Da liegt er, dieser türkisfarbene Spiegel, eingeklemmt zwischen den steilen Flanken des Glärnisch und umrahmt von einer Bergkulisse, die jeden Postkartenfotografen in Verzückung versetzen würde. Dass dieser See künstlich angelegt wurde, merkt man ihm kaum an – die Natur hat das Menschenwerk längst adoptiert und zu etwas Besonderem gemacht.
Entstanden ist der Klöntalersee zwischen 1905 und 1908, als man das Klöntal mit einer 40 Meter hohen Staumauer absperrte. Damals verschwand das ursprüngliche Dorf Klöntal mitsamt seiner Kirche in den Fluten – heute ruhen diese stummen Zeugen der Vergangenheit auf dem Grund des Sees.
Mit einer Länge von etwa 3,5 Kilometern und einer maximalen Tiefe von 47 Metern gehört der Klöntalersee zu den größeren Stauseen der Schweiz. Seine charakteristische türkisblaue Farbe verdankt er dem feinen Gletscherschlamm, der von den umliegenden Bergen herabgespült wird und das Sonnenlicht in besonderer Weise reflektiert. Besonders intensiv leuchtet das Wasser an sonnigen Tagen im Frühjahr und Frühsommer, wenn die Schneeschmelze für Nachschub an Mineralien sorgt.
Anreise ins abgelegene Paradies
Der Weg zum Klöntalersee ist bereits ein kleines Abenteuer für sich. Von Glarus aus führt eine schmale, kurvenreiche Bergstraße ins Klöntal hinauf – nichts für schwache Nerven oder große Wohnmobile. Die Strecke schlängelt sich durch dichte Wälder und vorbei an steilen Felswänden, bis sich plötzlich der See vor einem auftut wie eine blaue Überraschung.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Klöntalersee nur bedingt erreichbar. Zwar fährt ein Postbus von Glarus ins Klöntal, allerdings nur an bestimmten Tagen und hauptsächlich in der Sommersaison. Wer spontan sein möchte, ist mit dem eigenen Auto definitiv besser beraten. Parkplätze gibt es direkt am Seeufer – allerdings können diese an schönen Wochenenden schnell überfüllt sein. Dann heißt es früh aufstehen oder auf weniger beliebte Wochentage ausweichen.
Eine Alternative für Konditionsstarke ist die Anreise zu Fuß oder mit dem Mountainbike. Von Glarus aus dauert der Aufstieg etwa zwei Stunden, belohnt aber mit spektakulären Aussichten auf das Glarnerland und die umliegenden Berge. Der Weg ist gut ausgeschildert, allerdings sollte man trittsicher sein – einige Passagen verlaufen entlang steiler Abhänge.
Rundweg mit Fernblick
Der klassische Spaziergang führt einmal um den ganzen See herum – eine gemütliche Runde von etwa neun Kilometern, die sich in gut zwei Stunden bewältigen lässt. Der Weg ist größtenteils eben und auch für Familien mit Kindern geeignet, auch wenn man gelegentlich über Wurzeln und Steine steigen muss.
Besonders reizvoll ist der Abschnitt entlang des Westufers, wo der Pfad direkt am Wasser entlangführt. Hier kann man die Füße ins kühle Nass hängen und den Blick über den See schweifen lassen. An klaren Tagen spiegeln sich die umliegenden Berggipfel so perfekt im Wasser, dass man kaum sagen kann, wo die Realität aufhört und das Spiegelbild beginnt.
Etwas anspruchsvoller wird es am Nordostufer, wo der Weg durch dichteren Wald führt und steiler wird. Dafür wird man mit besonders schönen Aussichtspunkten belohnt, von denen aus sich der gesamte See überblicken lässt. Ein beliebter Rastplatz ist die kleine Lichtung etwa auf halber Strecke – hier lässt es sich wunderbar picknicken, während man dem Plätschern der kleinen Wellen lauscht.
Baden und Bootfahren im Bergsee
Wer sich traut, kann im Klöntalersee auch baden – allerdings ist das Wasser selbst im Hochsommer ziemlich frisch. Selten wird es wärmer als 18 Grad, was für eine ordentliche Abkühlung sorgt. Dafür ist das Wasser kristallklar und von einer Reinheit, die man in tieferen Lagen kaum noch findet.
Beliebte Badestellen finden sich vor allem am Südufer, wo das Ufer flacher abfällt und sich kleine Kiesbuchten gebildet haben. Hier können auch Kinder relativ gefahrlos ins Wasser, auch wenn Eltern ein wachsames Auge behalten sollten – der See wird sehr schnell tief.
Bootfahren ist auf dem Klöntalersee grundsätzlich erlaubt, allerdings gibt es einige Einschränkungen. Motorboote sind komplett verboten, Ruder- und Tretboote hingegen willkommen. Wer kein eigenes Boot mitbringt, kann sich am Seerestaurant eines ausleihen – allerdings nur in den Sommermonaten und nach Voranmeldung. Kayakfahrer kommen hier voll auf ihre Kosten, denn die geschützten Buchten und das ruhige Wasser bieten ideale Bedingungen auch für Anfänger.
Wanderungen für jeden Geschmack
Rund um den Klöntalersee eröffnet sich ein wahres Eldorado für Wanderer. Die Palette reicht von gemütlichen Spaziergängen bis hin zu anspruchsvollen Bergtouren, die Schwindelfreiheit und alpine Erfahrung voraussetzen.
Eine der beliebtesten Touren führt vom Klöntalersee hinauf zur Glärnischhütte. Der Aufstieg dauert etwa zweieinhalb Stunden und überwindet rund 800 Höhenmeter – nichts für Couchpotatoes, aber auch kein Alpinismus. Belohnt wird man mit einer spektakulären Aussicht auf die Glarner Alpen und einem gemütlichen Hüttenwirt, der deftige Bündner Spezialitäten serviert.
Etwas einfacher ist die Wanderung zum Aussichtspunkt Fronalpstock. Von dort oben hat man einen grandiosen Blick über den ganzen See und kann an klaren Tagen bis zum Bodensee schauen. Der Weg ist gut markiert und in etwa einer Stunde zu schaffen – allerdings wird es gegen Ende etwas steiler.
Für Bergprofis bietet sich die Besteigung des Glärnisch an, des Hausbergs des Klöntals. Allerdings ist das eine ernste Angelegenheit, die alpine Erfahrung, entsprechende Ausrüstung und stabiles Wetter voraussetzt. Die Route führt teilweise über Gletscherspalten und ausgesetzte Grate – nichts für Sonntagswanderer.
Flora und Fauna am Bergsee
Trotz seiner künstlichen Entstehung hat sich rund um den Klöntalersee eine erstaunlich vielfältige Tier- und Pflanzenwelt entwickelt. In den Wäldern am Seeufer leben Rehe, Hirsche und mit etwas Glück auch Gämsen, die manchmal bis ans Wasser herabkommen, um zu trinken.
Besonders artenreich ist die Vogelwelt. Häufig zu sehen sind Stockenten, die auf dem ruhigen Wasser ihre Kreise ziehen, sowie verschiedene Singvogelarten in den umliegenden Wäldern. Gelegentlich lassen sich auch Greifvögel beobachten – Mäusebussarde und Turmfalken sind keine Seltenheit, und mit viel Glück kreist sogar mal ein Steinadler über den Berggipfeln.
Die Pflanzenwelt zeigt sich besonders im Frühling und Frühsommer von ihrer schönsten Seite. Dann blühen entlang der Wanderwege Alpenrosen, Enziane und verschiedene Orchideenarten. Besonders schön ist es Ende Mai, wenn die Bergwiesen rund um den See in einem bunten Blütenmeer stehen und die Luft erfüllt ist vom Summen unzähliger Bienen und Hummeln.
Im See selbst leben verschiedene Fischarten, darunter Forellen und Saiblinge. Angler benötigen allerdings eine gültige Lizenz und müssen sich an die örtlichen Bestimmungen halten. Informationen gibt es bei der Gemeinde Glarus oder im örtlichen Angelverein.
Kulinarische Stärkung mit Seeblick
Direkt am Seeufer liegt das Restaurant Klöntalersee, eine einfache, aber gemütliche Gaststätte, die in den Sommermonaten geöffnet ist. Die Küche ist bodenständig schweizerisch – hier gibt es Rösti, Bratwurst und Älplermagronen, wie sie sein sollen. Besonders empfehlenswert ist die Terrasse mit direktem Blick auf den See, wo man bei einem kühlen Bier den Sonnenuntergang genießen kann.
Die Portionen sind ordentlich und die Preise fair – man merkt, dass hier noch nicht der große Tourismusrummel eingezogen ist. Wer Glück hat, erwischt einen der wenigen Plätze direkt am Wasser, wo man fast das Gefühl hat, auf einem Schiff zu sitzen.
Alternativ bietet sich ein Picknick an einem der vielen schönen Plätze rund um den See an. Besonders romantisch ist die kleine Halbinsel am Westufer, wo man ungestört die Ruhe und die spektakuläre Bergkulisse genießen kann. Nur den Müll sollte man wieder mitnehmen – die Natur wird es danken.
Beste Reisezeit und praktische Tipps
Die beste Zeit für einen Besuch am Klöntalersee ist von Mai bis Oktober. Im Frühjahr, wenn die Schneeschmelze einsetzt, ist das Wasser besonders türkis und die Wasserfälle in der Umgebung führen viel Wasser. Der Sommer bietet die besten Bedingungen zum Baden und für längere Wanderungen, während der Herbst mit seiner klaren Luft und den bunten Wäldern fotografische Leckerbissen beschert.
Im Winter ist der See oft zugefroren und die Zufahrtsstraße kann vereist oder gesperrt sein. Dann verwandelt sich die Gegend in eine märchenhafte Winterlandschaft, ist aber nur für erfahrene Winterwanderer mit entsprechender Ausrüstung zu empfehlen.
Wichtig zu wissen: Am Klöntalersee kann das Wetter sehr schnell umschlagen. Selbst bei schönstem Sommerwetter sollte man immer eine warme Jacke und Regenschutz dabei haben. Die Berge können Gewitterwolken praktisch aus dem Nichts zaubern, und dann wird es ungemütlich.
Übernachtungsmöglichkeiten gibt es direkt am See keine, aber im nahen Glarus finden sich verschiedene Hotels und Pensionen. Wer das Campingfeeling liebt, kann auf dem Campingplatz Schönbühl etwas oberhalb des Sees sein Zelt aufschlagen – allerdings nur mit Voranmeldung und nicht ganzjährig geöffnet.
Geheimtipps abseits der Hauptwege
Wer den Klöntalersee abseits der üblichen Pfade entdecken möchte, sollte früh am Morgen kommen. Dann liegt oft noch Nebel über dem Wasser, der sich langsam lichtet und spektakuläre Stimmungen schafft. Die ersten Sonnenstrahlen, die durch die Bergkämme brechen und das Wasser zum Glitzern bringen – das ist Postkartenmaterial vom Feinsten.
Ein besonderer Geheimtipp ist der kleine Wasserfall am Nordende des Sees, der sich besonders nach der Schneeschmelze in einen tosenden Giganten verwandelt. Der Weg dorthin ist etwas mühsam und nicht offiziell markiert, aber die Mühe lohnt sich. Hier kann man völlig ungestört die Kraft des Wassers bewundern und hat oft stundenlang keine Menschenseele um sich.
Für Fotografen interessant sind auch die Reflexionen der umliegenden Berge im Wasser, die am besten in den frühen Morgenstunden oder am späten Abend zur Geltung kommen. Dann steht die Sonne tief und taucht die ganze Szenerie in warmes, goldenes Licht.