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Ruhpolding und Reit im Winkl: Chiemgauer Bilderbuchdörfer mit sportlichem Charakter

Ruhpolding und Reit im Winkl im Chiemgau sind alpine Hotspots mit echtem Charakter. Hier trifft Weltcup-Atmosphäre auf urige Gemütlichkeit – und deine nächste Wanderung wartet schon.

Bayern  |  Regionen & Orte
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Zwischenablage

Das Chiemgau, diese sanft gewellte, dann jäh aufragende Landschaft im südöstlichen Oberbayern, hat eine Menge zu bieten. Zwischen dem namensgebenden See und der österreichischen Grenze ducken sich Alpendörfer in die Täler oder klammern sich an Hänge.

Zwei davon stechen heraus, nicht nur wegen ihrer Postkarten-Optik, sondern vor allem wegen ihres ganzjährig ausgeprägten Sportprofils: Ruhpolding und Reit im Winkl. Sie liegen keine halbe Autostunde voneinander entfernt, sind aber erstaunlich unterschiedlich im Detail, während sie doch eine gemeinsame DNA teilen – die Liebe zur Natur und zur Bewegung. Wenn du überlegst, wo genau du deine Zeit in dieser Ecke Bayerns verbringen sollst, lohnt es sich, die Eigenheiten dieser beiden Orte genauer unter die Lupe zu nehmen. Hier bekommst du eine Idee, was dich erwartet, abseits von Hochglanzprospekten.

Ruhpolding: Im Tal der Sportler

Ruhpolding, eingebettet im Tal der Traun, einem Fluss, der hier noch jung und klar ist, wirkt auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen größer und weitläufiger als manch anderes Alpendorf. Das liegt zum einen an der Topografie, zum anderen an der Infrastruktur, die über Jahrzehnte gewachsen ist. Die ganz große Bekanntheit verdankt der Ort seiner Rolle im Wintersport. Die Chiemgau Arena am Ortsrand ist die Adresse, wenn es um Biathlon geht. Wenn hier der Weltcup gastiert, brummt das ganze Tal, die Stimmung ist elektrisierend, die Anfeuerungsrufe hallen von den Hängen. Aber auch außerhalb der Wettkampftage ist die Arena einen Blick wert. Man kann auf den Zuschauer-Tribünen stehen, sich vorstellen, wie die Athleten nach einer kräftezehrenden Runde am Schießstand ankommen, und die Stille vor dem Schuss förmlich spüren. Im Sommer werden die Strecken zum Trainingsparcours für Rollski-Athleten oder einfach zu schönen Wegen zum Spazierengehen.

Doch Ruhpolding ist weit mehr als nur Biathlon. Das Tal öffnet sich hier weit, gibt den Blick frei auf die umgebenden Berge. Zwei davon prägen das Bild und das Freizeitsportangebot maßgeblich: der Rauschberg und der Unternberg. Die Rauschbergbahn, eine Seilbahn, die dich bequem nach oben bringt, ist eine Attraktion für sich. Oben erwartet dich ein Panoramablick, der an klaren Tagen bis zum Chiemsee reicht. Es gibt einen geologischen Lehrpfad, Kunstinstallationen und natürlich Wanderwege für jede Kondition. Spannend ist dabei, dass der Gipfelbereich eher schroff und felsig ist, ein starker Kontrast zu den sanfteren Almen am Fuße. Der Unternberg, der zweite Hausberg, ist etwas kleiner und intimer. Hier führt ebenfalls eine Bahn hinauf, die besonders im Winter bei Skifahrern beliebt ist. Im Sommer ist er ein toller Ausgangspunkt für Wanderungen, und für Paragleiter ist der Unternberg ohnehin ein fester Begriff. Von oben die bunten Schirme lautlos durch die Luft gleiten zu sehen, während du auf einer Bank sitzt und Brotzeit machst, das hat schon was Ruhiges.

Das Dorfzentrum selbst hat sich seinen bayerischen Charme bewahrt, auch wenn die Hauptstraße durchaus belebt sein kann. Die Pfarrkirche St. Georg mit ihrem markanten Zwiebelturm ist ein schöner Orientierungspunkt. Kleine Läden bieten lokale Produkte, von Tracht über Holzschnitzereien bis zu regionalen Schmankerln. Und dann gibt es da noch die Vita Alpina, ein großes Erlebnisbad, das bei schlechtem Wetter oder einfach zur Erholung eine gute Option ist. Besonders für Familien ist das Wellenbad eine gern genommene Abwechslung zum Bergprogramm. Die Mischung aus Spitzensport-Flair, alpiner Natur und touristischer Infrastruktur macht Ruhpolding vielseitig. Du findest hier vom einfachen Gasthof bis zum Wellnesshotel alles. Praktisch ist auch die Lage: Mit dem Zug kommst du direkt von Traunstein oder sogar München nach Ruhpolding, was nicht für viele Alpendörfer gilt. Und die Gästekarte, die du bei den meisten Unterkünften bekommst, beinhaltet oft die kostenlose Nutzung von Bus und Bahn in der Region – eine feine Sache, wenn man das Auto mal stehen lassen möchte oder von einer Wanderung zum Ausgangspunkt zurückfahren will.

Reit im Winkl: Im Reich des Schneekönigs – und der Wanderer

Reit im Winkl liegt ein Stück weiter südlich und höher als Ruhpolding, versteckt in einem Talkessel nahe der österreichischen Grenze. Dieser Umstand beschert dem Dorf oft eines: Schnee. Reit im Winkl hat den Ruf, ein wahres „Schneeloch“ zu sein. Das bedeutet, wenn anderswo die Loipen schon grün sind, kann man hier oft noch seine Runden ziehen. Entsprechend ist der Langlauf in Reit im Winkl eine Religion. Kilometer um Kilometer bestens präparierter Loipen ziehen sich durch das Tal und über die angrenzenden Hochflächen. Das Langlaufstadion ist ein zentraler Treffpunkt, aber die Magie entfaltet sich draußen auf den Spuren, wenn du lautlos durch verschneite Wälder gleitest, nur das Knirschen des Schnees unter deinen Skiern zu hören ist. Für Skilangläufer ist Reit im Winkl definitiv eine Top-Adresse.

Aber auch im Sommer ist Reit im Winkl alles andere als verschlafen. Die Lage auf etwa 700 Metern Höhe ist ein guter Ausgangspunkt für Bergtouren. Ein Highlight ist die Hemmersuppenalm, eine Hochalm, die du per Shuttlebus oder zu Fuß erreichst. Oben angekommen, erwartet dich eine weite Almfläche mit verstreuten Hütten und einem fantastischen Rundblick auf die umliegende Bergwelt, inklusive Wilder Kaiser auf der österreichischen Seite. Es gibt leichte Panoramawanderungen, aber auch anspruchsvollere Routen von hier aus. Die Luft hier oben riecht intensiv nach Gräsern und Kräutern im Sommer, nach feuchter Erde nach einem Regenschauer. Ein anderes wichtiges Gebiet ist die Winklmoosalm. Von Reit im Winkl aus führt eine Gondelbahn hinauf (oder eine Mautstraße). Die Winklmoosalm ist ein weiteres beliebtes Wandergebiet, das direkt ans österreichische Skigebiet Steinplatte grenzt. Die Alm selbst ist eine liebliche Hochfläche mit Almgasthöfen, auf der im Sommer die Kühe weiden und im Winter Langläufer und Winterwanderer unterwegs sind.

Das Dorf Reit im Winkl selbst wirkt auf mich oft ein bisschen kompakter und vielleicht sogar einen Tick bayerischer im ganz traditionellen Sinne als Ruhpolding. Die Häuser mit ihren Holzbalkonen und oft reich bemalten Fassaden stehen dichter beisammen. Es gibt einen schönen Dorfplatz, eine kleine Kirche. Hier ticken die Uhren vielleicht einen Hauch langsamer, auch wenn der Tourismus natürlich präsent ist. Man trifft sich beim Bäcker am Morgen, hört das Rauschen des Gebirgsbaches im Hintergrund. Es ist ein Ort, der dich einlädt, runterzukommen, aber gleichzeitig die Berge vor der Haustür hat, die dich zur Aktivität auffordern.

Lebensgefühl und Einkehr

In beiden Orten spürst du schnell dieses bayerische Lebensgefühl, das gleichermaßen von Tradition, Naturverbundenheit und einer gewissen Unaufgeregtheit geprägt ist. Nach einem Tag in den Bergen, sei es auf Ski, Langlaufskiern, dem Mountainbike oder einfach zu Fuß, gehört die Einkehr dazu wie das Amen in der Kirche. Gasthöfe gibt es reichlich, von rustikal und einfach bis hin zu gehobener Küche. Hier bekommst du gscheit boarisch auf den Teller: Schweinsbraten mit Knödeln, Kaiserschmarrn, oder, wenn es leichter sein soll, Kaspressknödelsuppe oder Forelle aus heimischen Gewässern. Im Sommer sitzt man draußen im Biergarten, hört das Klimpern der Maßkrüge und genießt die Abendsonne, die die Berggipfel in warmes Licht taucht. Im Winter sucht man die wohlige Wärme einer Stube, vielleicht mit einem Kachelofen, und wärmt sich bei einer Tasse heißer Schokolade oder einem Bier von innen auf.

Die Menschen hier leben eng mit der Natur und dem Sport. Du wirst Einheimische treffen, die dir gerne einen Wandertipp geben oder von den Schneeverhältnissen schwärmen. Sie sind oft direkt und herzlich, wenn man sich die Zeit nimmt, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Das Nebeneinander von globalem Spitzensport (in Ruhpolding) und traditioneller Almwirtschaft (in Reit im Winkl und Umgebung) schafft eine interessante Mischung. Es ist kein künstlich geschaffenes Tourismusidyll, sondern gewachsene Strukturen, die sich über die Zeit angepasst haben.

Von A nach B und weiter

Wie kommst du hin? Mit dem Auto sind beide Orte gut erreichbar, über die Autobahn München-Salzburg (A8), Ausfahrt Traunstein/Siegsdorf für Ruhpolding, oder weiter Richtung Inntal für Reit im Winkl. Von Ruhpolding aus kannst du auch bequem mit der Bahn anreisen. Innerhalb der Orte und zwischen ihnen sind Busverbindungen vorhanden, die, wie erwähnt, oft mit der Gästekarte kostenlos nutzbar sind. Das ist wirklich ein Pluspunkt, da Parkplätze in den Bergen oft Mangelware oder kostenpflichtig sind.

Von beiden Orten aus lassen sich schöne Tagesausflüge unternehmen. Der Chiemsee mit seinen Inseln Herrenchiemsee (Schloss von König Ludwig II.) und Frauenchiemsee ist gut erreichbar. Die Festspielstadt Salzburg liegt ebenfalls nur eine knappe Autostunde entfernt. Oder du erkundest weitere Täler und Almen in der unmittelbaren Umgebung. Die Region ist so vernetzt, dass du von deinem Basislager aus viel entdecken kannst.

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