Schweiz

Das Tessiner Verzasca-Tal: Kristallklares Wasser und mittelalterliche Dörfer

Smaragdgrünes Wasser, das über glatt geschliffene Granitfelsen gleitet. Steinbrücken aus dem Mittelalter und Dörfer, die aussehen, als wäre die Zeit stehengeblieben.

Schweiz  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Das 25 Kilometer lange Tal zieht sich von Tenero bis hinauf nach Sonogno und ist gespickt mit Dörfern, die ihre mittelalterliche Seele bewahrt haben. Keine großen Hotels, keine Rummelplätze – dafür Steinhäuser mit meterdicken Mauern und kleine Brücken, die seit Jahrhunderten dem Wasser trotzen.

Anreise und erste Orientierung

Von Locarno fährst du auf der Hauptstraße Richtung Gordola und biegst dann ins Verzasca-Tal ab. Die Straße schlängelt sich gemächlich den Berg hinauf – nichts für Eilige, aber perfekt, um schon während der Fahrt in die Tal-Atmosphäre einzutauchen. An manchen Stellen wird's eng, besonders wenn Gegenverkehr kommt. Wer mit dem Wohnmobil unterwegs ist, sollte vorher checken, ob alle Brücken und Durchfahrten breit genug sind.

Öffentliche Verkehrsmittel? Gibt's auch. Die PostAuto-Linie 321 verbindet Tenero mit den wichtigsten Dörfern im Tal, allerdings fahren die Busse nicht besonders häufig. Wer flexibel bleiben will, ist mit dem eigenen Auto besser dran. Parkplätze findest du in fast jedem Dorf – meist kostenlos, was in der Schweiz ja schon fast ein Wunder ist.

Die Verzasca: Ein Fluss wie aus dem Bilderbuch

Das Herzstück des Tals ist zweifellos der Fluss selbst. Die Verzasca entspringt am Pizzo Barone auf über 2400 Metern und bahnt sich ihren Weg durch Schluchten und über Felsstufen bis zum Lago Maggiore. Unterwegs formt sie natürliche Pools, die im Sommer zu perfekten Badewannen werden.

Besonders spektakulär sind die sogenannten "Marmitte" – kreisrunde Vertiefungen im Gestein, die das Wasser über Jahrtausende ausgeschliffen hat. Manche sind so groß wie Whirlpools, andere klein wie Waschbecken. Bei Lavertezzo, dem wahrscheinlich meistfotografierten Ort im Tal, kannst du von Fels zu Fels hüpfen und dich in die natürlichen Becken fallen lassen.

Das Wasser ist allerdings nichts für Frostbeulen. Selbst im Hochsommer bleibt es ziemlich frisch – so um die 18 bis 20 Grad. Dafür ist es so klar, dass du jeden Kieselstein am Grund erkennen kannst. Und ja, das Gefühl, in diesem türkisfarbenen Wasser zu schwimmen, ist schon ziemlich magisch.

Lavertezzo: Die Perle des Tals

Lavertezzo ist der Klassiker unter den Verzasca-Zielen. Das liegt vor allem an der berühmten Steinbrücke Ponte dei Salti, die mit ihren beiden Bögen aussieht wie aus einem Märchenbuch. Die Brücke stammt aus dem 17. Jahrhundert und verbindet die beiden Ortsteile miteinander. Von oben hast du einen fantastischen Blick auf die smaragdgrünen Pools darunter.

Hier wird's allerdings auch voll. An schönen Wochenenden verwandelt sich das beschauliche Dorf in einen regelrechten Touristenmagnet. Wer Ruhe sucht, kommt besser unter der Woche oder früh am Morgen. Dann gehören dir die Felsbecken praktisch allein, und du kannst das Plätschern des Wassers ungefiltert genießen.

Rund um Lavertezzo findest du auch einige der schönsten Wanderwege im Tal. Der Sentiero Verzasca führt direkt am Flussufer entlang und bietet immer wieder neue Perspektiven auf das kristallklare Wasser. Zwischendurch kommst du an verlassenen Mühlen und alten Brücken vorbei – perfekte Fotomotive, falls du deine Instagram-Follower neidisch machen willst.

Sonogno: Am Ende der Straße

Ganz am Ende des Tals liegt Sonogno, ein Dorf, das sich seinen ursprünglichen Charakter bewahrt hat wie kaum ein anderes in der Region. Hier endet die Straße, und hier beginnt das echte Bergwandern. Das Dorf selbst ist winzig – knapp 100 Einwohner leben hier das ganze Jahr über. Die meisten Häuser sind aus dem grauen Gneis der Region gebaut, der dem ganzen Ort eine fast mystische Ausstrahlung verleiht.

Von Sonogno aus kannst du zu den Wasserfällen von Froda wandern. Der Weg führt etwa eine Stunde bergauf durch Kastanienwälder und über alte Steinmauern. Die Wasserfälle selbst stürzen in mehreren Stufen fast 80 Meter in die Tiefe – ein beeindruckendes Schauspiel, vor allem im Frühsommer, wenn die Schneeschmelze für ordentlich Wasserdruck sorgt.

Wer mehr Zeit hat, kann auch den Sentiero delle Betulle nehmen. Dieser Rundweg führt durch Birkenwälder (daher der Name) und bietet fantastische Ausblicke über das gesamte Tal. Plane dafür etwa drei bis vier Stunden ein – und vergiss nicht, genug Wasser mitzunehmen.

Corippo: Das kleinste Dorf der Schweiz

Zwischen Lavertezzo und Sonogno thront Corippo auf einem Felsvorsprung über dem Tal. Mit gerade mal 13 Einwohnern ist es offiziell das kleinste Dorf der Schweiz – und vielleicht auch eines der fotogensten. Die steinernen Häuser kleben förmlich am Hang, verbunden durch schmale Gassen und steile Treppen.

Lange Zeit drohte Corippo zu einer Geisterstadt zu werden. Zu abgelegen, zu wenig Arbeitsplätze, zu wenig Infrastruktur. Doch in den letzten Jahren hat sich das Blatt gewendet. Ein innovatives Hotelprojekt hat mehrere der alten Häuser liebevoll restauriert und zu einem einzigartigen Übernachtungserlebnis gemacht. Wer hier schläft, wohnt quasi im ganzen Dorf.

Die Wanderung von Lavertezzo nach Corippo dauert etwa eine Stunde und führt über alte Saumpfade, die früher die einzige Verbindung zur Außenwelt waren. Unterwegs kommst du an Trockenmauern vorbei, die jahrhundertealt sind, und an Weinbergterrassen, die heute größtenteils verwildert sind. Nur noch wenige Einheimische pflegen ihre kleinen Rebstöcke – der Wein ist allerdings nichts Besonderes. Dafür ist die Aussicht umso spektakulärer.

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