Knapp 26 Kilometer südwestlich von Bled liegt ein See, der alles hat, was seinen berühmten Nachbarn auszeichnet – nur ohne Rummel. Das Bohinjsko jezero, wie die Slowenen sagen, versteckt sich in einem Talkessel der Julischen Alpen wie ein gut gehütetes Geheimnis. Während Bled längst zum Instagram-Hotspot mutiert ist, herrscht hier noch die Art von Stille, die einen daran erinnert, warum man eigentlich in die Berge fährt.
Der größte permanente See Sloweniens streckt sich über 4,2 Kilometer Länge und erreicht an seiner tiefsten Stelle 45 Meter. Das klingt erstmal nach nackten Zahlen, aber steh mal am westlichen Ufer bei Ukanc und schau hinüber zu den schroffen Wänden des Triglav-Massivs – dann verstehst du, warum dieser Ort etwas Besonderes ist. Das Wasser schimmert je nach Licht türkis, smaragdgrün oder tiefblau, während sich die 2.000er-Gipfel darin spiegeln.
Eingebettet ins Herz des Triglav-Nationalparks
Bohinj ist nicht irgendein See – er liegt mitten im einzigen Nationalpark Sloweniens. Der Triglav-Nationalpark, benannt nach dem höchsten Berg des Landes, umfasst weite Teile der Julischen Alpen und steht seit 1981 unter strengem Schutz. Das merkt man hier auf Schritt und Tritt: keine Hotelklötze am Seeufer, keine Vergnügungsparks, keine Souvenirläden alle zehn Meter.
Stattdessen prägen traditionelle Almhütten und jahrhundertealte Bauernhöfe das Landschaftsbild. Die Gemeinde Bohinj erstreckt sich über das gesamte Tal und umfasst neben dem See auch zahlreiche Seitentäler, Hochalmen und Bergdörfer. Ribčev Laz am östlichen Seeufer gilt als touristisches Zentrum, obwohl "Zentrum" hier relativ zu verstehen ist – ein paar Hotels, Restaurants und das Informationszentrum des Nationalparks, mehr braucht es nicht.
Wandern zwischen Wasserfällen und Gipfeln
Wer nach Bohinj kommt, um nur am See zu liegen, verpasst das Beste. Das Tal ist Ausgangspunkt für einige der schönsten Wanderungen in den Julischen Alpen. Der Klassiker führt zum Savica-Wasserfall, einem 78 Meter hohen Naturspektakel, das den See speist. Der Aufstieg dauert etwa eine halbe Stunde und ist auch für Familien machbar – wobei die letzten Meter über Treppen und Stege schon etwas Kondition verlangen.
Deutlich anspruchsvoller, aber auch lohnender ist die Tour zur Črno jezero, dem Schwarzen See. Dieser Gletschersee liegt auf 1.294 Metern Höhe und ist von Bohinj aus in etwa drei Stunden zu erreichen. Der Weg führt zunächst gemütlich durch Lärchen- und Buchenwälder, bevor er steiler wird und schließlich in die Hochgebirgslandschaft übergeht. Oben angekommen, thront der dunkle Bergsee wie ein Auge zwischen den Felswänden – mystisch und ein bisschen unheimlich zugleich.
Für die ganz Ambitionierten bietet sich die Besteigung des Triglav an, Sloweniens heiligem Berg. Mit 2.864 Metern ist er zwar nicht der höchste Gipfel der Alpen, aber durchaus eine ernste Angelegenheit. Die Tour vom Tal aus dauert zwei Tage und führt über die Berghütte Koča na Doliču. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpine Erfahrung sind Pflicht – aber wer es schafft, darf sich zu Recht Slowene nennen, wie ein altes Sprichwort besagt.
Mit dem Rad durchs Tal und darüber hinaus
Das Bohinj-Tal eignet sich hervorragend zum Radfahren, auch wenn die Topografie ihre Tücken hat. Rund um den See führt ein gut ausgebauter Radweg, der sich in knapp zwei Stunden entspannt abfahren lässt. Unterwegs locken mehrere Badestellen und Gasthäuser zur Pause. Besonders schön ist die Strecke am Nordufer, wo sich durch die Bäume immer wieder Blicke auf das Wasser und die gegenüberliegenden Berge eröffnen.
Wer mehr Herausforderung sucht, nimmt die Serpentinen zur Pokljuka-Hochebene in Angriff. Diese 20 Kilometer lange Bergstraße überwindet 1.000 Höhenmeter und belohnt mit fantastischen Ausblicken zurück ins Tal. Oben wartet eine völlig andere Landschaft: weite Wiesen, dichte Nadelwälder und im Winter eines der bekanntesten Biathlon-Zentren Europas.
Neuerdings führt auch der Juliana Trail durch Bohinj, ein 330 Kilometer langer Rundwanderweg um den gesamten Triglav-Nationalpark. Die drei Etappen durchs Bohinj-Tal lassen sich problemlos mit dem Rad bewältigen und zeigen das Tal aus völlig verschiedenen Perspektiven – vom Seegrund über die Almhochflächen bis zu den schroffen Gipfelregionen.
Wassersport in Alpenkulisse
Der Bohinjsko jezero mag auf den ersten Blick ruhig und beschaulich wirken, aber er bietet durchaus Action für Wassersportler. Das klare Bergwasser erreicht im Sommer immerhin 22 Grad – nicht gerade karibisch, aber durchaus erträglich für eine Runde Schwimmen oder Stand-up-Paddling. Mehrere Verleihe rund um den See bieten SUP-Boards, Kajaks und Ruderboote an.
Besonders beliebt ist das Paddeln in den frühen Morgenstunden, wenn sich die Berge spiegelglatt im Wasser widerspiegeln und noch kein Wind die Oberfläche kräuselt. Dann herrscht eine Stille, die fast unwirklich wirkt – nur das leise Plätschern der Paddel und vielleicht der Ruf eines Fischadlers durchbrechen die Ruhe.
Taucher finden im See eine überraschend vielfältige Unterwasserwelt vor. Die Sichtweiten betragen oft mehr als 20 Meter, und in den tieferen Bereichen lassen sich kapitale Seeforellen beobachten. Allerdings ist das Wasser selbst im Hochsommer selten wärmer als 20 Grad – ein Neoprenanzug ist also Pflicht.
Zum Baden eignen sich besonders die Wiesen bei Ribčev Laz und das Strandbad Ukanc am westlichen Ende des Sees. Hier gibt es auch Umkleidekabinen, Duschen und ein Restaurant. Aber ehrlich gesagt: Die schönsten Badeplätze findest du abseits der offiziellen Strände, an den kleinen Buchten entlang des Nordufers, wo nur ein schmaler Pfad durchs Schilf führt.
Kulinarische Genüsse zwischen Tradition und Moderne
Die Küche in Bohinj ist geprägt von der Lage zwischen Alpen und Mittelmeer. Hier treffen deftige Berggerichte auf mediterrane Einflüsse, traditionelle slowenische Rezepte auf moderne Interpretationen. Das Gostišče Majolka in Stara Fužina gilt als einer der besten Adressen der Region – hier serviert man Gerichte wie Hirschmedaillons mit Preiselbeeren oder hausgemachte Štruklji (eine Art gefüllte Teigrollen) in einer Atmosphäre, die gemütlich und elegant zugleich ist.
Deutlich rustikaler, aber nicht minder authentisch geht es in der Gostilna Rupa zu. Das kleine Lokal am Fuß der Pokljuka-Hochebene ist berühmt für seine Forellen aus eigener Zucht und die hausgemachten Knödel. Hier isst man noch von rustikalen Holztischen und trinkt dazu ein Glas Cviček, den leichten slowenischen Landwein.
Wer es ganz ursprünglich mag, sollte eine der Alm-Gasthäuser aufsuchen. Die Koča pri Savici oberhalb des Wasserfalls ist zwar touristisch, aber die selbstgemachten Palatschinken und der Blick ins Tal entschädigen für alles. Authentischer ist die Planšarija na Uskovnici, eine kleine Almhütte auf der Pokljuka-Hochebene, wo noch echte Senner ihre Kühe hüten und frischen Käse verkaufen.
Übernachten zwischen See und Bergen
Hotels im klassischen Sinne gibt es in Bohinj erstaunlich wenige – und das ist auch gut so. Stattdessen dominieren kleine Pensionen, Ferienwohnungen und Campingplätze das Angebot. Das Hotel Jezero in Ribčev Laz ist zwar das größte Haus am Platz, aber mit 73 Zimmern immer noch überschaubar. Die Lage direkt am See ist unschlagbar, auch wenn die Ausstattung nicht gerade luxuriös ist.
Charmanter sind die kleinen Gasthöfe wie das Gostišče Rupa oder die Pension Stare. Hier schläft man in traditionell eingerichteten Zimmern, oft mit Balkon und Blick auf die Berge. Das Frühstück kommt meist vom eigenen Bauernhof – frische Eier, hausgemachte Marmelade und Brot aus dem Holzofen inklusive.
Campingfreunde finden am Camp Danica einen der schönsten Plätze Sloweniens vor. Der Campingplatz liegt direkt am Seeufer, umgeben von Bäumen und mit direktem Zugang zum Wasser. Morgens aufwachen und den Triglav im See gespiegelt sehen – das ist schon ziemlich spektakulär. Allerdings sollte man früh buchen, besonders für die Sommermonate.
Eine besondere Erfahrung ist das Übernachten in einer der Berghütten. Die Koča na Vogarju etwa liegt auf 1.064 Metern Höhe und ist zu Fuß in etwa einer Stunde vom Tal aus zu erreichen. Die spartanische Ausstattung wird durch den grandiosen Ausblick mehr als wettgemacht – und das Gefühl, morgens als Erster die Sonne über den Gipfeln aufgehen zu sehen, ist unbezahlbar.
Das Tal in allen Jahreszeiten
Bohinj ist kein reines Sommerziel – jede Jahreszeit hat hier ihren besonderen Reiz. Im Frühling, wenn die Schneeschmelze die Wasserfälle anschwellen lässt und die ersten Almrosen blühen, zeigt sich das Tal von seiner frischesten Seite. Die Temperaturen sind noch mild, die Wanderwege meist schneefrei und die touristischen Massen noch nicht da.
Der Sommer bringt warme Tage und lange Abende, perfekt zum Baden, Wandern und Radfahren. Allerdings herrscht dann auch Hochbetrieb – relativ gesehen natürlich. Von Juli bis September sollte man Unterkünfte rechtzeitig buchen und beliebte Wanderziele früh am Tag ansteuern.
Der Herbst ist vielleicht die schönste Zeit im Bohinj-Tal. Die Lärchen färben sich golden, die Luft ist klar und kühl, und über den Bergen liegt oft schon der erste Schnee. Wanderungen sind noch bis in große Höhen möglich, und abends wärmt man sich in den Gasthäusern bei einem Glas Sliwowitz.
Im Winter verwandelt sich das Tal in eine verschneite Märchenlandschaft. Der zugefrorene See lädt zum Schlittschuhlaufen ein, und rund um Bohinj gibt es mehrere kleine Skigebiete. Das Skigebiet Kobla oberhalb von Bohinjska Bistrica ist zwar nicht riesig, aber familiär und weitab vom Massentourismus. Wer es ruhiger mag, schnallt sich die Langlaufski an und gleitet durch die verschneiten Wälder der Pokljuka-Hochebene.
Praktische Tipps für den Besuch
Von Ljubljana erreicht man Bohinj am besten über die Autobahn A2 Richtung Villach bis zur Ausfahrt Lesce-Bled, dann weiter über Bled nach Bohinjska Bistrica. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde. Öffentliche Verkehrsmittel sind eher mau – ein paar Busverbindungen pro Tag, aber das war's dann auch schon. Ein Auto ist also praktisch unverzichtbar.
Das Informationszentrum des Triglav-Nationalparks in Ribčev Laz ist die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um Wanderungen, Übernachtungen und Aktivitäten. Hier gibt es auch detaillierte Wanderkarten und aktuelle Informationen zu Wetter und Wegebedingungen. Geöffnet ist täglich von 8 bis 19 Uhr, im Winter kürzer.
Geld wechseln oder abheben kann man in Bohinjska Bistrica – am See selbst gibt es nur einen einzigen Geldautomaten. Die meisten Restaurants und Unterkünfte akzeptieren Kreditkarten, aber ein bisschen Bargeld sollte man trotzdem dabeihaben.
Wichtig zu wissen: Der gesamte Nationalpark ist streng geschützt. Wild campen ist verboten, Hunde müssen an der Leine bleiben, und Feuer machen ist nur an ausgewiesenen Stellen erlaubt. Diese Regeln werden auch kontrolliert – und Verstöße können teuer werden.