist in mindestens einem solchen Verein aktiv. Die Musik spielt dabei eine herausragende Rolle: Das "Wälderquartett" mit zwei Geigen, Hackbrett und Kontrabass ist ebenso typisch wie der dreistimmige "Juuz" – ein Jodler mit geschlossenen Lippen.

Die Tracht des Bregenzerwalds gehört zu den aufwändigsten und prachtvollsten im Alpenraum. Die Frauentracht besteht aus einem schwarzen Rock, einer weißen Bluse mit bunter Stickerei, einer schwarzen Samtjacke und einer aufwendigen Kopfbedeckung, dem "Juppen". Die Männertracht mit dem charakteristischen roten Wams wird heute fast nur noch zu besonderen Anlässen getragen. Das Wort "Juppe" hat übrigens der Region den Spitznamen "Juppental" eingebracht.

Kulturelle Veranstaltungen wie das "Schubertiade"-Festival in Schwarzenberg, das sich ganz der Musik Franz Schuberts widmet, ziehen ein internationales Publikum an. Daneben gibt es kleinere Festivals und regelmäßige Konzertabende. Das Handwerksmuseum in Bezau und das Frauenmuseum in Hittisau – das einzige seiner Art im deutschsprachigen Raum – beleuchten weitere Aspekte der regionalen Kultur.

Im Winter trägt das Fasnatsbrennen zur lebendigen Tradition bei. Dabei werden große Strohpuppen verbrannt, um symbolisch den Winter zu vertreiben – ein Brauch, der auf vorchristliche Zeiten zurückgeht. Auf dem Schwarzenberger Hirschen-Platz herrscht an diesem Abend eine fast archaische Stimmung, wenn die Flammen in die Höhe schlagen und dazu alter Gesang erklingt.

Als Besucher erschließt sich das Dorfleben am besten durch den Besuch lokaler Gasthäuser. In der "Stub" – der traditionellen Wirtsstube – kommen Einheimische und Gäste zwanglos zusammen. Hier wird nicht nur gegessen und getrunken, sondern auch diskutiert, musiziert und "g'schpöhnt" (gescherzt). Besonders authentisch geht es in Wirtshäusern wie dem "Adler" in Schwarzenberg, dem "Krone" in Hittisau oder dem "Taube" in Bizau zu.

Natur und Landschaft erleben

Die Landschaft des Bregenzerwalds ist kein unberührter Naturraum, sondern eine über Jahrhunderte gewachsene Kulturlandschaft. Die sanften Hügel sind das Ergebnis menschlicher Bewirtschaftung, die dennoch im Einklang mit der Natur steht. Das Mosaik aus Wäldern, Wiesen, Weiden und Mooren bietet Lebensraum für eine vielfältige Flora und Fauna.

Die Bregenzerwälder Bergwelt erhebt sich im Osten der Region mit Gipfeln wie dem Hohen Ifen (2230 m), der Kanisfluh (2044 m) und dem Diedamskopf (2090 m). Diese Berge sind Teil der Allgäuer Alpen und bilden einen markanten Kontrast zur sanften Hügellandschaft des vorderen Bregenzerwalds. Geologisch interessant ist der Hohe Ifen mit seiner fast rechteckigen Gestalt und dem Karstplateau, auf dem sich ein "Steinernes Meer" erstreckt.

Besonders reizvoll ist die Wanderung auf den Hausberg des Bregenzerwalds, die Kanisfluh. Der Aufstieg beginnt in Au und führt durch Wälder, über Almwiesen bis auf den Gipfel mit seinem Panoramablick über den gesamten Bregenzerwald und bei klarer Sicht bis zum Bodensee. Die merkwürdigen Kuhfladen-Haufen auf dem Weg sind übrigens von den Bauern angelegt – sie trocknen den Dung, um ihn später als Brennstoff zu nutzen.

Ein Naturphänomen besonderer Art sind die Moorlandschaften im Bregenzerwald. Das Fohramoos bei Mellau und das Krumbach-Moor bei Hittisau gehören zu den bedeutendsten Hochmooren Mitteleuropas. Auf Holzstegen kann man diese einzigartigen Ökosysteme erkunden, ohne sie zu betreten und zu schädigen. Im Frühjahr blühen hier seltene Orchideen, und mit etwas Glück lassen sich Kreuzottern und verschiedene Amphibienarten beobachten.

Für Familien bietet sich der "Natursprüngeweg" bei Bezau an – ein einfacher Rundwanderweg, der verschiedene Naturphänomene auf spielerische Weise erklärt. Oder man nimmt die Seilbahn auf den Diedamskopf und wandert von dort über die Höhen. Für ambitionierte Wanderer gibt es den "Umgang Bregenzerwald" – ein Netz von Wanderwegen, das zu 12 Dörfern führt, in denen jeweils architektonisch interessante Stationen warten.

Praktische Tipps für Besucher

Die Anreise in den Bregenzerwald erfolgt am besten über Bregenz, das mit dem Zug aus allen Richtungen gut erreichbar ist. Von dort verkehren regelmäßig Busse in die Region. Mit dem Auto führt die Rheintalautobahn (A14) bis Bregenz, von wo aus die Bregenzerwaldstraße (L200) in die Region führt. Die Passstraße über den Hochtannbergpass verbindet den Bregenzerwald mit dem benachbarten Lechtal.

Die Unterkunftsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von einfachen Pensionen über gemütliche Gasthöfe bis zu Vier-Sterne-Hotels. Architekturliebhaber logieren im "Gasthof Krone" in Hittisau oder im "Hotel Bären" in Mellau – beides hervorragende Beispiele der neuen Holzarchitektur. Für Familien eignen sich die zahlreichen Ferienwohnungen, während Naturfreunde einen Aufenthalt auf einer der vielen Alpen buchen können, wo man am Hof mitleben und mitarbeiten kann.

Die "Bregenzerwald Card", die Gäste bei vielen Unterkünften kostenlos erhalten, bietet freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Ermäßigungen bei Bergbahnen und Museen. Ein dichtes Netz an Wanderwegen und Mountainbike-Strecken erschließt die Region – die Beschilderung ist vorbildlich und ermöglicht auch ungeübten Wanderern eine sichere Orientierung.

Kulinarisch sollte man neben dem berühmten Käse auch regionale Spezialitäten wie "Käsknöpfle" (Spätzle mit Käse), "Riebl" (gebratener Kartoffelteig) und "Most" (vergorener Apfelsaft) probieren. Gute Adressen sind der "Gasthof Adler" in Großdorf, die "Käserei Metzler" in Egg und der "Wälderhof" in Lingenau. Die Sterneküche hat ebenfalls Einzug gehalten – im "Gasthof Hirschen" in Schwarzenberg wird auf höchstem Niveau gekocht.

Das Klima im Bregenzerwald ist atlantisch geprägt und relativ niederschlagsreich. Die beste Reisezeit sind die Monate Mai bis Oktober, wobei der Herbst mit seinen klaren Tagen und der Farbenpracht der Laubwälder besonders reizvoll ist. Im Winter verwandelt sich die Region in ein kleines, aber feines Skigebiet, das vor allem Familien und Genussskifahrer anspricht. Die Skiorte Damüls-Mellau und Au-Schoppernau bieten moderne Liftanlagen und gepflegte Pisten.

Rundgang durch ausgewählte Orte

Bezau, der Hauptort des Bregenzerwalds, ist mit seinem gut erhaltenen Ortskern ein idealer Ausgangspunkt für Erkundungen. Der quadratische Dorfplatz mit dem "Bezauer Hof" und der barocken Pfarrkirche St. Jodok bildet das Herz des Ortes. Von hier aus führt der "Bezauer Wirtschaftsweg" zu den umliegenden Weilern und bietet einen guten Einblick in die landwirtschaftlichen Strukturen. Die Bezauer Seilbahn bringt Wanderer auf die Baumgartenhöhe, von wo aus sich zahlreiche Touren anbieten.

Schwarzenberg gilt als der schönste Ort des Bregenzerwalds. Der pittoreske Dorfplatz mit dem "Hirschen" und dem "Angelika-Kauffmann-Museum" – gewidmet der hier geborenen Malerin – zieht Kulturinteressierte an. Die Kirche St. Nikolaus mit ihrer neugotischen Ausstattung ist ebenfalls sehenswert. Der "Käseweg Schwarzenberg" führt zu den umliegenden Almen und bietet Einblicke in die traditionelle Käseherstellung.

Andelsbuch hat sich zum Zentrum der neuen Holzarchitektur entwickelt. Das "Werkraumhaus", entworfen vom Schweizer Architekten Peter Zumthor, beherbergt Ausstellungen zum Handwerk und zur Architektur. In der historischen Sennerei kann man bei der Käseherstellung zusehen und die Produkte verkosten. Das "Frauenmuseum" in Hittisau dokumentiert die Rolle der Frau in der alpinen Kultur und Gesellschaft.

Schoppernau im hinteren Bregenzerwald liegt in einer alpinen Landschaft und eignet sich als Ausgangspunkt für anspruchsvollere Bergtouren. Hier wurde der Schriftsteller Franz Michael Felder geboren, dessen Werke einen realistischen Einblick in das Leben der Bergbauern im 19. Jahrhundert geben. Das "Felder-Museum" im Dorf informiert über sein Leben und Werk.

Ein Highlight für Architekturinteressierte ist das "Umgang Bregenzerwald" – ein Projekt, das in mehreren Dörfern architektonisch interessante Stationen eingerichtet hat. Die eigens gestalteten rostbraunen Säulen geben Informationen zu den jeweiligen Gebäuden und ihrer Bedeutung für die Baukultur. In Hittisau, Schwarzenberg und Mellau befinden sich besonders sehenswerte Stationen dieses Projekts.

Zukunftsperspektiven einer eigenwilligen Region

Der Bregenzerwald steht vor der Herausforderung, seine kulturelle und landschaftliche Identität zu bewahren und gleichzeitig wirtschaftlich lebensfähig zu bleiben. Die Landwirtschaft, traditionell Rückgrat der Region, ist durch den Strukturwandel bedroht. Doch gerade die Kooperation in der Käseproduktion zeigt, dass gemeinschaftliches Handeln eine Überlebensstrategie sein kann. Die über 100 Sennereien, die es Anfang des 20. Jahrhunderts noch gab, sind zwar auf etwa ein Dutzend geschrumpft, doch diese arbeiten umso erfolgreicher.

Der Tourismus hat sich als zweites wirtschaftliches Standbein etabliert, wobei die Region bewusst auf Qualität statt Quantität setzt. Massentourismus sucht man hier vergeblich – stattdessen dominieren kleine, familiengeführte Betriebe. Die Verbindung von Architektur, Handwerk und regionaler Kulinarik bildet dabei ein überzeugendes Gesamtkonzept, das Gäste anzieht, die Wert auf Authentizität und Nachhaltigkeit legen.

Die demografische Entwicklung bereitet jedoch Sorgen. Viele junge Bregenzerwälder verlassen die Region für Ausbildung oder Arbeit und kehren nicht zurück. Dem versuchen die Gemeinden mit aktiver Wirtschaftsförderung und der Schaffung attraktiver Lebensräume entgegenzuwirken. Innovative Projekte wie die "Werkraum-Schule", die traditionelles Handwerk mit zeitgemäßer Ausbildung verbindet, sollen jungen Menschen eine Perspektive in der Region bieten.

Auch klimatisch steht der Bregenzerwald vor Veränderungen. Die Erwärmung macht sich bereits bemerkbar – die Skigebiete in den unteren Lagen kämpfen zunehmend mit Schneemangel. Die Region reagiert mit einer Diversifizierung des touristischen Angebots und setzt verstärkt auf ganzjährigen Tourismus. Die einzigartige Baukultur und die kulinarischen Traditionen sind dabei wichtige Alleinstellungsmerkmale.

Trotz aller Herausforderungen bleibt der Bregenzerwald eine Region mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Die Bewohner sind stolz auf ihre Traditionen und ihre Innovationskraft. Diese Mischung aus Bewahrung und Erneuerung könnte ein Erfolgsrezept für die Zukunft sein – nicht nur für den Bregenzerwald, sondern für viele ländliche Regionen im Alpenraum.

Der "Bregenzerwälder Weg" zwischen Tradition und Moderne, zwischen Öffnung und Bewahrung eigener Werte, könnte beispielhaft sein für einen nachhaltigen Umgang mit kulturellem Erbe und natürlichen Ressourcen. Die Frage wird sein, ob es gelingt, die jüngere Generation für diesen Weg zu begeistern und ihr gleichzeitig Raum für eigene Entwicklungen zu geben.

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