Bayern

Zwischen Fels und Rauschen: Die spektakulärsten Schluchten und Klammen Bayerns

Tosende Wassermassen, die sich durch jahrtausendealte Felswände zwängen. Schmale Stege, die über schäumende Gischt führen. Bayerns Klammen sind Naturschauspiele, die selbst erfahrene Bergwanderer ins Staunen versetzen.

Bayern  |  Natur & Aktivitäten
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Zwischenablage

Klammen gehören zu den eindrucksvollsten Landschaftsformen der bayerischen Alpen. Diese tief eingeschnittenen Schluchten, entstanden durch die Kraft des Wassers, das über Jahrtausende hinweg den harten Fels abgetragen hat, offenbaren eine Welt zwischen Himmel und Erde. Während oben der Bergwald rauscht und Gipfel in den Himmel ragen, führt der Weg unten durch feuchte, kühle Schluchten, in denen selbst an heißen Sommertagen angenehme Temperaturen herrschen. Das ständige Tosen des Wassers, die in den Fels gehauenen Wege und die teils nur wenige Meter breiten Durchgänge machen einen Besuch zu einem Naturerlebnis der besonderen Art.

Die bayerischen Klammen unterscheiden sich deutlich voneinander – mal spektakulär eng mit senkrechten Wänden, mal ausladender mit dramatischen Wasserfällen. Allen gemein ist das Zusammenspiel aus Wasser, Fels und der spürbaren Dynamik der Natur. Wer dort wandert, begreift hautnah, welche Kräfte selbst das unscheinbare Element Wasser über lange Zeiträume entwickeln kann. Bergbäche mit vergleichsweise wenig Wasser haben über die Jahrhunderte tiefe Schluchten in den harten Kalkstein oder Dolomit gefräst.

Früher waren diese Schluchten unzugänglich und gefürchtet. Erst im 19. Jahrhundert, als der Tourismus in den Alpen zunahm, begann man, Wege durch die Klammen zu bauen – anfangs wackelige Holzstege, später solide Tunnel und Metallkonstruktionen. Heute sind die bekanntesten Klammen für Besucher erschlossen, ohne dass sie ihren wilden Charakter verloren haben. Ein schmaler Grat zwischen Zugänglichkeit und Naturbelassenheit, den die Betreiber sorgfältig pflegen.

Die Partnachklamm – Garmischs berühmte Schlucht

Die Partnachklamm bei Garmisch-Partenkirchen zählt zu den bekanntesten Schluchten Bayerns und wird jährlich von etwa 200.000 Menschen besucht. Schon der Zustieg durch das weite Tal der Partnach hat seinen Reiz, ehe der Weg in die eigentliche Klamm führt. Dort verengt sich plötzlich alles, die 80 Meter hohen Felswände kommen sich stellenweise auf wenige Meter nahe. Das Wasser der Partnach rauscht mit beeindruckender Wucht durch die enge Schlucht.

Besonders bemerkenswert sind die in den Fels gehauenen Tunnel und Galerien, die teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammen. Durch sie führt der Weg über etwa 700 Meter durch die Schlucht. Wer dort durchgeht, spürt die kühle, feuchte Luft – ein Phänomen, das die Klamm auch im Hochsommer zu einem angenehmen Ausflugsziel macht. Wasser tropft von der Decke, und an manchen Stellen ergießen sich kleine Wasserfälle über die Felswände.

Die Partnachklamm hat auch eine faszinierende Geschichte: Ursprünglich nutzten Holzknechte die Partnach, um Holz aus den Bergen ins Tal zu transportieren. Erst 1912 wurde die Klamm für Besucher geöffnet. Heute gehört sie zum Standardprogramm vieler Garmisch-Besucher. Ein Tipp für Genießer: Im Winter, wenn Eiszapfen an den Wänden hängen und teilweise bizarre Eisformationen entstehen, zeigt die Klamm ein völlig anderes Gesicht. Dann finden auch spezielle Fackelwanderungen statt, bei deren schummrigem Licht die Schlucht geradezu mystisch wirkt.

Die Breitachklamm – Die tiefste Felsenschlucht Mitteleuropas

Während die Partnachklamm durch ihre Enge besticht, beeindruckt die Breitachklamm bei Oberstdorf vor allem durch ihre Tiefe. Bis zu 150 Meter haben sich die Wassermassen der Breitach hier in den Fels gegraben – tiefer als in jeder anderen Felsenschlucht Mitteleuropas. Der Weg führt über insgesamt zwei Kilometer durch die Schlucht, wobei sich spektakuläre Ausblicke in die Tiefe eröffnen.

Die Breitachklamm wurde relativ spät, nämlich erst 1905, erschlossen. Der Oberstdorfer Pfarrer Johannes Schiebel hatte sich damals gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt und den Bau der Wege initiiert. Heute danken es ihm Tausende von Besuchern, die jährlich die Schlucht erkunden. Die Wege sind dabei so angelegt, dass man das Naturschauspiel aus verschiedenen Perspektiven erleben kann.

Charakteristisch für die Breitachklamm sind die verschiedenen Gesteinsschichten, die wie ein aufgeschlagenes Buch die Erdgeschichte erzählen. In die glatten, polierten Wände haben sich Strudeltöpfe gegraben – kreisrunde Vertiefungen, die durch die Kraft des wirbelnden Wassers entstanden sind. An manchen Stellen ist die Schlucht so eng, dass man den Himmel nur noch als schmalen Streifen wahrnimmt. Ein beinahe beklemmender, aber gleichzeitig faszinierender Anblick, der die Wucht der Naturkräfte deutlich vor Augen führt.

Besonders drastisch zeigen sich die Naturgewalten nach Starkregen oder bei der Schneeschmelze. Dann schwillt der normalerweise zahme Bach zu einem reißenden Strom an, der gewaltige Wassermassen durch die Enge presst. Während dieser Zeit ist die Klamm aus Sicherheitsgründen oft gesperrt – ein Hinweis darauf, dass hier trotz aller touristischen Erschließung die Natur noch immer die Oberhand behält.

Die Höllentalklamm – Die waghalsigste Wegführung

Die Höllentalklamm am Fuße der Zugspitze trägt ihren dramatischen Namen nicht ohne Grund. Hier hat sich der Hammersbach durch das Gestein gefressen und dabei eine beeindruckende Schlucht geschaffen. Der Weg durch die Klamm ist ein echtes Abenteuer: Über etwa 700 Meter führt er durch mehrere Tunnel und über Brücken, immer begleitet vom donnernden Rauschen des Wassers.

Bisweilen scheint die Kraft des Wassers alles zu übertönen, wenn man durch die engen Felsengänge läuft. Wasser tropft von den Wänden, manchmal regnet es regelrecht von oben. Wasserfeste Kleidung ist daher keine Empfehlung, sondern Pflicht für Besucher. Der Mühe und der nassen Füße zum Trotz: Der Weg durch diese wilde Schlucht hinterlässt bei jedem Besucher bleibende Eindrücke.

Was die Höllentalklamm besonders macht, ist ihre Lage als Zugang zum Höllentalanger und damit als Ausgangspunkt für Bergtouren auf die Zugspitze. Sie verbindet so das Naturerlebnis Klamm mit alpinistischen Ambitionen. Schon der Anstieg zur Klamm über den sogenannten Stangensteig ist ein Erlebnis – der Klammdurchgang selbst dann die Krönung. Nach dem Durchqueren der Klamm öffnet sich das Tal und gibt den Blick frei auf eine beeindruckende Bergkulisse.

Die Höllentalklamm wird vom Deutschen Alpenverein betreut, der auch die Wege instand hält. Eine gewaltige Aufgabe, denn regelmäßig reißen Hochwasser Teile der Wege mit sich, und jedes Frühjahr müssen die Schäden des Winters beseitigt werden, bevor die Klamm wieder für Besucher geöffnet werden kann. Der Höllentalangerhutte, die oberhalb der Klamm liegt, bietet eine willkommene Einkehrmöglichkeit für durstige und hungrige Wanderer.

Weitere sehenswerte Klammen in Bayern

Neben den drei "Großen" gibt es in Bayern noch eine Reihe weiterer Klammen, die weniger bekannt, aber nicht weniger eindrucksvoll sind. Da wäre zum Beispiel die Wimbachklamm bei Berchtesgaden, die durch ihre kristallklaren Pools beeindruckt, in denen sich das türkisblaue Wasser sammelt. Oder die Almbachklamm, ebenfalls im Berchtesgadener Land, an deren Ende eine historische Kugelmühle zu besichtigen ist, in der früher Murmeln hergestellt wurden.

Im Allgäu lockt die Starzlachklamm mit einer abwechslungsreichen Wegführung, während die weniger bekannte Ammer-Klamm bei Oberammergau durch ihre geologischen Formationen besticht. Die Buchberger Leite im Bayerischen Wald wiederum zeigt, dass es nicht nur in den Alpen beeindruckende Schluchten gibt. Hier hat der Rinchnacher Ohe ein wildromantisches Tal geschaffen, das mit seinen steilen Wänden und den mächtigen Granitblöcken einen ganz eigenen Charme versprüht.

Für Familien mit Kindern ist die Pöllatschlucht bei Füssen geeignet, die als Zugang zum Schloss Neuschwanstein dient. Nicht zu vergessen die Gießenbachklamm bei Kiefersfelden, die mit ihrem Wasserfall und den mächtigen glatten Felswänden beeindruckt. Die Finzbachklamm im Mangfallgebirge wiederum ist ein Geheimtipp für alle, die dem Trubel der bekannteren Klammen entfliehen wollen.

Alle diese Schluchten haben ihren eigenen Charakter, und es lohnt sich, nicht nur die bekannten Klassiker zu besuchen, sondern auch die kleineren Klammen zu erkunden. So unterschiedlich sie sein mögen – gemeinsam ist ihnen allen die faszinierende Kraft des Wassers, die diese einzigartigen Landschaften geschaffen hat.

Praktische Tipps für den Klammbesuch

Wer eine Klamm besuchen möchte, sollte einige grundlegende Dinge beachten. Zuallererst: festes Schuhwerk ist unerlässlich. Die Wege sind oft nass und können rutschig sein. Zudem sollte man wasserfeste Kleidung dabeihaben, denn in den Klammen tropft es oft von den Wänden, und bei Hochwasser kann die Gischt hoch spritzen.

Die meisten Klammen erheben Eintritt, der zur Erhaltung der Wege verwendet wird. Die Preise bewegen sich zwischen 3 und 6 Euro pro Person, wobei es oft Familienkarten und Ermäßigungen gibt. Die Hauptsaison reicht von Mai bis Oktober, wobei die Klamme im Hochsommer manchmal brechend voll sind. Wer kann, sollte daher unter der Woche oder in den frühen Morgenstunden kommen.

Für Personen mit eingeschränkter Mobilität sind Klammen leider oft schwer zugänglich. Die engen Wege, Treppen und teilweise glitschigen Passagen stellen ein Hindernis dar. Einige Betreiber geben auf ihren Webseiten Auskunft über die Zugänglichkeit, im Zweifelsfall lohnt eine Nachfrage vor dem Besuch.

Ein Tipp für Fotografen: Die Lichtverhältnisse in den Klammen sind herausfordernd – dunkle Schluchten wechseln sich mit hell erleuchteten Abschnitten ab. Ein Stativ ist in den meisten Fällen nicht praktikabel, da die Wege oft zu eng sind. Eine Kamera mit guter Lichtstärke und ein schnelles Objektiv sind daher empfehlenswert.

Nicht zu vergessen: Respekt vor der Natur. Die Klammen sind sensible Ökosysteme. Das bedeutet: auf den Wegen bleiben, keinen Müll hinterlassen und nicht in geschützten Bereichen baden. Hinzu kommt, dass Hunde in vielen Klammen nicht erlaubt sind oder an der Leine geführt werden müssen.

Die beste Reisezeit und saisonale Besonderheiten

Klammen präsentieren sich zu jeder Jahreszeit anders, und jede hat ihren eigenen Reiz. Im Frühling, wenn die Schneeschmelze einsetzt, führen die Bäche besonders viel Wasser. Das macht den Besuch einerseits spektakulär, andererseits sind manche Klammen dann aus Sicherheitsgründen gesperrt. Der Sommer bietet die angenehmsten Temperaturen und die höchste Betriebssicherheit. Allerdings drängen sich dann auch die meisten Besucher durch die engen Schluchten.

Der Herbst hat einen ganz besonderen Charme: Das Laub färbt sich bunt, die Besuchermassen nehmen ab, und das Licht fällt in malerischen Strahlen durch die Bäume in die Schlucht. Wenn's regnet, schwellen die Bäche schnell an – ein beeindruckendes Naturschauspiel, das aber auch zur Sperrung führen kann. Daher immer vorher informieren!

Der Winter schließlich zeigt die Klammen von ihrer geheimnisvollsten Seite. Wenn Eis und Schnee die Landschaft verzaubern, bilden sich an den Wänden meter lange Eiszapfen und fantastische Eisskulpturen. Nicht alle Klammen sind im Winter zugänglich, aber die, die geöffnet haben, bieten ein unvergessliches Erlebnis. Die Partnachklamm etwa ist ganzjährig geöffnet und lockt im Winter mit magischen Eisformationen.

Manche Klammenbetreiber organisieren spezielle Events wie Fackelwanderungen oder Führungen mit thematischen Schwerpunkten. Diese sollte man nicht verpassen, denn sie eröffnen neue Perspektiven auf die bekannten Naturschauspiele. Wer's ruhiger mag, meidet die Hauptsaison und kommt an Wochentagen – dann lassen sich die Naturschönheiten in aller Ruhe genießen.

Die geologische Bedeutung der Klammen

Was auf den ersten Blick einfach als spektakuläre Landschaft erscheint, ist für Geologen ein Fenster in die Erdgeschichte. Klammen zeigen, wie Wasser über Jahrtausende hinweg den Fels abgetragen hat und dabei verschiedene Gesteinsschichten freigelegt hat. An den Wänden lassen sich wie in einem aufgeschlagenen Buch die verschiedenen Epochen der Erdgeschichte ablesen.

Besonders gut zu sehen ist dies in der Breitachklamm, wo deutlich erkennbare Schichten übereinanderliegen. Die unterschiedlichen Farben und Strukturen verraten dem geübten Auge, unter welchen Bedingungen das jeweilige Gestein entstanden ist. Manche Schichten entstanden auf dem Meeresboden, andere durch vulkanische Aktivitäten oder durch Ablagerungen in Flussdeltas.

Charakteristisch für viele Klammen sind auch die sogenannten Strudeltöpfe – kreisrunde Vertiefungen, die durch wirbelndes Wasser entstanden sind. Kleine Steine, die sich im Wasser drehen, schleifen dabei über lange Zeiträume die Wände ab und formen diese perfekt runden Kessel. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Kraft des Wassers, das selbst härtesten Fels bearbeiten kann.

Die Klammen in Bayern sind meist zwischen 10.000 und 15.000 Jahre alt – entstanden nach dem Ende der letzten Eiszeit, als die Gletscher schmolzen und die Wassermassen sich neue Wege durch die Landschaft bahnten. Allerdings ist dieser Prozess nicht abgeschlossen. Klammen sind dynamische Systeme, die sich stetig weiterentwickeln. Bei jedem Hochwasser wird Material abgetragen, bei Felsstürzen kommen neue Hindernisse hinzu, die das Wasser umspülen muss.

Für geologisch Interessierte bieten manche Klammen spezielle Führungen an, bei denen Experten die Besonderheiten erklären. Wer auf eigene Faust unterwegs ist, kann an manchen Stellen Informationstafeln studieren, die über die Entstehung und die geologischen Besonderheiten Auskunft geben.

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