Etwas abseits vom Bodensee, nahe der Gemeinde Scheidegg im bayerischen Allgäu, ragt ein hölzernes Konstrukt zwischen den Baumwipfeln empor. Der Skywalk Allgäu ist kein gewöhnlicher Waldlehrpfad – er katapultiert seine Besucher auf schwindelerregende 40 Meter über den Waldboden. Auf über 500 Metern Länge schlängelt sich der Holzsteg durch die Kronen von Buchen, Tannen und Fichten. Der eigentliche Star der Anlage bleibt jedoch das Alpenpanorama, das sich bei klarem Wetter vor den Augen ausbreitet. Die Berge des Bregenzerwaldes, des Allgäus und sogar des Schweizer Alpsteins ziehen Blicke magnetisch an und lassen den Waldspaziergang zur Nebensache werden.
Eröffnet im Jahr 2010, hat sich der Baumwipfelpfad längst als feste Größe im Reigen der Allgäuer Ausflugsziele etabliert. Anders als bei manchem überlaufenen Hotspot der Region geht es hier zumindest unter der Woche erstaunlich entspannt zu. Die rustikale Holzkonstruktion fügt sich harmonisch in die Waldumgebung ein – die Architekten haben bewusst auf schreiende Attraktionen verzichtet. Stattdessen dominieren naturbelassene Materialien und eine bodenständige Ästhetik, die dem Ort eine angenehme Authentizität verleiht. Gebaut wurde die Anlage übrigens komplett ohne Betonfundamente im Waldboden – eine umweltschonende Bauweise, die Respekt verdient.
Auf schwankenden Planken – Die Hängebrücken
Manche Besucherattraktionen versprechen mehr als sie halten. Beim Skywalk solltest du jedoch auf eines gefasst sein: Die Hängebrücken wackeln tatsächlich. Unter den Füßen knarrt das Holz, und mit jedem Schritt gerät der Steg in sanfte Schwingungen. Für Höhenängstliche mag das zunächst eine Herausforderung darstellen, doch gerade diese leichte Unsicherheit macht den Reiz des Weges aus. Drei spektakuläre Hängebrücken überspannen tiefe Schluchten zwischen den Aussichtsplattformen. Die längste misst beachtliche 27 Meter – lang genug, um das Kribbeln im Bauch zu spüren, wenn man in die Tiefe blickt.
Interessant ist dabei, dass die Konstruktion bewusst leicht wankt. Die Ingenieure hätten die Brücken durchaus starrer bauen können, doch das leichte Schwingen gehört zum Konzept. Es verstärkt das Naturerlebnis und erinnert daran, dass man sich hier in einem lebendigen Ökosystem bewegt. Die Geländer sind allerdings solide und hoch genug, um auch bei Familien mit kleineren Kindern für Sicherheit zu sorgen. Denn obwohl der Pfad durchaus ein gewisses Nervenkitzel-Potenzial bietet, bleibt er in erster Linie ein familienfreundliches Ausflugsziel.
Die Hängebrücken verbinden verschiedene Aussichtsplattformen, die zum Innehalten einladen. Hier stehen Informationstafeln zu Flora und Fauna der Region sowie zur Geschichte des örtlichen Waldes. An manchen Tagen musst du diese Tafeln allerdings mit anderen teilen – besonders an Wochenenden und in den Ferien kann es auf dem Pfad recht voll werden. Ein früher Start lohnt sich daher, zumal das morgendliche Licht, das durch die Baumkronen bricht, dem Wald eine fast mystische Atmosphäre verleiht.
Alpenblick und Wetterkapriolen
Das Allgäu ist nicht gerade bekannt für seine Wetterbeständigkeit. An manchen Tagen ziehen die Wolken so tief, dass sie die Baumwipfel streifen und den Blick auf die Berge verhüllen. Dann verwandelt sich der Skywalk in einen nebelverhangenen Pfad, der eine ganz eigene, geheimnisvolle Stimmung verbreitet. Bei Sonnenschein hingegen entfaltet sich ein Panorama, das selbst weitgereiste Alpinisten ins Schwärmen bringt. Die Nagelfluhkette, der Pfänder und bei besonders klarer Sicht sogar der Säntis in der Schweiz ragen am Horizont auf. Zwischen den Baumwipfeln hindurch schweift der Blick über sanfte Hügel bis hin zum glitzernden Bodensee.
Auf der zentralen Aussichtsplattform wurden Ferngläser installiert, mit denen du die entfernteren Gipfel genauer inspizieren kannst. Daneben finden sich Panoramatafeln, die bei der Orientierung helfen und die wichtigsten Erhebungen benennen. Der beste Zeitpunkt für einen Besuch? Die Morgenstunden an einem klaren Herbsttag, wenn die Luft besonders transparent ist und die bunten Blätter der Laubbäume mit den immergrünen Nadelhölzern kontrastieren. Im Sommer hingegen sorgt das dichte Blätterdach für angenehme Kühle – ein willkommener Effekt an heißen Tagen.
Das Wetter im Allgäu kann allerdings rasch umschlagen. Daher empfiehlt sich ein Blick auf die Wettervorhersage vor dem Ausflug. Bei starkem Wind oder Gewitter wird der Skywalk aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die meisten Bereiche des Pfades sind zwar überdacht, trotzdem solltest du bei unsicherem Wetter eine Regenjacke einpacken. Die Webcam auf der Website des Betreibers zeigt aktuelle Bilder und hilft bei der Entscheidungsfindung.
Mehr als nur Holzstege – Das Gesamtkonzept
Der Baumwipfelpfad ist nur ein Teil des Naturerlebnisparks Skywalk Allgäu. Rund um den eigentlichen Pfad erstreckt sich ein weitläufiges Gelände mit verschiedenen thematischen Stationen. Besonders für Familien interessant: der barfuß zu begehende Sinnespfad, auf dem unterschiedliche Naturmaterialien wie Rindenmulch, Kiesel oder Zapfen mit bloßen Füßen ertastet werden können. Eine Wohltat für städtisch geprägte Sohlen und ein haptisches Abenteuer für Kinder, die sonst selten ohne Schuhwerk unterwegs sind.
Im Waldklassenzimmer finden regelmäßig Führungen und naturpädagogische Veranstaltungen statt. Die Ranger des Parks vermitteln dabei Wissen über den heimischen Wald auf anschauliche Weise – ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit viel Begeisterung und praktischen Beispielen. Vorträge über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Bergwälder wechseln sich ab mit spielerischen Bestimmungsübungen für Pflanzen und Tiere.
Abseits der Bildungsangebote lockt der Abenteuerwald mit diversen Kletterelementen und Balancierbalken, die in sicherer Höhe zwischen den Bäumen verlaufen. Hier können sich besonders Kinder austoben, während Eltern auf nahegelegenen Bänken eine Verschnaufpause einlegen. Die kreative Anlage schafft es, den dünnen Grat zwischen Naturerlebnis und Freizeitpark zu meistern, ohne ins Künstliche abzugleiten. Kein Plastik, keine grellen Farben – stattdessen natürliches Spielen im Einklang mit der Umgebung.
Praktisches für den Besuch – Anreise und Infrastruktur
Die Anreise zum Skywalk erfolgt am bequemsten mit dem Auto. Von Lindau am Bodensee sind es etwa 20 Fahrminuten, von Oberstaufen im Allgäu rund 30 Minuten. Der Parkplatz direkt am Eingang ist großzügig dimensioniert, kostet allerdings eine Gebühr von 5 Euro pro Tag. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln gestaltet sich die Anfahrt zwar etwas umständlicher, ist aber machbar: Von Lindau oder Oberstaufen verkehren Busse nach Scheidegg, von dort sind es noch etwa 2,5 Kilometer Fußweg bis zum Eingang. In der Hauptsaison fährt zudem ein Shuttlebus vom Bahnhof Lindau direkt zum Skywalk – die genauen Zeiten solltest du allerdings vorab auf der Website prüfen.
Für den leiblichen Genuss sorgt das Restaurant "Waldwipfel" direkt am Eingang des Parks. Die Küche setzt auf regionale Produkte und serviert typisch allgäuerische Gerichte wie Käsespätzle oder Bergkäsebrot. Die Preise bewegen sich im oberen Mittelfeld – wie bei vielen touristischen Einrichtungen zahlst du hier einen gewissen Aufschlag für die Lage. Wer sparen möchte, packt besser ein Picknick ein. Auf dem Gelände gibt es genügend Rast- und Grillplätze, an denen du deine mitgebrachte Verpflegung verzehren kannst.
Die sanitären Anlagen sind sauber und modern, allerdings während der Hauptsaison manchmal überlastet. Dasselbe gilt für die Wege – von Juli bis September kann es eng werden auf dem Pfad. Ein Besuch im Frühjahr oder Herbst verspricht daher ein entspannteres Erlebnis. Die Eintrittspreise liegen bei 12,50 Euro für Erwachsene und 9,50 Euro für Kinder (Stand 2025), Familienkarten gibt es für 32 Euro. Verglichen mit manch anderem Freizeitpark im Allgäu ist das noch verhältnismäßig moderat.
Jahreszeiten und besondere Angebote
Der Skywalk präsentiert sich zu jeder Jahreszeit anders. Im Frühling erwacht die Natur, erste Knospen brechen auf und der Wald füllt sich mit Vogelgezwitscher. Der Sommer bringt üppiges Grün und kühlen Schatten, dafür auch die meisten Besucher. Der Herbst verzaubert mit leuchtenden Farben und klarer Fernsicht – meine persönliche Empfehlung für einen Besuch. Selbst der Winter hat seinen Reiz, wenn Schnee die Äste bedeckt und die Stille des Waldes nur vom Knirschen der Schritte auf dem Holz unterbrochen wird. Bei Schneefall solltest du allerdings trittsichere Schuhe tragen, da die Stege rutschig werden können.
Zu bestimmten Anlässen bietet der Skywalk Sonderveranstaltungen an. Beliebt sind vor allem die Vollmondwanderungen, bei denen der Pfad bis in die späten Abendstunden geöffnet bleibt. Mit Stirnlampen ausgestattet erkunden die Besucher dann den nächtlichen Wald von oben – ein Erlebnis, das den Skywalk in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt. Im Sommer finden zudem Konzerte auf der Hauptplattform statt. Folk- und Jazzmusiker sorgen für akustische Untermalung, während die Sonne hinter den Bergen versinkt. Die Tickets für diese Events sind heiß begehrt und sollten frühzeitig reserviert werden.
Für Schulklassen und andere Gruppen gibt es spezielle Führungen, die thematisch an Alter und Interessen angepasst werden können. Von der biologischen Vielfalt bis hin zur nachhaltigen Forstwirtschaft decken die Programme verschiedenste Aspekte ab. Die Ranger verstehen es, selbst komplexe ökologische Zusammenhänge verständlich zu vermitteln und Begeisterung für den Wald zu wecken. Eine vorherige Anmeldung ist für Gruppen allerdings Pflicht, da die Kapazitäten begrenzt sind.
Abseits der ausgetretenen Pfade – Geheimtipps rund um den Skywalk
Der Skywalk selbst mag kein Geheimtipp mehr sein, doch in seiner unmittelbaren Umgebung finden sich weniger bekannte Perlen. Etwa drei Kilometer entfernt liegt der kleine, versteckte Eistobel – eine wildromantische Schlucht mit imposanten Wasserfällen. Der Weg dorthin führt über gut markierte Wanderpfade und lässt sich perfekt mit einem Skywalk-Besuch verbinden. Wenn's dort rumort und grollt, ist das keine Einbildung – der Tobel verdankt seinen Namen den Eiszapfen, die im Winter von den Felswänden hängen und bei Tauwetter mit donnerndem Getöse ins Wasser stürzen.
Ebenfalls einen Abstecher wert ist die Käserei Rössleberg am Ortsrand von Scheidegg. Hier kannst du bei der Herstellung des berühmten Allgäuer Bergkäses zusehen und natürlich auch probieren. Der würzige Duft, der dir bereits beim Betreten des Ladens entgegenschlägt, macht sofort Appetit. Die Besitzer nehmen sich Zeit für Fragen und erklären bereitwillig jeden Schritt des traditionellen Herstellungsprozesses. Ein Kilo des zwölf Monate gereiften Bergkäses ist zwar nicht billig, aber jede Münze wert.
Für ambitionierte Wanderer bietet sich die Fortsetzung auf dem Höhenweg an, der vom Skywalk aus in Richtung Pfänder führt. Der gut sechs Stunden dauernde Rundweg erschließt weitere spektakuläre Aussichtspunkte und führt durch abwechslungsreiche Waldgebiete. Unterwegs passierst du mehrere urige Berggasthöfe, die zur Einkehr einladen. Die "Alpe Bärenmoos" etwa serviert selbstgemachten Holunderpunsch und deftige Brotzeiten – ein willkommener Energieschub für die Weiterreise.
Lohnt sich der Besuch?
Der Skywalk Allgäu ist kein billiges Vergnügen, aber sein Geld durchaus wert. Wo sonst kannst du durch Baumkronen spazieren und gleichzeitig ein Bergpanorama genießen, das normalerweise anstrengenden Aufstiegen vorbehalten bleibt? Die Kombination aus Naturerlebnis, sanftem Nervenkitzel und informativen Elementen macht den Reiz der Anlage aus. Besonders für Familien mit Kindern ab etwa fünf Jahren bietet der Park ein ausgewogenes Programm, das mehrere Stunden füllt.
Die meisten Besucher verbringen zwei bis vier Stunden im Park – je nachdem, wie intensiv sie sich mit den einzelnen Stationen beschäftigen und ob sie im Restaurant einkehren. Will heißen: Als Halbtagesausflug ideal, für einen ganzen Tag eher knapp bemessen. Am besten kombinierst du den Besuch mit einer der oben genannten Aktivitäten in der Umgebung. So hast du einen abwechslungsreichen Tag im Allgäu, der sowohl entspannende als auch aktive Elemente vereint.
Der Baumwipfelpfad selbst ist barrierefrei angelegt und auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen gut befahrbar. Die Steigungen sind moderat, Aufzüge überbrücken Höhenunterschiede. Nur der Abenteuerwald und der Barfußpfad sind für Menschen mit eingeschränkter Mobilität schwieriger zugänglich. Hunde dürfen übrigens an der Leine mit auf den Pfad – ein nicht selbstverständliches Entgegenkommen, das tierliebe Besucher zu schätzen wissen.