Wer kennt es nicht: Man erreicht endlich den Chiemsee und findet keinen Parkplatz, oder steht im Stau auf dem Weg zum Königssee, während die Warteschlange am Bootsanleger bereits bis zum Ortseingang reicht. Die bayerischen Hotspots können zu bestimmten Zeiten regelrecht überrannt werden. Und gerade dann, wenn du selbst frei hast, haben oft auch alle anderen frei. Kein Wunder – mit 13 gesetzlichen Feiertagen (in überwiegend katholischen Gemeinden sogar 14) hat Bayern zusammen mit Baden-Württemberg deutschlandweit die meisten arbeitsfreien Tage. Wenn dann noch Schulferien dazukommen, herrscht Hochbetrieb.
Doch die gute Nachricht: Mit dem richtigen Timing und einer smarten Planung kannst du die Menschenmassen umgehen und Bayern von seiner entspannten Seite erleben. Die Reiseströme in Bayern folgen bestimmten Mustern, und wer diese kennt, kann sie zu seinem Vorteil nutzen. Also, Wanderschuhe geschnürt und Notizblock gezückt – hier kommt dein Leitfaden für entspanntes Reisen im Freistaat.
Die bayerische Ferienlandschaft: Ein Überblick
Bayerns Schulferienkalender ist der Taktgeber des touristischen Lebens. Die sechswöchigen Sommerferien – meist von Ende Juli bis Anfang/Mitte September – markieren die Hauptsaison schlechthin. Da tummeln sich nicht nur bayerische Familien an den heimischen Seen und Bergen, sondern auch Urlauber aus allen Teilen Deutschlands und dem benachbarten Ausland. Der August ist dabei traditionell der vollste Monat, wenn sich die Ferienzeiten von Bayern, Baden-Württemberg und vielen anderen Bundesländern überschneiden.
Die zweiwöchigen Pfingstferien Ende Mai/Anfang Juni stellen eine bayerische Besonderheit dar. Während andere Bundesländer hier oft nur einzelne Feiertage haben, gönnt sich Bayern gleich zwei Wochen Auszeit. Die Folge: In dieser Zeit ist es in bayerischen Ausflugszielen vergleichsweise entspannt, weil der Ansturm von außerhalb noch ausbleibt. Ein gut gehüteter Geheimtipp unter Kennern.
Anders sieht's bei den Herbstferien aus, die in Bayern nur eine Woche dauern, meist Ende Oktober/Anfang November. Da sich diese Woche mit den Ferienzeiten anderer Bundesländer überschneidet, kann es zu dieser Jahreszeit trotzdem voll werden – vor allem, wenn das Wetter mitspielt und die Berge sich im goldenen Herbstlicht präsentieren.
Die Weihnachtsferien wiederum sind überall ähnlich getaktet, was bedeutet: Adventsmärkte, Skigebiete und Winterwanderwege sind gut besucht. Hier hilft vor allem der Blick auf den konkreten Kalendertag und die Wetterlage.
Die Feiertags-Mathematik: Brückentage und ihre Folgen
Wer die bayerische Reiseplanung meistern will, muss die "Brückentags-Mathematik" beherrschen. Fallen Feiertage auf einen Dienstag oder Donnerstag, nehmen viele Menschen den angrenzenden Montag oder Freitag frei – und zack, aus einem einzelnen freien Tag wird ein verlängertes Wochenende. Diese Brückentage sorgen für volle Straßen und Unterkünfte, besonders wenn das Wetter passt.
An der Spitze der Brückentags-Hotspots steht Christi Himmelfahrt (immer ein Donnerstag), gefolgt von Fronleichnam (ebenfalls donnerstags, aber nur in überwiegend katholischen Gemeinden Bayerns ein Feiertag). Am 1. Mai und an Allerheiligen (1. November) brummt's ebenfalls, wenn diese Tage auf einen Dienstag oder Donnerstag fallen.
Eine bayerische Kuriosität ist der 15. August – Mariä Himmelfahrt. Dieser Feiertag gilt nur in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung. Das führt zum skurrilen Phänomen, dass manche Ortsteile feiern, während nebenan gearbeitet wird. Für Reisende bedeutet dies: In touristisch beliebten, überwiegend katholischen Regionen wie dem Alpenvorland oder Niederbayern kann es an diesem Tag besonders voll werden.
Die Wucht eines verlängerten Wochenendes spürt man besonders in den beliebten Ausflugsregionen rund um München. Tegernsee, Schliersee und Starnberger See platzen dann förmlich aus allen Nähten, und die Parkplatzsuche wird zum Geduldsspiel. Die Einheimischen haben längst ihre Strategien entwickelt: Sie weichen auf weniger bekannte Ziele aus oder nutzen die frühen Morgenstunden, bevor der große Ansturm beginnt.
Regionale Hotspots und ihre Hochsaison
Bayern ist keine homogene Tourismuslandschaft – jede Region hat ihre eigene Hochsaison und Besonderheiten. Die Alpenregion südlich von München erlebt ihre Besucherspitzen zu zwei Zeiten: im Hochsommer (Juli/August) für Wanderungen und im Winter (besonders zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag am 6. Januar) für den Wintersport. Zur Verstärkung des Winteransturms trägt bei, dass viele Skipässe und Unterkünfte in den bayerischen Alpen preislich deutlich unter dem österreichischen oder schweizerischen Niveau liegen.
Franken hingegen marschiert nach einem anderen Takt. Hier erreichen die Besucherzahlen ihren Höhepunkt während der Weinfeste im späten Sommer und frühen Herbst. Das Würzburger Kiliani-Volksfest im Juli, die Erlanger Bergkirchweih im Mai/Juni oder die zahlreichen Weinfeste entlang der Mainschleife im September und Oktober locken Scharen von Besuchern an. Wer in dieser Zeit eine Unterkunft in Volkach oder Würzburg sucht, sollte frühzeitig buchen.
Das Allgäu ist ein Kapitel für sich. Die Region um Füssen mit Schloss Neuschwanstein kennt kaum noch eine Nebensaison – zu populär ist das "Märchenschloss" bei Touristen aus aller Welt, besonders aus Asien und den USA. An Spitzentagen drängen sich bis zu 6.000 Besucher durch die engen Gänge des Schlosses. Wer trotzdem hin will: Unter der Woche im November oder im späten Januar/Februar ist es vergleichsweise ruhig.
Die oberbayerischen Seen wiederum haben ihre ganz eigene Rhythmik. Während am Tegernsee und Schliersee an sonnigen Wochenenden das ganze Jahr über die Hölle los ist (dank der Nähe zu München), atmen der Chiemsee und der Königssee außerhalb der Schulferien spürbar durch. Hier lohnt sich ein Besuch im Mai oder September, wenn das Wasser noch angenehm warm ist, die meisten Familien aber zu Hause bleiben müssen.
Lokale Events als Besuchermagnete
Neben Ferien und Feiertagen sorgen auch lokale Großveranstaltungen für volle Unterkünfte und Straßen. Allen voran natürlich das Oktoberfest in München (Mitte September bis Anfang Oktober), das nicht nur die Landeshauptstadt, sondern das gesamte Umland in Beschlag nimmt. Hotelpreise verdreifachen sich während der Wiesn-Zeit, und Unterkünfte sind oft ein Jahr im Voraus ausgebucht. Mein Tipp: Falls du zu dieser Zeit unbedingt nach München musst, aber nicht wegen des Oktoberfests kommst, such dir ein Quartier im Münchner Norden oder Osten – diese Stadtteile sind vom Wiesn-Trubel weniger betroffen.
Andere regionale Großereignisse, die du bei deiner Planung auf dem Schirm haben solltest: die Passionsspiele in Oberammergau (alle zehn Jahre, nächster Termin 2030), die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth (Juli/August), das Bardentreffen in Nürnberg (Ende Juli) und natürlich die zahlreichen Christkindlmärkte im Dezember. Besonders der Nürnberger Christkindlesmarkt sorgt an den Adventswochenenden für proppevolle Züge und Hotels.
Weniger bekannt, aber nicht weniger überlaufen sind lokale Volksfeste wie das Gäubodenvolksfest in Straubing (August), das nach dem Oktoberfest und dem Cannstatter Wasen als drittgrößtes Volksfest Bayerns gilt. Auch kleinere Events wie der "Blaue Montag" in Cham oder die Kirchweihfeste ("Kirwa") im Bayerischen Wald können überraschend für Übernachtungsengpässe in den jeweiligen Regionen sorgen.
Preisgestaltung: Wenn die Nachfrage das Angebot trifft
Die Preisunterschiede zwischen Haupt- und Nebensaison können in Bayern erheblich sein. In beliebten Skigebieten wie Garmisch-Partenkirchen oder im Allgäu kannst du in der "toten" Zeit zwischen Ostern und Pfingsten teilweise zum halben Preis übernachten – verglichen mit den Spitzenzeiten rund um Weihnachten oder in den Faschingsferien.
Auch die Tageszeit spielt eine Rolle: Viele Seilbahnen und Bergbahnen bieten günstigere Nachmittags- oder Feierabendtickets an. Die Bayerische Zugspitzbahn beispielsweise gewährt ab 12:30 Uhr einen satten Rabatt auf die Tageskarte – ein Geschenk für Langschläfer und eine kluge Strategie, um dem morgendlichen Andrang zu entgehen.
Für Familien besonders interessant: Außerhalb der Schulferien senken viele familienorientierte Unterkünfte ihre Preise spürbar. Wenn deine Kinder noch nicht schulpflichtig sind, kannst du davon profitieren und zum Beispiel Anfang Juni oder Mitte September deutlich günstiger Urlaub machen als in den offiziellen Ferienzeiten.
Ein weiteres Preis-Phänomen betrifft die Wochentage: In beliebten Ausflugsregionen sind die Preise für Übernachtungen von Freitag auf Samstag oft deutlich höher als etwa von Sonntag auf Montag. Wer also ein verlängertes Wochenende von Sonntag bis Dienstag statt von Freitag bis Sonntag plant, kann sein Portemonnaie schonen.
Ausweichstrategien: Geheimtipps für Stoßzeiten
Was tun, wenn du unbedingt während der Hauptsaison nach Bayern reisen musst? Keine Panik – es gibt Strategien, um dem größten Trubel zu entgehen. Eine der effektivsten: Ausweichen auf weniger bekannte, aber nicht weniger reizvolle Regionen. Statt Königssee probier's mal mit dem Walchensee oder dem Staffelsee. Die sind nicht nur weniger überlaufen, sondern oft auch ursprünglicher und günstiger.
Oder wie wär's mit einem Perspektivwechsel? Während alle Welt auf die Zugspitze drängt, bieten weniger prominente Gipfel wie der Jochberg bei Kochel oder der Blomberg bei Bad Tölz ähnlich atemberaubende Panoramen – bei deutlich weniger Gedränge an der Bergstation.
Eine weitere Taktik: die Randzeitstrategie. Zu Stoßzeiten (besonders im Hochsommer und an Brückentagen) empfiehlt es sich, sehr früh oder erst am späten Nachmittag loszuziehen. Die Brotzeit am Bergsee schmeckt um 8 Uhr morgens oder um 18 Uhr abends genauso gut – und du hast den Platz fast für dich allein. Gerade fotogene Hotspots wie der Eibsee bei Garmisch oder der Hintersee bei Ramsau zeigen sich in den frühen Morgenstunden ohnehin von ihrer schönsten Seite.
Für Stadt-Trips gilt: Gegen den Strom schwimmen. Während die meisten Touristen samstags durch Münchens Innenstadt flanieren, ist der Donnerstagabend oft überraschend ruhig. Und während alle Welt zur Adventszeit die Christkindlesmärkte stürmt, kannst du die historischen Altstädte von Regensburg, Bamberg oder Passau im Januar oder Februar fast ohne Touristenpulks erkunden.
Die bayerischen Nebensaisons: Die unterschätzten Zeitfenster
Die klassischen Nebensaisons in Bayern sind für Kenner ein Segen. Der späte April und frühe Mai (nach Ostern, aber vor Christi Himmelfahrt) bieten oft schon angenehme Temperaturen, während die meisten Urlauber noch in den Startlöchern stehen. Die Almwiesen explodieren förmlich in sattem Grün und bunten Blüten, die Bergseen haben die ersten Sonnenstrahlen eingefangen, und die Terrassen der Berghütten werden gerade entstaubt und für die Saison vorbereitet.
Eine weitere Oase der Ruhe: der "goldene Oktober" – jene Wochen zwischen dem Ende der bayerischen Sommerferien (Mitte September) und dem Beginn der Herbstferien (Ende Oktober). Die Wälder leuchten in warmen Gelb- und Rottönen, die Temperaturen laden noch zu ausgedehnten Wanderungen ein, aber die Touristenmassen haben sich bereits weitgehend zurückgezogen. In dieser Zeit findest du selbst in Hotspots wie Berchtesgaden oder am Tegernsee noch spontan ein Zimmer – oft zu Nebensaisonpreisen.
Der November gilt vielen als trister Monat, doch wer die nebelverhangene Mystik der bayerischen Landschaft zu schätzen weiß, wird diese Zeit lieben. Die meisten Berggipfel ragen über die Nebeldecke hinaus und bieten spektakuläre Ausblicke auf ein wogendes Wolkenmeer – und das bei fast leeren Wanderwegen. Allerdings: Viele Berghütten haben in dieser Zeit geschlossen, und manche Seilbahnen nutzen die ruhigen Wochen für Wartungsarbeiten. Check das vorher!
Mein persönlicher Favorit: die "Zwischensaison" Ende Januar/Anfang Februar. Die Weihnachtsferien sind vorbei, die Faschingsferien noch in weiter Ferne. Die Winterlandschaft präsentiert sich oft von ihrer prächtigsten Seite, und in den Skigebieten herrscht eine entspannte Atmosphäre. Keine Warteschlangen am Lift, freie Auswahl bei den Hüttenplätzen, und die Chance auf einen Neuschnee-Tag ohne hunderte andere Tiefschnee-Jäger ist deutlich größer als in den Ferienzeiten.
Digitale Helfer: Apps und Webseiten für die Planung
In Zeiten von Smartphone und Co. gibt's natürlich digitale Helfer für die Reiseplanung. Die "Bayernportal"-App der Staatsregierung listet alle gesetzlichen Feiertage und Schulferien im Freistaat auf – praktisch, um Stoßzeiten im Blick zu behalten. Für Verkehrsprognosen empfehle ich die App des ADAC, die besonders an kritischen Reisetagen (Ferienanfang/-ende) Gold wert ist.
Einige bayerische Tourismusregionen haben ihre eigenen Apps entwickelt, die nicht nur über Sehenswürdigkeiten informieren, sondern auch Echtzeit-Daten zur Auslastung von Parkplätzen oder Besucherattraktionen liefern. In der Berchtesgadener Land App kannst du beispielsweise sehen, wie voll der Parkplatz am Königssee gerade ist – und dir gegebenenfalls einen Plan B überlegen, bevor du im Stau stehst.
Für München-Besucher empfehle ich die "München App" der städtischen Tourismusgesellschaft, die auch über aktuelle Großveranstaltungen informiert, die zu Engpässen bei Unterkünften führen könnten. Und wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, sollte die Bayern-App der Deutschen Bahn installieren, die nicht nur Fahrpläne, sondern auch Auslastungsprognosen für einzelne Züge bereithält – besonders nützlich an Wochenenden und Feiertagen.
Eine relativ neue Entwicklung sind Webcams an beliebten Ausflugszielen, die einen Blick auf die aktuelle Besucherdichte erlauben. Vor allem in den Alpen haben viele Bergbahnen und Wandergebiete solche Kameras installiert. Ein kurzer Check vor der Abfahrt kann dir viel Frust ersparen.