Wer hätte gedacht, dass ein Fluss, der später durch vier Länder fließt und in die Donau mündet, so bescheiden anfängt? Die Sava entspringt in den Zelenci-Quellen, einem kleinen Naturschutzgebiet unweit von Kranjska Gora. Hier, auf 833 Metern Höhe, sprudelt kristallklares Wasser aus dem Karstuntergrund der Julischen Alpen.
Das Besondere an den Zelenci-Quellen ist ihre intensive türkisblaue Färbung. Diese entsteht durch Lichtbrechung und feine Kalkpartikel im Wasser – ein Phänomen, das man sonst eher aus der Karibik kennt. Rund um die Hauptquelle haben sich über Jahrtausende hinweg ausgedehnte Moorlandschaften gebildet, die heute zu den wertvollsten Feuchtgebieten des Landes zählen.
Schon der Weg zu den Quellen ist ein kleines Abenteuer. Von Kranjska Gora aus führt ein schmaler Pfad durch dichten Fichtenwald. Nach etwa zwanzig Minuten öffnet sich die Landschaft, und plötzlich liegt sie vor dir: eine kleine Lichtung mit smaragdgrünen Wasserflächen, umgeben von Schilf und Wollgras. Das leise Blubbern der aufsteigenden Quellen mischt sich mit dem Gezwitscher der Rohrsänger.
Moorlandschaften und ihre besonderen Bewohner
Die Moore rund um die Zelenci-Quellen sind mehr als nur hübsch anzusehen – sie sind Lebensraum für eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere. Im Frühjahr verwandeln sich die Feuchtwiesen in wahre Blütenteppiche. Besonders spektakulär ist die Blüte der Sibirischen Schwertlilie, die Ende Mai ihre violetten Blüten öffnet.
Wer genau hinschaut, entdeckt zwischen den Gräsern winzige Orchideen. Das Breitblättrige Knabenkraut etwa oder die zierliche Mücken-Händelwurz. Diese Pflänzchen sind wahre Überlebenskünstler – sie gedeihen nur in den speziellen Bedingungen der Kalkflachmoore.
Auch die Tierwelt ist bemerkenswert. Libellen schwirren über die Wasserflächen, darunter die seltene Alpen-Smaragdlibelle. In den Randbereichen des Moors huschen Bergmolche durch das feuchte Gras, und mit etwas Glück bekommt man sogar einen Feuersalamander zu Gesicht.
Interessant ist dabei, dass das Gebiet trotz seiner geringen Größe – die gesamte Schutzzone umfasst nur etwa 45 Hektar – eine außergewöhnlich hohe Artenvielfalt aufweist. Biologen haben hier über 600 verschiedene Pflanzenarten nachgewiesen, darunter viele, die sonst nur in den Hochalpen vorkommen.
Wandern im oberen Sava-Tal
Das Sava-Tal oberhalb von Kranjska Gora bietet ideale Bedingungen für gemütliche Wanderungen. Die Landschaft ist sanft und weitläufig, die Wege gut markiert. Eine besonders schöne Route führt von den Zelenci-Quellen weiter talaufwärts Richtung Planica.
Dieser Weg folgt dem jungen Fluss durch ausgedehnte Wiesenlandschaften. Links und rechts erheben sich die Gipfel der Julischen Alpen – im Westen die Ponca, im Osten die Ausläufer des Triglav-Massivs. Die Sava mäandert hier noch gemächlich durch Wiesen und kleine Auenwälder, bevor sie sich später zu einem reißenden Gebirgsbach entwickelt.
Unterwegs kommst du an mehreren kleinen Dörfern vorbei, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. In Podkoren etwa gibt es noch traditionelle Heuschober mit ihren charakteristischen Holzgestellen, den sogenannten Hayrack. Die Einheimischen nennen sie "Kozolci" – ein Wort, das sich nur schwer ins Deutsche übersetzen lässt.
Für Familien mit Kindern ist der Weg bis zur Tamar-Hütte besonders zu empfehlen. Die Strecke ist nicht allzu lang – etwa fünf Kilometer –, und unterwegs gibt es genug zu entdecken. Kinder können Steine in den Bach werfen, Blumen pflücken oder einfach die vielen Schmetterlinge beobachten, die hier im Sommer unterwegs sind.
Geheimtipp: Die verlassenen Bergwerke von Rateče
Nur wenige Kilometer von den Zelenci-Quellen entfernt liegt das kleine Dorf Rateče. Hier wurde jahrhundertelang Blei und Zink abgebaut – ein Kapitel der slowenischen Geschichte, das heute fast vergessen ist. Die alten Stollen sind zwar nicht mehr zugänglich, aber rund um das ehemalige Bergwerksgelände hat sich eine faszinierende Sekundärlandschaft entwickelt.
Auf den schwermetallhaltigen Abraumhalden wachsen spezialisierte Pflanzen, die sonst nirgends in der Region vorkommen. Das Galmei-Veilchen etwa oder die Bleiwurz – Arten, die sich über Jahrtausende an die extremen Bodenverhältnisse angepasst haben. Botaniker sprechen von einer "Schwermetallflora", die zu den interessantesten Pflanzengemeinschaften Europas zählt.
Ein kurzer Spaziergang durch das Gebiet lohnt sich allemal, auch wenn du kein Pflanzenexperte bist. Die Landschaft hat etwas Unwirkliches: karge Hügel in grauer und rostiger Färbung, dazwischen kleine Tümpel mit metallisch schimmerndem Wasser. Ein Kontrast zu den grünen Wiesen ringsum, der einen nicht so schnell loslässt.
Praktische Tipps für den Besuch
Die Zelenci-Quellen sind ganzjährig zugänglich, am schönsten ist es jedoch von Mai bis September. Im Winter können die Wege vereist sein – dann solltest du entsprechende Ausrüstung dabeihaben.
Parkmöglichkeiten gibt es direkt an der Hauptstraße zwischen Kranjska Gora und dem Vršič-Pass. Von dort sind es nur wenige Gehminuten zu den Quellen. Beachte jedoch, dass das Gebiet unter Naturschutz steht. Baden ist nicht erlaubt, und die Wege sollten nicht verlassen werden.
Für längere Wanderungen im Sava-Tal empfiehlt sich festes Schuhwerk. Die Wege sind zwar nicht schwierig, können aber nach Regenfällen matschig werden. Eine Wanderkarte der Region – etwa die des Slowenischen Alpenvereins im Maßstab 1:25.000 – ist nützlich, auch wenn die Hauptrouten gut beschildert sind.
Übernachtungsmöglichkeiten findest du in Kranjska Gora oder im nahegelegenen Bovec. Beide Orte bieten eine gute Auswahl an Hotels und Pensionen. Wer es ursprünglicher mag, kann auch auf einer der Berghütten im Tal übernachten – die Tamar-Hütte etwa ist von Mai bis Oktober geöffnet.
Die beste Jahreszeit
Jede Saison hat im Sava-Tal ihren eigenen Reiz. Im Frühjahr, etwa ab Mitte April, beginnt die große Blüte in den Mooren. Dann leuchten die Wiesen in allen Farben, und die Luft ist erfüllt vom Summen der Insekten.
Der Sommer bringt lange, warme Tage und die besten Bedingungen für ausgedehnte Wanderungen. Allerdings kann es dann auch recht voll werden – besonders an Wochenenden kommen viele Ausflügler aus Ljubljana oder sogar aus Italien und Österreich.
Der Herbst ist für viele die schönste Zeit. Die Lärchen in den höheren Lagen färben sich goldgelb, und in den klaren Nächten kann es schon mal den ersten Frost geben. Die Luft ist dann glasklar, und die Fernsicht reicht bis zu den entfernten Gipfeln der Karawanken.
Selbst im Winter hat das Tal seinen Charme. Die zugefrorenen Moorflächen glitzern in der Sonne, und wenn Neuschnee gefallen ist, verwandelt sich die Landschaft in eine stille, weiße Märchenwelt. Dann ist es allerdings ziemlich einsam hier – die meisten Touristen bleiben in den Skigebieten.
Anreise und Orientierung
Die Anreise erfolgt am besten über Kranjska Gora, das gut mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Von Ljubljana aus sind es etwa 80 Kilometer über die Autobahn A2 bis zur Ausfahrt Lesce, dann weiter über Bled und Mojstrana.
Wer mit dem Zug anreist, fährt bis Jesenice und steigt dort in den Bus nach Kranjska Gora um. Die Verbindungen sind nicht allzu häufig, deshalb solltest du die Fahrpläne vorher checken. Im Sommer gibt es auch direkte Busse aus Ljubljana.
Vor Ort bewegst du dich am besten zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Entfernungen sind nicht groß, und die meisten Sehenswürdigkeiten liegen ohnehin abseits der Straßen. Ein Mountainbike kann nützlich sein, wenn du auch die höher gelegenen Täler erkunden möchtest.