Italien

Der "Strada delle 52 gallerie"-Weg: Wanderung durch 52 Tunnels am Monte Pasubio

Eine Militärstraße aus dem Ersten Weltkrieg führt durch 52 in Fels gehauene Tunnels hinauf zum Monte Pasubio. Geschichtsunterricht gibt's gratis dazu, Kopflampe solltest du trotzdem einpacken.

Italien  |  Natur & Aktivitäten
Lesezeit: ca. 7 Min.
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Zwischenablage

Manchmal sind es die ungewöhnlichsten Routen, die am meisten beeindrucken. Die "Strada delle 52 gallerie" am Monte Pasubio gehört definitiv dazu. Was heute Wanderer aus aller Welt anzieht, war einst ein verzweifelter Versuch italienischer Militäringenieure, ihre Truppen sicher über den Berg zu bringen. 1917 trieben sie 52 Tunnels in den harten Dolomitstein - eine logistische Meisterleistung unter Kriegsbedingungen.

Der Monte Pasubio, der sich zwischen Venetien und dem Trentino erhebt, war während des Ersten Weltkriegs heftig umkämpft. Österreichisch-ungarische und italienische Soldaten lieferten sich hier erbitterte Gefechte. Heute wandert man friedlich über diese Höhen und kann sich kaum vorstellen, welches Drama sich hier vor gut hundert Jahren abspielte.

Anreise und erste Schritte

Der Ausgangspunkt liegt oberhalb des Passo Xomo, wo ein etwas versteckter Parkplatz wartet. Die Anfahrt über die schmale Bergstraße ist schon ein kleines Abenteuer für sich - eng, kurvenreich und stellenweise ziemlich holprig. Am besten fährst du früh los, denn die Parkplätze sind begehrt. Und pack unbedingt genügend Euro-Münzen ein! Der Parkautomat ist da ziemlich eigen und verschmäht Scheine kategorisch.

Vom Parkplatz aus geht's zunächst noch gemütlich los. Die ersten Meter folgen der alten Militärstraße, die sich sanft an den Berghang schmiegt. Schon nach wenigen Hundert Metern erreichst du den ersten Tunnel - und spätestens hier wird klar, dass diese Wanderung etwas Besonderes ist.

Durch Stein und Zeit

Die Tunnels sind unterschiedlich lang und unterschiedlich gut ausgeleuchtet. Manche sind nur wenige Meter lang, andere ziehen sich über 100 Meter durch den Berg. Eine Stirnlampe oder zumindest eine ordentliche Taschenlampe gehört definitiv ins Gepäck. Der Boden in den Tunnels kann feucht und rutschig sein, und nicht überall ist die Decke hoch genug für sehr große Menschen.

Zwischen den Tunnels öffnet sich immer wieder der Blick auf die umliegenden Berge. Die Landschaft ist rau und ursprünglich, geprägt von schroffen Felswänden und tiefen Tälern. An klaren Tagen reicht der Blick bis zu den höchsten Gipfeln der Dolomiten. Informationstafeln entlang des Weges erzählen von den Kämpfen und dem Bau der Straße - Geschichte zum Anfassen.

Der Anstieg ist stetig, aber nicht übermäßig steil. Die Steigung verteilt sich gleichmäßig über die gesamte Strecke bis zur Achille Papa Hütte. Zwischendurch kann man gut verschnaufen und die Aussicht genießen. Besonders beeindruckend sind die Stellen, wo man aus einem dunklen Tunnel tritt und plötzlich das ganze Tal unter sich liegen sieht.

Rifugio Achille Papa - Ziel mit Charme

Nach etwa zweieinhalb Stunden Gehzeit erreichst du das Rifugio Achille Papa auf 1.928 Meter Höhe. Die Hütte ist von Anfang Juni bis Mitte Oktober geöffnet und bietet alles, was das Wandererherz begehrt: warme Suppen, belegte Brote und heißen Tee. Die Wirtsleute sind freundlich und kennen sich bestens mit der Geschichte des Berges aus.

Von der Hüttenterrasse aus hat man einen fantastischen Rundblick. Bei gutem Wetter sieht man bis zum Gardasee und zu den fernen Gipfeln der Adamello-Gruppe. Hier oben weht oft ein frischer Wind, auch an warmen Sommertagen solltest du eine Jacke dabeihaben.

Der alternative Abstieg

Für den Rückweg bietet sich die "Strada degli Scarubbi" an - ein ganz anderes Wegerlebnis. Diese Route ist weniger spektakulär als der Aufstieg durch die Tunnels, dafür aber länger und teilweise noch als Fahrweg in Benutzung. Der Weg schlängelt sich in weiten Serpentinen den Berg hinab und bietet andere Blickwinkel auf die Bergwelt.

Die Scarubbi-Route ist breiter und gleichmäßiger angelegt als die Tunnel-Straße. Hier kann man gut nebeneinander gehen und sich unterhalten. Der Abstieg dauert etwa anderthalb Stunden und führt vorbei an der Malga Campiglia, einer traditionellen Almhütte, wo man noch einmal einkehren kann.

Praktische Hinweise für die Tour

Die komplette Rundtour dauert etwa viereinhalb Stunden und umfasst knapp 15 Kilometer. Der Höhenunterschied beträgt gut 700 Meter, das ist durchaus anspruchsvoll, aber für geübte Wanderer gut zu schaffen. Die Route ist mit den Wegweisern 366 und 370 markiert.

Wegen der Höhenlage kann der Weg auch noch im Mai schneebedeckt sein. Erkundige dich vorher nach den aktuellen Bedingungen, besonders wenn du früh in der Saison unterwegs bist. Im Hochsommer kann es in den Tunnels angenehm kühl sein, während draußen die Sonne brennt.

Festes Schuhwerk ist Pflicht - die Wege sind steinig und teilweise rutschig. In den Tunnels herrscht das ganze Jahr über eine Temperatur um die 8 Grad, eine leichte Jacke gehört also ins Gepäck. Und vergiss nicht die Stirnlampe!

Geschichte hautnah erleben

Was diese Wanderung so besonders macht, ist die greifbare Geschichte. Man läuft buchstäblich in den Spuren der Soldaten von damals. Die Tunnels wurden unter härtesten Bedingungen in den Fels gesprengt, oft unter Beschuss des Feindes. Viele der Arbeiter kamen aus Sardinien und waren die extremen Bergbedingungen nicht gewöhnt.

Entlang des Weges findet man immer wieder Relikte aus der Kriegszeit: Stacheldrahtverhaue, Schützengräben, Splitterlöcher in den Felswänden. Manche Tunnels zeigen noch Spuren von Granatsplittern. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, an diesen Orten zu wandern und dabei zu wissen, dass hier Menschen gekämpft und gelitten haben.

Die Informationstafeln sind mehrsprachig und gut verständlich. Sie erklären nicht nur die militärische Bedeutung des Berges, sondern auch technische Details des Tunnelbaus. Besonders interessant sind die Pläne und historischen Fotos, die zeigen, wie die Straße damals aussah.

Flora und Fauna am Pasubio

Abseits der geschichtsträchtigen Aspekte hat der Monte Pasubio auch landschaftlich einiges zu bieten. Die Vegetation ändert sich mit der Höhe deutlich. Unten noch mediterran geprägt mit Buchenwäldern, wird sie nach oben hin immer alpiner. Oberhalb der Baumgrenze wachsen robuste Alpenblumen und Zwergwacholder.

Mit etwas Glück begegnet man Gämsen, die hier noch relativ häufig sind. Murmeltiere hört man oft pfeifen, bevor man sie zu Gesicht bekommt. Steinadler kreisen gelegentlich über den Gipfeln, und verschiedene Falkenarten sind regelmäßig zu beobachten.

Im Frühsommer blühen die Almwiesen unterhalb der Achille Papa Hütte in allen Farben. Enzian, Alpenrosen und unzählige andere Bergblumen verwandeln die Landschaft in einen natürlichen Garten. Der Duft der Alpenblumen vermischt sich mit dem Geruch der dünnen Bergluft zu einem unverwechselbaren Cocktail.

Wetter und beste Reisezeit

Die beste Zeit für diese Wanderung ist von Juni bis September. Im Mai liegt oft noch Schnee, und die Achille Papa Hütte ist geschlossen. October kann bereits wieder zu unbeständig sein, auch wenn die Herbstfarben dann besonders schön sind.

Das Wetter in den Bergen kann schnell umschlagen. Selbst bei strahlendem Sonnenschein im Tal kann es oben neblig und kühl sein. Eine komplette Wetterausrüstung gehört immer ins Gepäck - wasserdichte Jacke, warme Schicht, Mütze und Handschuhe für alle Fälle.

Gewitter entwickeln sich in den Alpen oft sehr schnell. Die Tunnels bieten zwar Schutz vor Regen, aber bei Gewitter sollte man nicht in exponierter Lage unterwegs sein. Die Wettervorhersage sollte man ernst nehmen und notfalls die Tour verschieben.

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