Der Sylvensteinspeicher liegt da, als hätte ihn die Natur höchstpersönlich zwischen die Berge gesetzt. Dabei ist er gerade mal seit 1959 da - ein Kunstwerk der Ingenieurskunst, das inzwischen so selbstverständlich zur Landschaft gehört wie die Karwendelgipfel drumherum. Das türkisgrüne Wasser schimmert je nach Lichteinfall mal smaragdfarben, mal tiefblau, und spiegelt die umliegenden Felswände so perfekt wider, dass man meint, doppelt so viele Berge zu sehen.
Entstanden ist der Speicher durch eine 44 Meter hohe Bogenstaumauer, die das Isartal bei Fall versperrt. Ursprünglich sollte das Bauwerk nur dem Hochwasserschutz und der Stromerzeugung dienen. Mittlerweile hat sich der See aber zu einem der fotogensten Flecken Oberbayerns gemausert. Die Sache hat allerdings einen Haken: Beim Bau mussten mehrere Ortschaften weichen, darunter das komplette Dorf Fall. Dessen Kirchturm ragt heute noch aus dem Wasser - ein melancholischer Anblick, der einen daran erinnert, dass Fortschritt seinen Preis hat.
Lage und Anfahrt: Mittendrin statt nur dabei
Der Sylvensteinsee liegt rund 50 Kilometer südlich von München im Isarwinkel, eingebettet zwischen dem Karwendel im Süden und den Bayerischen Voralpen im Norden. Die Staatsstraße 2072 führt direkt am Ostufer entlang - eine der schönsten Panoramastrecken Bayerns, nebenbei bemerkt. Von München aus fährst du über die A95 bis Wolfratshausen, dann weiter über Geretsried und Lenggries. Die Fahrt dauert gut eine Stunde, kann aber länger werden, wenn du an jeder Kurve anhalten willst, um Fotos zu machen.
Alternativ kommst du über Bad Tölz zum See. Diese Route ist etwas länger, führt aber durch das malerische Isartal und bietet schon unterwegs jede Menge Augenschmaus. Parkplätze gibt es mehrere entlang der Straße, wobei die am Südufer meist weniger überfüllt sind. An schönen Wochenenden kann es hier allerdings eng werden - dann heißt es früh aufstehen oder Geduld mitbringen.
Wandern und Spazieren: Zu Fuß um den See
Der komplette Rundweg um den Sylvensteinsee misst etwa 7 Kilometer und ist auch für Familien mit Kindern machbar. Allerdings solltest du dir Zeit lassen, denn die Ausblicke laden zum Verweilen ein. Besonders schön ist der Abschnitt am Westufer, wo ein schmaler Pfad direkt am Wasser entlangführt. Hier hörst du nichts als das leise Plätschern der Wellen und vielleicht das Krächzen eines Kolkraben von den Felswänden.
Für Wanderer mit mehr Kondition bietet sich der Aufstieg zur Fischbachau an. Von dort aus hast du einen grandiosen Blick über den gesamten See bis hin zum Karwendel. Der Weg ist stellenweise steil, aber nicht schwierig zu gehen. Oben angekommen, verstehst du, warum Landschaftsfotografen hier gerne ihre Stative aufbauen.
Ein Geheimtipp für ruhigere Stunden ist der Weg entlang des Dürrenbachs am Nordende des Sees. Hier wird's schnell einsam, und mit etwas Glück siehst du Rehe oder sogar einen Fuchs. Der Bach rauscht ziemlich laut, was eine entspannende Geräuschkulisse abgibt.
Baden und Wassersport: Kalt, aber erfrischend
Das Wasser im Sylvensteinsee ist - sagen wir mal - erfrischend. Selbst im Hochsommer klettert die Temperatur selten über 18 Grad. Wer trotzdem baden will, findet am Ostufer einige kleine Kiesbuchten, die sich dafür eignen. Offizielle Badestellen gibt es keine, aber das hält hartgesottene Schwimmer nicht davon ab, ins kühle Nass zu steigen.
Deutlich beliebter ist der See bei Kajakfahrern und Stand-Up-Paddlern. Das ruhige Wasser eignet sich perfekt für gemütliche Touren, und die Kulisse ist ohnehin unschlagbar. Boote kannst du in Lenggries oder Bad Tölz leifen, manche Anbieter haben auch mobile Stationen direkt am See. Motorboote sind übrigens nicht erlaubt - eine Regel, die der Ruhe und dem Naturschutz zugute kommt.
Angler kommen hier ebenfalls auf ihre Kosten. Im See tummeln sich Saiblinge, Hechte und Barsche. Eine Tageskarte bekommst du in den umliegenden Gasthöfen oder online. Frühmorgens, wenn noch Nebel über dem Wasser liegt, ist die Stimmung am schönsten - und die Fische beißen angeblich auch besser.
Fotografie: Instagram-tauglich und mehr
Der Sylvensteinsee ist ein Paradies für Hobbyfotografen. Das türkise Wasser, die schroffen Felswände und die perfekten Spiegelungen sorgen fast automatisch für gelungene Aufnahmen. Besonders reizvoll sind die frühen Morgenstunden, wenn die Sonne gerade über die Berggipfel klettert und das Wasser in ein warmes Licht taucht.
Ein klassisches Motiv ist der Blick von der Staumauer Richtung Süden mit dem Karwendel im Hintergrund. Hier stehen regelmäßig Fotografen mit ihren Stativen und warten auf das perfekte Licht. Weniger bekannt, aber nicht minder spektakulär ist der Aussichtspunkt am Nordufer, von wo aus du den gesamten See mit der Benediktenwand im Hintergrund im Kasten hast.
Im Herbst, wenn sich die Lärchen golden färben, wird's hier besonders malerisch. Dann kommen sogar Profis aus München angereist, um die Farbenpracht einzufangen. Tipp: Bei leichtem Dunst entstehen oft die atmosphärischsten Bilder - auch wenn das Wetter dann nicht gerade zum Baden einlädt.
Geschichte und Hintergründe: Vom Dorf zum See
Die Geschichte des Sylvensteinspeichers ist eng mit der Isar-Regulierung verbunden. Nach verheerenden Hochwassern in den 1940er Jahren entschied man sich für den Bau eines Stausees im oberen Isartal. Das Projekt war umstritten, mussten doch mehrere Ortschaften der Flutung weichen. Das Dorf Fall mit seiner jahrhundertealten Kirche verschwand komplett unter den Wassermassen.
Interessant ist auch die Brücke, die heute über den See führt. Sie ersetzte 1999 eine ältere Konstruktion und ist mit ihrer eleganten Bogenform zu einem Wahrzeichen der Region geworden. Von ihr aus hast du übrigens einen der besten Blicke über den See - vorausgesetzt, du kannst einen Parkplatz ergattern.
Die Staumauer selbst ist ein beeindruckendes Bauwerk. 44 Meter hoch und 180 Meter lang, hält sie rund 124 Millionen Kubikmeter Wasser zurück. An der Basis ist sie 36 Meter breit - Dimensionen, die einem erst bewusst werden, wenn man davorsteht.
Flora und Fauna: Leben am und im Wasser
Obwohl der Sylvensteinsee künstlich angelegt wurde, hat sich um ihn herum ein reiches Ökosystem entwickelt. Am Ufer wachsen Weiden und Erlen, dazwischen blühen im Frühling Primeln und Enziane. Die steilen Felswände sind Heimat für Steinadler und Wanderfalken - mit etwas Glück kannst du sie beim Kreisen über dem See beobachten.
Im Wasser selbst leben verschiedene Fischarten, die teilweise gezielt eingesetzt wurden. Saiblinge sind besonders häufig, daneben gibt es Renken, Hechte und Barsche. Die Wasserqualität ist ausgezeichnet, was auch daran liegt, dass das Einzugsgebiet weitgehend naturbelassen ist.
Rund um den See ist außerdem eine vielfältige Vogelwelt zu beobachten. Graureiher stehen regungslos im seichten Wasser, Eisvögel huschen blitzschnell über die Oberfläche, und im Winter überwintern hier sogar einige Wasservögel aus nördlicheren Gefilden.
Beste Reisezeit und praktische Tipps
Grundsätzlich ist der Sylvensteinsee das ganze Jahr über einen Besuch wert. Im Sommer lockt das warme Wetter Wanderer und Wassersportler an, allerdings ist dann auch am meisten los. Wer es ruhiger mag, kommt im Frühherbst oder im späten Frühling. Dann sind die Farben oft am intensivsten und die Touristenströme überschaubar.
Im Winter hat der See einen ganz eigenen Reiz. Wenn Schnee die Berge bedeckt und das Wasser stahlgrau schimmert, wird die Landschaft zu einem fast mystischen Erlebnis. Allerdings sind dann manche Wanderwege nicht begehbar, und auch die Parkplätze werden nicht immer geräumt.
Was die Ausrüstung angeht: Festes Schuhwerk ist immer empfehlenswert, auch für den einfachen Rundweg. Das Wetter kann in den Bergen schnell umschlagen, deshalb gehört eine Regenjacke ins Gepäck. Für Fotografen lohnt sich ein Polfilter, um die Spiegelungen zu verstärken oder zu reduzieren.