Italien

Paragliding über den Gardasee: Der Monte Baldo als Hotspot für Gleitschirmflieger

Zwischen Himmel und tiefblauem Wasser schweben, während die Alpen ein grandioses Panorama bilden. Der Monte Baldo am Gardasee ist nicht ohne Grund die Pilgerstätte für Gleitschirmflieger.

Italien  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Der Monte Baldo erhebt sich wie ein mächtiger Wächter über dem östlichen Ufer des Gardasees. Seine 2.218 Meter hohe Silhouette zieht nicht nur Wanderer und Mountainbiker in ihren Bann, sondern vor allem jene, die den ultimativen Nervenkitzel suchen: Gleitschirmflieger. Kaum ein Ort in den gesamten Alpen bietet solch perfekte Bedingungen für das Paragliding wie dieser Berg. Die thermischen Aufwinde, die zuverlässig vom Gardasee aufsteigen, tragen die bunten Schirme mühelos in luftige Höhen. Manch einer bleibt über Stunden in der Luft, gleitet zwischen den Bergrücken und schwebt schließlich sanft hinunter zum Ufer.

Was den Monte Baldo zum Paragliding-Hotspot macht, ist die seltene Kombination aus relativ leichter Zugänglichkeit dank der Seilbahn von Malcesine, günstigen Windverhältnissen und dem atemberaubenden Panorama. Während des Fluges breitet sich unter den Füßen der Piloten ein Gemälde aus türkisblauem Wasser, dunklen Wäldern und kleinen, ockerfarben leuchtenden Ortschaften aus. Die Alpenkulisse am Horizont rundet das Erlebnis ab. Nicht umsonst gilt dieser Ort in Gleitschirmkreisen als Mekka des freien Fliegens.

Wer zum ersten Mal den Baldo erklimmt, um sich in die Lüfte zu schwingen, sollte jedoch gut vorbereitet sein. Der Berg hat seine Tücken. Die Wetterbedingungen können sich schnell ändern, und gerade in den Sommermonaten bilden sich nachmittags häufig Gewitter. Erfahrene Locals empfehlen daher den frühen Morgen für Flüge – da liegt noch eine gewisse Ruhe über dem See, und die Thermik baut sich langsam, aber stetig auf.

Das Flugerlebnis am Gardasee

Der typische Paragliding-Tag am Monte Baldo beginnt früh. Während sich die ersten Sonnenstrahlen über die Bergkämme schieben, tummeln sich bereits die Piloten an der Bergstation. Ausrüstungschecks werden peinlich genau durchgeführt, das Wetter wird begutachtet, und manch einer wirft noch einen letzten Blick auf die Flugroute. Dann heißt es: Schirm ausbreiten, einige schnelle Schritte – und schon hebt man ab.

Das erste Gefühl ist unbeschreiblich. Der Moment des Abhebens, wenn plötzlich kein Boden mehr unter den Füßen ist, entfacht einen Adrenalinstoß. Doch sobald der Schirm stabil in der Luft steht, macht die anfängliche Aufregung einer tiefen Ruhe Platz. Fast lautlos gleitet man dahin, nur das gelegentliche Rauschen des Windes in den Leinen ist zu hören. Unter einem schrumpft der mächtige Berg, und der Gardasee breitet sich in seiner ganzen Pracht aus.

Erfahrene Piloten nutzen die Thermik, um regelrecht am Berg "hochzuklettern". Kreisend gewinnen sie an Höhe, bis sie weit über dem Gipfel schweben. Von hier aus sind Flüge bis nach Torbole am Nordende des Sees möglich – eine Strecke, für die man am Boden Stunden bräuchte. Häufig kann man beobachten, wie sich dutzende bunte Schirme gleichzeitig in der Luft bewegen. Ein faszinierendes Schauspiel, das vom Seeufer aus wie ein lebendiges Gemälde am Himmel wirkt.

Die meisten Flüge enden entweder in Malcesine selbst oder am Strand von Navene, einige Kilometer nördlich. Die Landung am Ufer hat ihren ganz eigenen Reiz: Soft setzt man auf dem schmalen Kiesstrand auf, während Badegäste staunend zuschauen und Kinder begeistert herbeilaufen. Kein schlechter Abschluss für ein Abenteuer, das man nicht so schnell vergisst.

Für Anfänger und Mutige: Tandemflüge am Monte Baldo

Nicht jeder bringt die nötige Ausbildung mit, um selbstständig mit dem Gleitschirm abzuheben. Doch das ist kein Grund, auf das Erlebnis zu verzichten. Rund um den Monte Baldo haben sich zahlreiche Anbieter etabliert, die Tandemflüge anbieten. Mit einem erfahrenen Piloten im Rücken kann jeder das Gefühl des freien Schwebens erleben – ganz ohne Vorkenntnisse.

Die Tandemflüge starten in der Regel ebenfalls von der Bergstation der Seilbahn Malcesine. Nach einer kurzen Einweisung geht alles recht zügig: Gemeinsam mit dem Piloten läuft man ein paar Schritte, und schon hebt der größere Doppelsitzer-Schirm ab. Besonders beliebt sind die frühen Morgenstunden, wenn die Luft noch ruhig ist – ideal für Neulinge, die etwas nervös sein könnten.

Ein Tandemflug dauert je nach Wetterbedingungen zwischen 15 und 30 Minuten. Zeit genug, um die spektakuläre Perspektive auf den See zu genießen. Die Preise für solch ein Abenteuer liegen meist zwischen 120 und 180 Euro, je nach Saison und Anbieter. Zu den etablierten Unternehmen gehören "Fly 2 Tandem" und "Gardafly", beide mit langjähriger Erfahrung und ausgezeichneten Sicherheitsstandards. Während der Hochsaison von Mai bis September empfiehlt sich eine Reservierung einige Tage im Voraus – die Nachfrage ist groß, und die Anzahl der möglichen Flüge pro Tag ist wetterbedingt begrenzt.

Wer sich traut, kann den Piloten nach akrobatischen Manövern fragen. Ein sanfter Spiralflug lässt das Adrenalin noch einmal ansteigen, bevor es zur Landung geht. Allerdings sollte man die eigene Magenverträglichkeit nicht überschätzen – die Schwerelosigkeit und die Drehungen können durchaus für Übelkeit sorgen. Aber keine Sorge, die Profis am Monte Baldo haben jahrelange Erfahrung und passen das Flugerlebnis individuell an.

Vom Neuling zum Piloten: Flugschulen am Gardasee

Wen das Paragliding-Fieber richtig gepackt hat, der wird sich nicht lange mit einem Tandemflug zufriedengeben. Zum Glück bietet die Region rund um den Gardasee ausgezeichnete Möglichkeiten, selbst das Fliegen zu erlernen. Mehrere Flugschulen haben sich hier niedergelassen und bieten Kurse in verschiedenen Sprachen an.

Der Weg zum eigenen Flugschein beginnt typischerweise mit einem Grundkurs. Über etwa fünf bis sieben Tage erlernt man die Basics: Schirmkunde, Wetterkunde, Start- und Landetechniken sowie die ersten kleinen Flüge am Übungshang. Dieser befindet sich oft nicht direkt am Monte Baldo, sondern in flacherem Gelände, beispielsweise bei Caprino Veronese. Hier lässt es sich gefahrlos üben, bevor man sich an die größeren Höhen wagt.

Nach dem Grundkurs folgt in der Regel die Höhenflugausbildung. Jetzt geht's tatsächlich auf den Monte Baldo. Unter Aufsicht erfahrener Fluglehrer macht man die ersten "richtigen" Flüge vom Berg ins Tal. Via Funk gibt der Lehrer Anweisungen und sorgt dafür, dass alles sicher abläuft. Diese Phase der Ausbildung umfasst mindestens 40 Höhenflüge – erst dann kann man die theoretische und praktische Prüfung ablegen.

Zu den renommierten Flugschulen der Region zählt "Volo Libero Monte Baldo" in Malcesine, die auch Kurse auf Deutsch anbietet. Daneben genießt die "Fly Academy" einen ausgezeichneten Ruf. Kostenpunkt für eine komplette Ausbildung: zwischen 1.200 und 1.800 Euro, je nach Schule und Kursintensität. Ein ordentlicher Batzen Geld, doch wer einmal selbständig vom Monte Baldo abgehoben hat, wird bestätigen: Es ist jeder Cent wert.

Die besten Spots: Nicht nur der Monte Baldo

Obwohl der Monte Baldo unbestritten der König unter den Paragliding-Spots am Gardasee ist, gibt es in der Region noch weitere lohnenswerte Startplätze. Der Monte Pizzocolo auf der Westseite des Sees bietet beispielsweise ein ganz anderes Flugerlebnis. Mit seinen 1.582 Metern ist er zwar niedriger als der Baldo, dafür aber weniger überlaufen. Von hier aus hat man einen fantastischen Blick auf die Bucht von Salò und die Halbinsel Sirmione.

Ein echter Geheimtipp unter Kennern ist der Monte Altissimo im Norden. Der Startplatz liegt auf etwa 1.800 Metern und ist nur zu Fuß erreichbar – was die Massen fernhält. Der Aufstieg dauert gut zwei Stunden, doch die Mühe wird belohnt: Die Luftströmungen hier sind beständig, und die Aussicht auf den nördlichen Gardasee mit Riva del Garda und Torbole ist schlichtweg grandios.

Für Flüge bei Nordwind empfehlen Locals den startplatz oberhalb von Limone sul Garda. Zwar ist der Berg hier nicht so hoch, doch die Thermik, die an den Felswänden aufsteigt, sorgt für erstaunlich lange Flugzeiten. Nachteile? Die Landeplätze sind begrenzt und oft recht klein – nichts für Anfänger oder unsichere Piloten.

Ein weiterer interessanter Spot liegt etwas abseits des Sees bei Nago-Torbole. Der Startplatz "Belvedere" bietet spektakuläre Blicke auf den nördlichen Gardasee und das Sarcatal. Hier treffen sich häufig die lokalen Piloten, wenn der Wind am Baldo nicht optimal steht. Dank der besonderen geografischen Lage kann man hier oft noch fliegen, wenn andere Spots bereits "zu" sind.

Das richtige Timing: Saisonale Besonderheiten

Der Gardasee ist ein ganzjähriges Paragliding-Revier – allerdings mit deutlichen saisonalen Unterschieden. Wer die Region zum ersten Mal befliegt, sollte dies unbedingt berücksichtigen. Die Hauptsaison erstreckt sich von April bis Oktober, wobei die Sommermonate Juli und August durchaus zweischneidig sind: Einerseits herrschen oft stabile Hochdrucklagen mit guter Thermik, andererseits kann die Hitze zu kräftigen, teils gefährlichen Gewittern führen.

Einige der spektakulärsten Flüge gelingen im Frühjahr und Herbst. Besonders der Mai gilt unter Kennern als perfekter Monat: Die Luft ist bereits warm genug für zuverlässige Thermik, aber noch nicht so instabil wie im Hochsommer. Die Landschaft präsentiert sich zudem in voller Blütenpracht – ein unbeschreibliches Farbenspiel aus der Vogelperspektive.

Der Herbst hingegen trumpft mit kristallklarer Luft auf. An guten Tagen im September oder Oktober reicht die Sicht bis weit in die Poebene hinein, manchmal kann man sogar die Silhouette der Apenninen erkennen. Die Thermik ist jetzt zwar nicht mehr ganz so kraftvoll, dafür aber berechenbarer. Ein weiterer Pluspunkt des Herbstes: deutlich weniger Touristen am See und damit entspanntere Bedingungen am Startplatz wie auch bei der Landung.

Selbst im Winter ruht der Flugbetrieb am Monte Baldo nicht völlig. An sonnigen Tagen zwischen November und März bildet sich durchaus brauchbare Thermik. Die Profis sind auch dann unterwegs, wenn auf dem Gipfel noch Schnee liegt. Für solche Winterflüge braucht es allerdings spezielle Ausrüstung und viel Erfahrung – nichts für Gelegenheitspiloten. Der Kontrast zwischen schneebedeckten Bergen und dem tiefblauen See darunter ist jedoch ein Anblick, den man nie vergisst.

Praktische Tipps für Paragliding-Begeisterte

Wer zum Paragliden an den Gardasee reist, sollte einiges beachten. Zunächst die Frage der Unterkunft: Für Gleitschirmpiloten eignen sich besonders die Orte Malcesine und Navene als Basis. Hier finden sich Hotels und Campingplätze, die auf die Bedürfnisse von Fliegern eingestellt sind – etwa mit Trockenräumen für die Ausrüstung oder Shuttle-Services zu den Startplätzen. Das "Sporthotel Olimpo" in Malcesine wird beispielsweise von vielen Piloten frequentiert und hat sich auf deren Bedürfnisse spezialisiert.

Die Seilbahn von Malcesine auf den Monte Baldo ist das Herzstück der lokalen Paragliding-Infrastruktur. In der Hochsaison kann es hier zu längeren Wartezeiten kommen, gerade am Vormittag, wenn alle zum ersten Flug aufbrechen wollen. Ein Trick: Entweder sehr früh (die erste Bahn fährt um 8 Uhr) oder erst am späten Vormittag fahren, wenn der erste Ansturm vorbei ist. Die Tageskarte kostet rund 25 Euro, es gibt jedoch Mehrtageskarten, die sich für einen längeren Aufenthalt lohnen. Gleitschirme werden übrigens kostenlos transportiert – ein Service, den die Betreiber der Bahn bewusst anbieten, um die fliegende Gemeinde zu unterstützen.

Ein heiß diskutiertes Thema unter Piloten ist die Mitnahme der eigenen Ausrüstung versus das Leihen vor Ort. Wer nur einen Tandemflug plant, muss sich darüber keine Gedanken machen. Für alle anderen gilt: Ja, man kann in Malcesine komplette Sets mieten, aber die Auswahl ist begrenzt und in der Hochsaison schnell vergriffen. Zudem fliegt jeder Pilot am liebsten mit seinem eigenen, vertrauten Schirm. Der Transport im Flugzeug ist zwar etwas umständlich, aber machbar – der Gleitschirm samt Gurtzeug gilt als normales Gepäckstück.

Nicht zuletzt ein Wort zur Versicherung: In Italien besteht für Paraglider keine gesetzliche Versicherungspflicht. Dennoch ist eine spezielle Haftpflichtversicherung für Luftsportgeräte dringend anzuraten. Diese kostet nicht viel (etwa 90-150 Euro jährlich), bewahrt aber im Ernstfall vor existenzbedrohenden Forderungen. Die meisten deutschen und österreichischen Versicherungen gelten übrigens auch in Italien – im Zweifelsfall vorher abklären.

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